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26.07.08 / Barfuß durch den weichen Sand der Atlantikküste / Einen der schönsten amerikanischen Strände hat die Insel Ocracoke vor North Carolina

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-08 vom 26. Juli 2008

Barfuß durch den weichen Sand der Atlantikküste
Einen der schönsten amerikanischen Strände hat die Insel Ocracoke vor North Carolina
von Anja Schäfers

Der kurze, gedrungene Leuchtturm wacht unauffällig über den Hafen von Ocracoke Island. Die Fähre vom amerikanischen Festland biegt mit einer scharfen Linkskurve in den Silver Lake Harbor und legt in der Nähe eines Krabbenkutters an. Ihr Wellenschlag bringt eine Reihe von Segelbooten und Motorjachten zum Schaukeln. Auf dem Parkplatz neben dem Fähranleger trocknen Fischernetze in der Herbstsonne.

Entspannt geht es zu auf dieser Insel der Outer Banks, die wie eine Kette vor der Küste von North Carolina liegen. Raymond Austin begrüßt einige Neuankömmlinge so freundlich, als ob er sie schon ein Leben lang kennen würde. Der braungebrannte 50jährige steht in Shorts und T-Shirt da. „Zieht ja eure Schuhe aus!“, ruft er lachend und weist auf seine bloßen Füße.

Kurze Zeit später graben sich bleiche Zehen in den feinen, weißen Sand auf der Atlantikseite der Insel. Die Dünen, der Strand und die Wellen erinnern an die Landschaft der europäischen Nordseeküste. Doch die Muscheln, von bunten Winzigkeiten bis zu großen Seeschnecken, machen dem Besucher klar, daß er sich in südlicheren Gefilden befindet. In der Nähe verläuft der 35. Breitengrad, der weiter östlich auf Nordafrika trifft.

An einigen Abschnitten des 16 Meilen langen Strandes deuten Leinen an, daß Spaziergänger am Wassersaum entlang gehen sollen. Dadurch werden die Gelege von Seeschildkröten geschützt, die hier ihre Eier im Sand vergraben. Die gesamte Insel außerhalb der Siedlung um den Hafen gehört seit den 50er Jahren zum Nationalpark „Cape Hatteras National Seashore“ und steht unter Naturschutz.

Dadurch konnte die Küste ihre Natürlichkeit bewahren und blieb von Bausünden verschont. Der in den USA als „Dr. Beach“ bekannte Küsten- und Umweltforscher Stephen P. Leatherman wählte Ocracoke zum schönsten amerikanischen Strand des Jahres 2007. Viele Einheimische und Besucher, die hier in der Sonne liegen, baden oder spielen, würden sich seinem Urteil wohl anschließen.

Ocracoke ist in den Sommermonaten ein beliebtes Urlaubsziel für amerikanische Familien. Sie campen oder kommen in Bed and Breakfast, Motels und Ferienhäusern unter. Es gibt Restaurants und Andenkenläden, Anglergeschäfte und Bootsverleih. Einkaufszentren und Filialen großer Hotel- oder Imbißketten sucht man vergebens. Die Insel hat sich ihren eigenen Charakter bewahrt.

Dies läßt sich zum Beispiel bei einer Tour mit dem Fahrrad entdecken. „Drive real, real slow“ fordert ein Schild vor der Howard Street, einem sandigen Weg mit tiefen Schlaglöchern, zum extremen Langsamfahren auf. Zwischen Zedern und immergrünen Eichen stehen weißgestrichene Holzhäuser. Schaukelstühle laden dazu ein, auf einer schattigen Veranda die Meeresbrise zu genießen.

Viele Häuser sind auf Pfählen gebaut. Wie nötig das ist, sieht man an Markierungen, die den Wasserstand nach verschiedenen Stürmen und Hurrikanen anzeigen. Davon kann auch Philip Howard berichten, Nachfahre eines der ersten Besitzer der Insel. Auf Rundgängen zeigt er Urlaubern die Spuren der wechselhaften Vergangenheit von Ocracoke und erzählt von Lotsen und Händlern, von Fischern und Strandräubern.

Solche Geschichten kann man auch in Portsmouth erfahren, das auf einer Insel in Sichtweite von Ocracoke liegt. Dort erzählt sie Barbara Adams, eine Mitarbeiterin des National Park Service. Sie führt durch einige als Museum eingerichtete Häuser. Sie sind alles, was von dem einstmals blühenden Handelszentrum übrig blieb.

Der Niedergang von Portsmouth begann 1846, als ein Hurrikan den Küstenverlauf und die Meeresströmungen veränderte. 1971 verließen die beiden letzten Einwohner den Ort. Neben Tagestouristen aus Ocracoke kommen heute vor allem Angler vom Festland. Eine kleine Fähre bringt sie zusammen mit ihren allradgetriebenen Fahrzeugen in das Naturparadies.

Auf die Vergangenheit der Region stößt man selbst beim Paddeln. Vom Silver Lake Harbor von Ocracoke geht es mit dem Kajak zum Teach’s Hole. In dieser Meeresbucht ließ 1718 Edward Teach sein Leben, der als Pirat Blackbeard die Küste tyrannisierte.

Ganz in der Nähe ragen die Aufbauten eines Fischtrawlers aus den Wellen. Er ist nur eines von unzähligen Schiffswracks, die vor der Küste North Carolinas auf dem Meeresgrund liegen.

„Vielleicht hätte man den Leuchtturm doch höher bauen sollen“, witzelt einer der Kajakfahrer, als es wieder Richtung Hafen geht.

Auf dem Rückweg müssen die Paddler gegen Wellen und kräftigen Wind ankämpfen. Immer mehr Wasser tropft auf die bloßen Beine. Entspannt gleiten einige braune Pelikane über die Wellen und stürzen sich zum Beutefang ins Wasser.


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