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26.07.08 / Wenn der Himmel zur Hölle wird / Außer Spesen nichts gewesen: Auswanderer finden selten das gesuchte Paradies

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Wenn der Himmel zur Hölle wird
Außer Spesen nichts gewesen: Auswanderer finden selten das gesuchte Paradies
von Joachim Feyerabend

Der Auswanderer Jörg Redepenning besteigt im September dieses Jahres schweren Herzens sein Flugzeug zurück in die Heimat. Erst Anfang 2008 hatte der ehemalige Arbeiter mit dem Hobby Spezialist für Schlangen seinen Job aufgegeben und war mit einer Firmenabfindung auf die Philippinen ausgewandert. Dort erwartete ihn seine Urlaubsbekanntschaft, eine verheiratete, aber getrennt lebende Filipina. Unter tropischer Sonne wollte der Deutsche ein neues Glück wagen.

Doch es kam anders. Vom Flughafen holte ihn nicht nur die Braut in spe ab, sondern auch deren Ehemann. Der Grund war schnell klar: Der Gatte verlangte für die „unziemliche“ Liaison ein paar tausend Euro. Und nicht genug, wenig später tauchte auch der Vater der Dame auf, ein Pastor gar, und forderte noch mehr Euro. Andernfalls könne er die ehebrecherische Verbindung auffliegen lassen. Mehrfach wechselte Redepenning den Wohnsitz, doch die äußerst geldgierige Verwandtschaft seiner Flamme hatte ihn bald ausgespäht. Die Kosten zehrten sein Kapital auf, und er konnte zum Schluß nur noch froh sein, daß er ein gültiges Rückflugticket besaß. In vielen anderen Fällen müssen die deutschen Botschaften den Preis für das Ticket erst einmal vorstrecken. Dazu wenigstens sind sie nach dem Konsulargesetz verpflichtet.

Redepenning ist beileibe kein Einzelfall. Sehr oft verwandelt sich der erträumte Himmel in eine persönliche Hölle. Allein aus der phi-lippinischen Provinz Batangas kehrten in den letzten zehn Jahren etwa 80 Prozent der Neuzuzügler entnervt und ihres Vermögens bar in die Heimat zurück. Außer Spesen nichts gewesen. Und was bei einem vorausgegangenen Urlaub so schwerelos, romantisch ausgesehen hatte, stellte sich in der Wirklichkeit des Alltags schnell als unüberwindliche Hürde heraus.

Rund 165000 Deutsche kehrten 2007 der Bundesrepublik den Rücken. Zu hohe Steuern und Abgaben, steigende Preise, zuviel Bürokratie und drohende Arbeitslosigkeit werden gerne als Gründe für den Exodus genannt. Doch viele der Emigranten sprechen nicht einmal die Landessprache ihres Traumziels und nicht einmal genügend Englisch, um sich ausreichend zu verständigen. Schwierige Visabestimmungen, hohe Kosten für den begehrten Daueraufenthalt, eine fein verästelte Korruption vor allem in Drittweltländern mit bestechlichen Richtern, örtliche Tabus, oft unklare Rechtsverhältnisse beim Hauskauf oder -bau, die andere Mentalität, die ungewohnte Küche, betrügerische „Helfer“ oft deutscher Herkunft, die eigene, gern geübte deutsche Rechthaberei und Überperfektion, Bettelei von allen Seiten sowie mangelnde und teure medizinische Versorgung machen ihnen das Leben schwer. Und es hieß nicht umsonst schon bei den Auswanderern unter Kaiserin Maria Theresia nach Ungarn oder zum Zaren an die Wolga: „Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot.“

Dazu kommt die tägliche Furcht vor Entführungen, Kriminellen, Geld fordernden Untergrundorganisationen – ob es sich dabei um Südafrika, Paraguay, Brasilien, Jamaika, Haiti oder die Philippinen handelt, die Angst wohnt mit, oft in Bungalows hinter hohen stacheldrahtbewehrten Zäunen, mit Alarmanlagen und Wachhunden sowie einem undurchschaubaren Personal. In einigen Staaten, wie neuerdings verstärkt Namibia, werden zudem die Forderungen nach „Rache“ an den ehemaligen Kolonialisten immer lauter. Es drohen Sabotage, Überfälle, Enteignungen. So spricht die Regierung des ehemals deutschen Schutzgebiets Namibia vom grausamen Herrn Simbabwes, dem Diktator Mugabe, als „unser Bruder“.

Selbst in den begehrten Regionen des Nordens, etwa in Kanada und Skandinavien, wird die Einwanderungsfreude oft ebenfalls gedämpft. Denn auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt, und mancher sieht sich Anpassungsschwierigkeiten gegenüber, die den Problemen in der hei-mischen Republik in nichts nachstehen. Auch hier gilt, eine umfassende Information, Kenntnis der Sprache und Landesbräuche sind unabdingbar, wenn denn alles so schön laufen soll, wie es so manche derzeitige Fernsehsendung glaubhaft machen will. Und auch von dort kehren deshalb schon bald zurück.

Wie viele genau, bleibt im Dunkeln. Keiner will sich gerne auf das „Versagen“ ansprechen lassen.

Es ist eben doch nicht leicht, vom Tellerwäscher zum Millionär zu avancieren.

Foto: Mit gepackten Koffern: Viele Auswanderer erhoffen sich im Ausland ein besseres Leben.


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