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26.07.08 / Rettende Insel / Königsberger über seine Flucht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Rettende Insel
Königsberger über seine Flucht

Nein, so klärt der Autor Joachim Albrecht schon gleich in den ersten Zeilen seines Buches „Katjuscha läßt grüßen“ den Leser auf, Katjuscha sei kein hübsches russisches Mädchen. Es handele sich vielmehr um Splittergranaten, die von einer Lafette abgefeuert würden. Albrechts Lebenserinnerungen beginnen demnach auch im Luftschutzkeller in Königsberg im Januar 1945.

Als die Russen immer näher kommen, flieht der Junge mit Eltern, Bruder sowie Tanten mit Anhang überwiegend zu Fuß aus der umzingelten Stadt. Nur mit Mühe entkommen sie Richtung Pillau der Roten Armee.

Noch keine zwölf Jahre alt, aber trotzdem alt genug, um den Ernst der Lage zu erfassen, stapft Joachim mit seiner Familie verbissen durch den Schnee Richtung Ostsee, in der Hoffnung, dort noch ein Schiff nach Westen zu erreichen.

„Gekrümmt und vor Kälte erstarrt stand ich da, zunächst keines Schrittes fähig … Auf unsere Frage nach einem Flüchtlingslager wies er uns den Weg rechts von der Straße. Wir gelangten zu einer Turnhalle und hofften auf ein Lager zum Ausstrecken. Vor allem suchten wir Wärme. Beheizt war die Halle, aber unsere Füße befanden sich wieder, wie zuvor im Elenskrug, zwischen Körpern und Gliedmaßen. Es war absolut kein Platz mehr vorhanden. Die Vorstellung einer Sardinenbüchse war hier nicht mehr angebracht. Nicht liegen könnend, sitzend zwischen Gepäckstücken und Pungels war die Turnhalle prall mit Menschen, Koffern und Ballast gefüllt.“

Zwar findet die Familie in der Turnhalle keine Aufnahme, dafür aber etwas später einen Platz auf einem Schiff gen Westen. Nur der desertierte Mann der einen Tante muß mit seinem mitgeflüchteten Kameraden zu Fuß weiter, da ihm bei Festnahme im besten Fall eine Rückbeorderung an die Front gedroht hätte.

Auf Rügen findet die Familie dann vorläufig Aufnahme. Zwar erreicht die Rote Armee auch die Insel, doch zu dem Zeitpunkt hat sie schon so sehr in den zuvor besetzten Gebieten gewütet, daß die Rüganer mit Leib und Leben weitgehend davonkommen. Zudem, so der Autor, legt nicht die im Blut-rausch stehende kämpfende Truppe, sondern eher die zivilisierte Nachhut die Insel mit Beschlag. Zwar erlebt der junge Joachim, wie Sowjets seiner Mutter auf offener Straße „Frau komm“ zurufen, als diese dies jedoch ignoriert, lachend davongehen.

Trotz allem war das Überleben unter sowjetischer Besatzung nicht einfach, von dem täglichen Überlebenskampf schreibt Joachim Albrecht detailiert und sprachgewandt.

Am Ende des Buches hält der Autor noch einige Erinnerungen aus friedlicher Kindheit in Ostpreußen bereit, die von Sommerurlaub auf der Kurischen Nehrung bis hin zu Lausbubenstreichen reichen.       R. Bellano

Joachim Albrecht: „Katjuscha läßt grüßen“, BoD, Norderstedt 2008, broschiert, 192 Seiten, 12,90 Euro


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