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26.07.08 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Leser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Leser
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

viele Bezeichnungen hat die „Ostpreußische Familie“ von unserer Leserschaft im Laufe der Zeit bekommen, mehr oder minder zutreffend, aber immer anerkennend. Ich überlege auch oft, wie ich diesen wöchentlich erscheinenden Beitrag benennen soll: Kolumne ist ja fachlich die richtige Bezeichnung, grenzt aber die eigentliche Aufgabe aus, die vor bald 30 Jahren bei ihrer Gründung Pate stand. Sie sprach unsere Leser direkt an: „Du sollst nicht allein sein!“ Das sind wir längst nicht mehr, die Ostpreußische Familie hat sich zusammengefunden, wohin es auch unsere Leser und Leserinnen verschlagen hat. Und da könnte die Bezeichnung schon passen, mit der Herr Bernd Brandes seinen Brief an mich beginnt: „Sie haben in Ihrer Kontaktbörse …“ Halt, denke ich, Kontaktbörse – das ist neu! Vor allem der erste Wortteil gefällt mir. Denn wir wollen ja die Beziehung von Mensch zu Mensch ermöglichen. Aber „Börse“. Ach nein, wir sind kein Handelsplatz – das betone ich auch immer wieder, wenn ich Dinge, die zum Verkauf stehen, vermitteln soll! –, aber Parallelen kann man doch ziehen: Wir haben nämlich im Augenblick eine „Hausse“, das bedeutet: ein Hoch an Zuschriften, also kein „Sommerloch“, wie man annehmen könnte. Warum Herr Brandes von „Kontaktbörse“ sprach? Er suchte wieder Verbindung zu einer Leserin, mit der er früher korrespondiert hatte und für die er einmal einen Kranz am Gedenkstein ihres gefallenen Sohnes niedergelegt hatte.

Das Schreiben von Herrn Brandes enthielt aber noch viel mehr. Er war gerade von einer Namibia-Reise zurückgekommen und hatte in Windhuk die zentrale Körung des dortigen Warmblut-Zuchtverbandes miterlebt, auf der auch ein Trakehnerhengst vorgestellt wurde, der auf der einzigen Trakehner-Zuchtstätte in Namibia ein neues Zuhause gefunden hat. Mehr über den Hengst mit dem Brand der Elchschaufel und über das Gestüt werden wir bringen, wenn Herr Brandes von seiner nächsten Namibia-Reise im November zurückkommt. Ich freue mich schon auf seinen Bericht und die Aufnahmen, die er von Hengst und Farm machen wird.

Kontaktbörse! Auch Herr Burghard D. Lubbe aus Augsburg hatte unsere Ostpreußische Familie als solche begriffen und nach Verbindungen zu Königsbergern gesucht, die etwas über den bisher ungeklärten Verbleib seiner Großeltern aus Königsberg-Ponarth aussagen könnten. Hier hat sich leider nichts Konkretes ergeben, aber etwas Unvermutetes geschah. Sein Vater Kurt Lubbe war Schüler der Ponarther Mittelschule gewesen. Vor kurzem erhielt er nun von einem Landsmann, der Herrn Lubbes Suchwunsch gelesen hatte, ein Foto vom Entlassungsjahr 1923. Auf diesem sind sein Vater und auch sein späterer Patenonkel Otto Morsing abgebildet. „Für mich nicht nur eine Überraschung, sondern eine Kostbarkeit“, schreibt Burghard Lubbe. Dieser unverhoffte Erfolg läßt den Schreiber hoffen, daß er nun auch Verbindung zu Landsleuten bekommt, die etwas über seine mütterliche Linie Auskunft geben könnten. Von seinem Großvater wußte er bisher nur das Geburtsjahr und daß er wenige Tage vor der Geburt seines Enkels Burghard verstarb. Vor kurzem gelangte Herr Lubbe in den Besitz der Sterbeurkunde seines Großvaters August Jucknies und erfuhr dadurch dessen Geburtsort: Reinlacken, Kreis Wehlau, Kirchspiel Groß Schirrau, * 1879, † 1935 in Piaten. Er hofft, daß jemand aus Reinlacken oder Umgebung diese Zeilen liest, der Näheres über die Familie Jucknies aussagen kann.

Aber das ist nur ein Wunsch von Herrn Lubbe, denn sein Hauptanliegen dreht sich um das im Kreis Insterburg gelegene Dorf Piaten, als dessen Chronist er sich sieht. Und deshalb soviel an Wissenswertem bewahren will, wie es heute noch möglich ist. Denn Piaten, das alte Prussendorf, das bereits 1446 als „Payaten“ urkundlich erwähnt wird, existiert nicht mehr. Was über 700 Jahre Bestand hatte, wurde von den Russen zerstört. Nicht etwa während der Kriegshandlungen, sondern erst 1995, als die dort stationierte militärische Einheit aufgelöst wurde. Die bis dahin bewohnten Häuser und Gebäude wurden einfach abgerissen, Dachpfannen und Ziegelsteine verkauft! Piaten, dieser 400-Seelenort mit Gut, Schule und Sägewerk, ist sichtbar ausgelöscht. Aber Herr Lubbe möchte es wieder auferstehen lassen, wie er schreibt, und bittet deshalb alle, die noch im Besitz von Fotos, Urkunden aller Art, Zeugnissen, persönlichen Dokumenten und schriftlich festgehaltenen Erinnerungen an Flucht und Vertreibung sind, diese an ihn zu senden. Herr Lubbe wird es kopieren und unversehrt zurückgeben. Und sicher eine Kopie seines langen Poems „Kennt einer noch das Dorf Piaten?“ beilegen. Ein Hymne auf das Paradies seiner Kindheit, in dem sich viele alte Piater namentlich wiederfinden. (Burghard D. Lubbe, Dr.-Otto-Meyer-Straße 40 in 86169 Augsburg, Telefon 08 21 / 8 35 76.)

Auf Kontakte beschränkt sich Frau Waltraud Klümper aus Salzbergen nicht allein, ihre Suche geht nach erhofften Verwandten, denn sie weiß so gut wie nichts von der Familie ihres Vaters Kurt Artur Bahrke aus dem nördlichen Ostpreußen. Die am 10. Juli 1944 in Gumbinnen geborene Frau, die erst jetzt von unserer Leserin Frau Helga Pundt auf die Ostpreußische Familie aufmerksam gemacht wurde, war früh Waise geworden. Ihr Vater fiel wahrscheinlich bei den Endkämpfen in Ostpreußen, Mutter Erna verstarb 1947 an einer Lungenentzündung in Dessau. Die dreijährige Waltraud, die keine Geschwister hatte, kam zu Verwandten ihrer Mutter, wuchs bei ihnen in Jüdenberg und Salzbergen auf. Sie hat keine Erinnerungen mehr an die Eltern und kennt keine Verwandten aus der Familie ihres Vaters. Immerhin ist sie im Besitz einiger Fotos aus dem Jahr 1942, die ihre Eltern Kurt Bahrke und Erna Wittmoser als Brautpaar zusammen mit beiden Großelternpaaren zeigen. So kann sich Frau Klümper von ihrer Familie wenigstens ein Bild machen, und uns helfen sie weiter bei der Suche nach den vermuteten Verwandten. Die Eltern ihrer Mutter, Gustav und Martha Wittmoser, geborene Balschukat, lebten in Moosgrund, wo sie eine kleine Landwirtschaft mit Schmiede besaßen. Kurt Bahrke wurde 1916 als Sohn des Schuhmachers Hermann Bahrke und seiner Frau Minna geborene Ratschatz in Mallwischken / Mallwen, Kreis Pillkallen / Schloßberg geboren, wahrscheinlich stammte die Familie aus dem Ort. Nach dem Tod seiner Frau Minna zog Hermann Bahrke nach Gumbinnen und heiratete zum zweiten Mal. Das Schicksal von Großvater Hermann Bahrke ist unbekannt, ebenso die Namen weiterer Kinder aus beiden Ehen, also der Geschwister von Kurt Bahrke. Es sollen mehrere gewesen sein, auf einem der Fotos von 1942 ist wahrscheinlich eine Schwester von Kurt Bahrke zu sehen, die damals etwa 17/18 Jahre alt war. Das letzte Lebenszeichen von Waltrauds Vater ist eine Feldpostkarte vom 16. November 1944 aus Braunsberg. Er war Unteroffizier in der Res.II. Abt.I.Einheit, seine Tochter war damals gerade vier Monate alt. Ob er sie je gesehen hat? Frau Klümper blieb nur ein Foto, das ihn zusammen mit seiner jungen Frau zeigt – und die Hoffnung, daß sich jetzt nahe Verwandte melden oder Hinweise auf die Familie Bahrke aus Mallwen beziehungsweise Gumbinnen aus unserm Leserkreis kommen. (Waltraud Klümper, Lemkershook 27 in 48499 Salzbergen, Telefon 0 59 76 / 16 57.)

Auch Frau Ingelore Wendtland dürfte unsere Zeitung bisher unbekannt gewesen sein – sie wendet sich an uns auf Anraten von Herrn Pfarrer i.R. Fritz Held –, und das zeigt sich auch in ihrem Schreiben, das weder Datum noch Anschrift enthält. Lediglich auf dem Umschlag war die Adresse vermerkt, und der ging mal wieder eigene Wege. (Unsere treuen Leserinnen und Leser muß ich heute mal loben, mein „Meckern auf Raten“ hat genützt, auf fast allen Schreiben sind die notwendigen Angaben vollständig und gut leserlich vermerkt, nur bei den E-Mails hapert es noch!) Dadurch komme ich also erst heute dazu, die Suchwünsche von Frau Wendtland zu bearbeiten. Die sind schriftlich skizziert und schwer zu lesen, und so gebe ich den Suchwunsch nur mit Vorbehalt weiter. Denn von dem „Großonkel in Ostpreußen, der ein großer Mühlenbesitzer“ war, wie ihr Großvater erzählte, finde ich keine Spur. Die weist eher in den Berliner Raum, nach Pommern und Westpreußen hin. Die Schreiberin wurde als Inge-Lore Gisela Wendtland am 29. August 1935 in Stettin geboren. Ihr Vater Helmut Otto Emil Wendtland, * 1903 in Berlin, war der Sohn von Emil Gustav Adolf Wendtland, * 1869 in Lipin / Hauland, † 1946 in Falkensee / Berlin. Dessen Vater Michael Wendland (ohne t), * Lipin, Hauland, heiratete 1865 Carolin Mayer in Brestowo, Pfarramt Friedheim / Westpreußen. Er war „Holländischer Mühlenbesitzer“ wie sein Vater Gottfried Wendtland, * 1800 in (ich kann nur die Angaben so wie geschrieben übernehmen) Lipiner Holländer Pfarramt Morgonin (Margenin), † 1974 in Lipin Hauland. So hat also Frau Wendtland ihre Vorfahren aufgelistet. Es könnte ja sein, daß ein Mitglied dieser Mühlenbesitzerfamilie nach Ostpreußen gegangen ist – aber wohin? Der langen Aufzählung kurzer Sinn: Wer stammt von einer – wahrscheinlich aus Holland eingewanderten – Mühlenbesitzerfamilie Wendtland ab oder kann über diese etwas sagen. Zweifellos einer unserer schwierigsten Sippensuchwünsche der letzten Zeit, aber Frau Ingelore steht ganz allein da, hat anscheinend keinerlei Verwandtschaft. Vielleicht kann ja jemand aus unserer großen Familie ihr helfen? (Ingelore Wendtland, Holtroper Straße 18 in 26632 Ihlow.)

So, nach diesen vielen schweren und schwerwiegenden Fragen noch ein leichtes Nachschrapselchen. Ich hatte neulich den „Buschebaubau“ erwähnt, dieses Schreckgespenst unserer Kindheit. Die ostpreußischen Wörterbücher schreiben ihn so, manchmal auch „Bushebaubau“, wobei das „sh“ für jenes weiche „sch“ steht, das nur unsere Zungen sagen können. Und nun bringt Frau Sigrid Matthee-Kohl eine neue Variante ein. Kein Schreckgespenst, sondern etwas Federleichtes: Mit „Husch bau bau“ pflegte man es wegzupusten, einen Wattebausch oder ein anderes Gespinst, so tat es jedenfalls ihre Mutter. Die Frage ist nun: Hat dieser Ausdruck etwas mit dem Schreckgespenst zu tun, das aus dem prussisch-litauischen Brauchtum stammen dürfte, hat es andere Wurzeln, oder ist es sogar ein von Frau Sigrids Mutter entwickeltes Wortspiel – unsere ostpreußischen Mütter waren da sehr erfinderisch, jedenfalls die meine? Wer kann sich auch daran erinnern? Bitte an mich schreiben.

Eure Ruth Geede

Fotos: August und Maria Jucknies: Wer Näheres über deren Familie aussagen kann, wende sich an Burghard D. Lubbe, Dr.-Otto-Meyer-Straße 40 in 86169 Augsburg, Telefon (08 21) 8 35 76; Erna und Kurt Bahrke: Wer Hinweise auf das Ehepaar geben kann, wende sich an Waltraud Klümper, Lemkershook 27 in 48499 Salzbergen, Telefon (0 59 76) 16 57.


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