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02.08.08 / Die Sauerei von Greenpeace / Die Berichterstattung um das sogenannte Patent auf Schweine schürt Angst unter deutschen Bauern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

Die Sauerei von Greenpeace
Die Berichterstattung um das sogenannte Patent auf Schweine schürt Angst unter deutschen Bauern
von Mariano Albrecht

Eine Nachricht aus den vergangenen Tagen beunruhigt: „Trotz ungeklärter Rechtslage und internationaler Kritik hat das Europäische Patentamt in München ein Patent auf ein Verfahren zur Zucht von Schweinen“ erteilt, welches darauf basiert, bestimmte Gene zur Zuchtoptimierung zu markieren, melden verschiedene Nachrichtenagenturen.

Als Urheber der Meldung ist die Umweltschutzorganisation Greenpeace auszumachen, die ankündigt, gegen die Patenterteilung an einen US-amerikanischen Gentechnik-Konzern juristisch vorzugehen. Ist dem Unternehmen Newsham Choice Genetics ein Coup gelungen, oder handelt es sich lediglich um eine Schweinerei von Greenpeace?

Schon die Überschrift der Meldung muß stutzig machen: „Umfassendes Patent auf Schweine erteilt“. Können Tiere patentiert werden?

Greenpeace behauptet, die Ansprüche seien so formuliert, daß sie nicht nur das Zuchtverfahren umfassen, sondern in einem Streitfall der Patentinhaber auch Ansprüche auf die Schweine selbst und alle Nachkommen der nach dem patentierten Zuchtverfahren gezeugten Schweine erheben kann. Doch die Umweltschützer gehen noch weiter: Der Gentechnikexperte von Greenpeace, Christoph Then, glaubt, daß die nach dem Testverfahren festgestellten Gene, die theoretisch in vielen vorhandenen Schweinerassen von Natur aus existieren, unter den Patentschutz fallen, und läutet die Alarmglocken.

Das Unternehmen Newsham Choice Genetics, das das Patent von dem US-amerikanischen Biotech-Konzern Monsanto gekauft hatte, könne so Lizenzansprüche gegen praktisch jeden Bauern geltend machen, dessen Schweine die durch das Verfahren nachgewiesenen Gene aufweisen. Ist es wirklich so, wie von Greenpeace unterstellt wird?

Schon in den vergangenen Jahren sprangen die Medien bereitwillig auf den „Zug der Angst“, mit dem Greenpeace auch politisch Druck gegen die Gentechnik-Industrie macht. Behauptungen, Mutmaßungen und Angstszenarien wie aus phantastischen Romanen verbreiten selbst seriöse Sender wie die ARD: „Ein Konzern greift nach dem Nahrungsmittelmonopol für die ganze Welt, wird suggeriert. Dürfen Schweine in Zukunft nur noch gegen Zahlung von Lizenzgebühren an große Konzerne gezüchtet werden?“

Was in vielen Berichten verschwiegen wird: Bei dem jüngst erteilten Patent wurde lediglich ein Verfahren zur Feststellung bestimmter Gen-Merkmale, die für eine Optimierung der Zucht eine Rolle spielen, geschützt, nicht aber bestimmte Gene oder deren Merkmale. Das ist rechtlich auch nicht möglich, man hatte  schlecht recherchiert.

Zum zweiten ist im europäischen Patentrecht scharf abgegrenzt, was als Erfindung und was als Entdeckung anzusehen ist. Die Unterscheidung: Eine Erfindung kann patentiert werden, eine Entdeckung, zum Beispiel eines Gens oder eines Genbestandteils oder Merkmals, das schon immer existiert hat, nicht. Das ist zum Beispiel dem europäischen Patentrecht wie auch der EU-Biopatentrichtlinie zu entnehmen.

Die Münchner Patentanwaltskanzlei Rothkopf-Theobald-Elbel ist auf Fälle aus dem Agrarbereich spezialisiert. Dr. Michaela Elbel erklärt: „Das Patentrecht ist immer in eine nationale Gesetzgebung eingebunden. Aus einem erteilten Patent kann kein Nutzungsanspruch abgeleitet werden, der unter Umständen anderen Gesetzen unterliegt. Selbst wenn es gelänge, ein Patent auf ein Tier zu erhalten, wäre dies noch kein Freibrief für eine Produktion.“

Was Greenpeace noch verschweigt: Das erteilte Patent ist massiv zusammengestrichen worden. Ein Sprecher des Europäischen Patentamtes teilt mit, daß in der eingereichten Version aus dem Jahr 2004 zwar Ansprüche auf Tiere, die nach einem bestimmten, zum Patent angemeldeten Verfahren zur Zucht ausgewählt oder gezüchtet werden, angemeldet worden waren, doch eine Erteilung in dieser Form nicht zur Debatte stand. Was bleibt also von dem umstrittenen „Schweine-Patent“?

Nichts Greifbares. So kann ein Züchter zur Optimierung der Fleischmasse seiner Tiere nach herkömmlichen Methoden vorgehen, indem er eine Auswahl der Zuchttiere nach Rasse und Aussehen vornimmt, das kann ihm niemand verbieten. Die Methode beruht weniger auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auf Erfahrung. Nutzt er ein zum Beispiel patentiertes wissenschaftliches Verfahren zur Genbestimmung, bevor er Zuchttiere kreuzt, wendet er sich an ein Labor, welches den Test vornimmt und für ihn die passenden Merkmale analysiert. Dieser Test könnte einem Patent unterliegen und zum Beispiel nur von einem lizensierten Labor durchgeführt werden. Der Züchter nimmt also eine Dienstleistung in Anspruch, aus dem sich nach europäischem Recht keine Ansprüche des Dienstleisters auf die Zuchterfolge ableiten lassen. Das hätte Greenpeace wissen müssen. Patentanwältin Michaela Elbel: „Für patentrechtliche Ansprüche ist nur relevant, auf was ein Patent erteilt wurde, und das ist im Falle des Patentes EP 1 651 777 lediglich ein Verfahren zur Feststellung bestimmter genetischer Eigenschaften. Nicht aber der Eigenschaften selbst.“

Offensichtlich hat sich Greenpeace in einer Unzahl von Fehldeutungen und abstrusen Argumentationen verstrickt, die mit der Realität wenig zu tun haben. Was zurückbleibt ist allenfalls Unmut über die Verläßlichkeit von Umweltschützern, die einst besonders unter jüngeren Menschen Idol-Charakter genossen.

Foto: Aufsehenerregend: Umweltschützer appellieren mit falschen Behauptungen an das Gewissen.


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