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26.07.08 / Arm ja, aber bitte mit Stil / Trotz Jahrzehntelanger Unterdrückung in einer sozialistischen Diktatur wissen die Kubaner zu leben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Arm ja, aber bitte mit Stil
Trotz Jahrzehntelanger Unterdrückung in einer sozialistischen Diktatur wissen die Kubaner zu leben
von Làzlò Kova

Rumba, Mambo, Cha-cha-cha, Bolero, Salsa, Bacardi, Mojito, Cohiba … sind Begriffe, die gleich Assoziationen mit der karibischen Insel Kuba wecken; aber ebenso der Poet José Martí, eine Symbolfigur für den Unabhängigkeitskampf des Landes, der mit dem Pulitzer-Preis und Literaturnobelpreis ausgezeichnete Schriftsteller Ernest Hemingway, der Guerilla-Held und das Jugendidol Ernesto Che Guevara und der Revolutionär Fidel Castro.

Kuba ist ein faszinierendes Land. Wie ein Magnet zieht es die Touristen aus fernen Ländern an. Kuba ist Traum und Wahrheit zugleich. Über azurblaue Meere, beeindruckende Berge sowie bunte Flora und Fauna hinaus bietet Kuba die schönste Stadt der Karibik La Habana, die Sklaven- und Zuckerstadt Trinidad, die von Schwarzen geprägte Karneval- und Heimatstadt des Bacardi Rums, Santiago de Kuba, die althistorische Stadt Baracoa, welche die Stadt der Strände, Palmen und Lebensfreude schlechthin ist. Gute Laune, Ausgelassenheit und feurige karibische Musik sind in Stadt und Land Tag und Nacht allgegenwärtig.

Als Kolumbus am 28. Oktober 1492 die östliche Nordküste Kubas erreichte, notierte er in sein Bord-Tagebuch: „Die schönste Insel, die Menschenaugen jemals erblick-ten.“ Die Form Kubas wird oft mit einem auf dem Kopf liegenden Alligator verglichen, der 1250 Kilometer lang und zwischen 31 und 198 Kilometer breit ist. Zum Land gehören noch 1900 bewohnte und 4000 unbewohnte Inseln. Über Kuba herrscht ein randtropisches bis wechselfeucht gemäßigtes Klima: 30 Grad im Sommer und 18 Grad im Winter. Die Luftfeuchtigkeit ist während des ganzen Jahres konstant hoch. Zur Zeit der Entdeckung der Insel wird die Einwohnerzahl der Urbewohner, von Kolumbus einfach „Indios“ genannt, auf über 200000 geschätzt. Davon blieben 50 Jahre später weniger als 4000 am Leben. Die spanische Eroberung war hier auch ein skrupelloser Massenmord, der mit dem Schwert wie auch durch die eingeschleppten Infektionen, wie unter anderem Pocken und Masern, begangen wurde. Demzufolge war die Urbevölkerung „Taino“ bald restlos ausgestorben.  Heute leben etwa elf Millionen Menschen in der Republik, davon sind 65 Prozent Weiße, zehn Prozent Schwarze und 25 Prozent Mulatten und Mestizen in rechtlicher und gesellschaftlicher Gleichberechtigung infolge der Revolution. In der Hauptstadt Havanna leben 2,5 Millionen Menschen; 76 Prozent der Kubaner sind Städter. Jedes Jahrzehnt wuchs die Bevölkerung in der näheren Vergangenheit kontinuierlich um eine Million als Folge der steigenden Lebenserwartung und geringen Kindersterblichkeit.

Die Schulbildung und die ärztliche Versorgung sind kostenfrei und stehen auf einem hohen Niveau. Die Medizin kostet kaum etwas. Dieses sind auch Errungenschaften der vom sozialistischen Diktator Fidel Castro und dem Revolutionsführer Che Guevara gegen den kubanischen rechten Diktator Fulgencio Batista zum Sieg geführten Revolution 1959. Daran erinnern Transparente mit den Aufschriften: „Viva Cuba“, „Viva Fidel“, „Viva Castro“ sowie die Lieder, die Denkmäler und die übergroßen Porträts von Che Guevara. Das größte Monument zu Ehren von „Che“ und seinen im letzten Kampf (1967 in Bolivien) gefallenen Mitkämpfern befindet sich in Santa Clara. Kuba ist die letzte „sozialistische“ Bastion des zerfallenen Ostblocks. Aus gesundheitlichen Gründen erklärte der 81jährige Fidel Castro am 18. Februar dieses Jahres, daß er für die Ämter des Präsidenten des Staatsrates und Oberbefehlshabers der Streitkräfte nicht mehr zur Verfügung steht. Sein Nachfolger ist sein um fünf Jahre jüngerer Bruder Raúl, der am 24. Februar vom Parlament zum neuen Staatschef gewählt wurde. Kuba blieb bis jetzt politisch stabil, bei der Neubesetzung des Präsidentenposten kam es nicht zu Unruhen. Raúl ist liberaler eingestellt als Fidel, vermutet man. Kuba steht erwartungsgemäß vor Änderungen. Raúl hat vor Kurzem genehmigt, daß die Kubaner Handy und Computer besitzen und die Touristenhotels besuchen dürfen. Außerdem soll es bald keine Einheitslöhne mehr geben.

Die Polizeipräsenz ist im ganzen Lande stark, was nicht zu übersehen ist. Das echte Kuba erlebt man als Tourist nicht in den Luxushotels oder in den Hotelkasernen in Varadero. Das echte Kuba existiert in den Nebengassen, in den überfüllten kleinen Wohnungen. Die imposanten Gebäude der einzigartigen Mischung aus Kolonial- und Jugendstil sowie Art déco in der Altstadt Havannas wurden von der Revolutionsregierung kaum gepflegt. Sie sind schon lange renovierungsbedürftig. Die Innenhöfe sehen katastrophal aus, Straßen und Fußwege sind unfallgefährlich. Zur Rettung des historischen Stadtkerns erklärte die Unesco im Jahre 1982 900 Gebäude zum Weltkulturerbe. Seither laufen die aufwändigen Renovierungsarbeiten parallel zum Aufschwung der Tourismusbranche. Die Taxis, öffentlichen Busse und Lkw sind äußerst veraltet, oft 30 bis 50 Jahre alt. Sie ziehen schwarze und stickige Abgaswolken hinter sich her. 

Kuba ist arm. Aber Kuba ist selbstbewußt, stolz, lustig. Das kubanische Volk lebt und liebt, tanzt Rumba und Salsa nicht nur in den Lokalen oder bei Treffen unter Freunden, sondern auch an den weißen Sandstränden oder in den Parkanlagen im stechenden Sonnenschein. Kubas täglich Brot ist die Musik!

Für die Nationalpeso (Währung der Einheimischen) kann man in den Geschäften kaum etwas kaufen. Die Versorgungslage ist in Kuba immer noch schlecht. Es gibt monatliche Rationen auf Bezugsscheine für Grundnahrungsmittel und Kleidung. Damit kann man sehr billig Bohnen, Zucker, Speiseöl erwerben. Milch gibt es nur für Kinder bis zu sieben Jahren. Man kann unbeschränkt Hähnchen und Schweinefleisch kaufen, aber nicht die Exportwaren wie Rindfleisch und Fisch. Auf dem Familientisch gibt es dagegen Speisen in Hülle und Fülle; auf dem Schwarzmarkt kann man alles beschaffen. 

In den Betrieben ist die Arbeitsmoral locker. Die Kubaner verdienen wenig: Der Durchschnittslohn beträgt 16 bis 20 Euro pro Monat. An den Arbeitsstellen gibt es Überbeschäftigung. Falls jemand fehlt, fällt es kaum auf.

Die Überproduktion an Akademikern ist hoch. Da es für sie nicht so viele Arbeitsstellen gibt, fahren sie Taxi oder kopieren CDs, die sie an Touristen verkaufen. Das Angebot an Zigarren ist auf den Straßen (Schwarzmarkt) sehr groß. Die Herkunft der Tabakwaren ist aber ab und zu fraglich: Eventuell sind sie aus den staatlichen Firmen „herausgezaubert“ worden. Aber: Man bettelt nicht. Als stolzes Volk finden Kubaner Betteln eher entwürdigend. Aber sie suchen nach Kontakten mit den Touristen, um ihre Dienste als Fremdenführer auf freundschaftlicher Basis anzubieten. Ihre Annäherungsversuche sind keinesfalls aufdringlich.

Das ist Kuba. Das Kuba von heute. Kuba hat Wirtschaftspotential, es wurde aber noch nicht richtig genutzt. Kuba exportiert Nickel-erze, Mangan, Erdöldestillate, medizinische Produkte, Fisch, Tabakwaren, Zucker, Kaffee, Rum und Zitrusfrüchte.

Kuba hat nette und erfinderische Menschen, weltberühmte Musik (Buena Vista Social Club), unbeschreiblich schöne Strände und Berge, eine exotische Pflanzen- und Tierwelt und so während des ganzen Jahres ein unerschöpfliches Reservoir für den Tourismus. Das Kuba von heute hat Zukunft. Viva Cuba!

Foto: Oldtimer und Patina: Touristen lieben die einmalige Atmosphäre, die einer Zeitreise gleichkommt.


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