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02.08.08 / Eine Generalvollmacht für die Bürger / Wegweisendes Urteil: Betroffene können Maßnahmen zum Schutz vor der Feinstaubbelastung durchsetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

Eine Generalvollmacht für die Bürger
Wegweisendes Urteil: Betroffene können Maßnahmen zum Schutz vor der Feinstaubbelastung durchsetzen

Eine glatte Sechs für Ex-Bundesumweltminister Jürgen Trittin – der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die Arbeit des grünen Politikers bloßgestellt. Mit ihrem Urteil zur Feinstaubrichtlinie haben die Luxemburger Richter die Rechte der Bürger gestärkt, wie es kaum ein Prozeßbeteiligter zu hoffen gewagt hatte: Jedermann hat das Recht auf saubere Luft, und jeder kann es nach diesem Musterurteil durchsetzen. Möglich wurde diese weitgreifende Entscheidung, weil Umweltminister Trittin die Feinstaubrichtlinie der EU nachlässig in deutsches Recht umgesetzt hatte.

Fragt man die Deutschen ganz unbefangen nach ihren größten Umweltsorgen, verzichtet also auf suggestive Fragen um Klimaschutz, Windräder oder Solarzellen, dann stehen immer diese drei Anliegen ganz oben an: Schutz vor Lärm, außerdem saubere Luft und saubere Gewässer. Nur, die Politik geht über die Sorgen und Nöte der Menschen einfach hinweg, sie folgt lieber Modetrends im Umweltschutz: Angesagt ist Klimarettung, passé bereits Ozonbelastung, saurer Regen, Waldsterben und anderes.

Die Kehrseite ist bitter: Bei den Kernthemen des Umweltschutzes bleiben die Bürger auf sich gestellt, müssen vor Ort allein gegen Straßen- oder Fluglärm kämpfen – die große Politik hält sich da fein raus. Beim Thema saubere Luft haben die Bürger jetzt wenigstens gute Chancen, ihre Rechte durchzusetzen.

Darum geht es: Feinstaub gilt als gefährliche Krebs auslösende Luftbelastung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat errechnet, daß in Deutschland pro Jahr nahezu 70000 Todesfälle durch Feinstaub ausgelöst werden. Zur Einschätzung der Gefahr: Das Antirauchergesetz wird auch damit begründet, daß jährlich bis zu 6000 Passivraucher erkranken und sterben.

Angela Merkel hatte in ihren frühen Jahren als Umweltministerin (1994–1998) die Europäische Union gedrängt, energische Maßnahmen gegen die Feinstaubbelastung zu erlassen.

1999, als die EU die Richtlinie zur Luftqualität ausgehandelt und erlassen hatte, war das kein Thema mehr in der deutschen Umweltpolitik. Die rot-grüne Bundesregierung hatte mittlerweile andere Prioritäten, den Atomausstieg etwa.

Brüssel setzte schließlich Berlin in Zugzwang, und heraus kam unter Minister Trittin eine Richtlinie, die zwar in epischer Breite die Vergabe der gelben, roten und grünen Abgasplaketten regelt und die Bußgelder dazu – die aber den Betroffenen so gut wie keine Handhabe läßt, wenn die Schadstoffgrenzwerte permanent überschritten werden oder die verantwortlichen Bundesländer untätig bleiben.

Trittin hatte die entsprechende Ziffer 19 aus der EU-Verordnung einfach nicht in deutsches Recht übernommen.

Das hat der Europäische Gerichtshof nicht durchgehen lassen. Er entschied, daß die Regelung aus Ziffer 19 auch in Deutschland gelten muß. Das gibt allen Bürgern das Recht, die Aufstellung und Umsetzung eines Aktionsplans einklagen zu können, durch den die Luftbelastung gemindert werden kann, mit Sofortmaßnahmen und auch mit langfristig wirkenden Auflagen. Das schließt Fahrverbote und die Ausweisung von Umweltzonen genauso ein wie Produktionsauflagen für luftbelastende Unternehmen. Schließlich geht nur ein Drittel des Feinstaubs zu Lasten des Straßenverkehrs.

Lärmopfer können von einer solchen Generalvollmacht nur träumen – oder von den Umweltpolitikern verlangen, auch bei der Umweltseuche Nummer eins endlich eine ähnliche EU-Richtlinie mit verbindlichen Daten und Eck-werten durchzusetzen.           Vs


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