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26.07.08 / Königin der Boshaftigkeiten / Ingrid Noll begeistert erneut mit dunklem Humor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Königin der Boshaftigkeiten
Ingrid Noll begeistert erneut mit dunklem Humor

Zwei Kinder, eine glückliche Beziehung und ein Häuschen mit Garten, das war der Lebensplan der Lehrerin Anja. Doch wie es so ist im Leben, da geht eben nicht immer alles nach Plan. Die Kinder wollten sich nicht einstellen und die Beziehung, besser die Ehe mit Gernot, scheiterte. Kein Wunder, denn Anja konnte es nicht ertragen, ihren Mann mit einer anderen inflagranti erwischt zu haben.

Die Scheidung und das anschließende Leben als Single bekommen ihr nicht allzu gut. Anja verkriecht sich in ihrem „Rattenloch“, wie sie ihre Wohnung nennt, macht nichts mehr aus sich. Nur die Unterhaltungen mit ihrer lebenslustigen Kollegin Birgit bringen ein wenig Licht in ihr Dasein.

Eines Tages jedoch muß Anja feststellen, daß Birgit schwanger ist. Dabei wollte sie doch gar keine Kinder. Und wer ist der Vater? Birgits Ehemann Steffen? Oder gar ihr Ex-Mann Gernot? Anja mischt die kleine Gesellschaft auf, indem sie ihren Verdacht nicht für sich behält.

Drei Vaterschaftstests und zwei Leichen später ist der Leser des neuen Romans von Ingrid Noll schlauer. Mit Humor und mit viel Verständnis für die Tücken des Nestbaus schildert die Autorin in „Kuckuckskind“ die verwickelte Familienkonstellation, denn schließlich gibt es da noch den Schüler Manuel und dessen überaus reizenden Vater Patrick, auf den Anja ein Auge geworfen hat. Im Mittelpunkt aber steht das Baby Victor, das Anja bald in ihr Herz geschlossen hat. „Irgendwie bin ich doch erleichtert. Es war mir stets eine unangenehme Vorstellung, ausgerecht Gernots Söhnchen zu hätscheln und zu versorgen. Jetzt hat Victor zwar einen unbekannten Vater, aber er ist auf jeden Fall Birgits Kind. Damit kann ich ganz gut leben, ja ich verspüre sogar eine gewisse Genugtuung und außerdem ein wenig Mitleid mit meiner früheren Freundin. Sie mußte sich seit Monaten mit der Ungewißheit herumquälen, von welchem Papa ihr Baby abstammen würde. Mit viel Glück konnte es ein kleiner Steffen werden, aber anscheinend hatte sie sich auch mit anderen Männern eingelassen. Mein ganzer Haß, den ich während des letzten Jahres auf Birgit entwickelt habe, verfliegt allmählich, und ich denke an die vielen Stunden, in denen wir gemeinsam gelacht und gealbert haben …“

Wie Anja schließlich zu einem Haus mit Garten und zu zwei Kindern kommt, das erfährt man in dem neuen Roman von Ingrid Noll. Und wie bei dieser Autorin nicht anders zu erwarten, ist auch „Kuckuckskind“ voller Spannung und kleiner Bosheiten.         SiS

Ingrid Noll: „Kuckuckskind“, Diogenes, Zürich 2008, Leinen mit Schutzumschlag, 340 Seiten, 21,90 Euro


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