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02.08.08 / Was ist gerecht? / Arbeits- und Sozialminister Olaf Scholz (SPD) kommt zu erstaunlichen Einsichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

Was ist gerecht?
Arbeits- und Sozialminister Olaf Scholz (SPD) kommt zu erstaunlichen Einsichten
von Mariano Albrecht

Der wirtschaftliche Aufschwung der letzten Jahre ist bei vielen im Portemonnaie nicht angekommen. Und nicht jeder, der sozial aufsteigen will, schafft es auch.“

Das stellt Arbeits- und Sozialminister Olaf Scholz (SPD) im Interview mit dem „Stern“ fest und kommt zu dem Schluß, daß es in Deutschland nicht sozial gerecht zugehe. Woran mißt sich die soziale Gerechtigkeit im Land?

Mit acht Monaten Verspätung widerspricht Scholz der Kanzlerin, die ja im vergangenen Jahr noch behauptet hatte: „Der Aufschwung kommt bei den Menschen an …“

Zu Wort gemeldet haben sich auch die Deutschen. Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Allensbach erwarten 83 Prozent der Befragten, „daß alle Kinder die gleichen Chancen auf eine gute Schulbildung haben müssen“. Befremdliches vom Minister: „Ich könnte mir vorstellen, daß jeder das Recht erhält, einen weitergehenden Schulabschluß nachholen zu können.“ War das bisher anders? Daß diese Möglichkeiten für jeden Bundesbürger bestehen, scheint der Minister zu verdrängen. Das System „Zweiter Bildungsweg“ gibt es seit den 60er Jahren.

Menschen, die den angestrebten Schulabschluß nicht im Normaldurchlauf der Regelschule erworben haben, bekommen die Möglichkeit zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen. Doch das wird, besonders von Jugendlichen, kaum wahrgenommen. Die Diskussion, ob ein 40jähriger Langzeitarbeitsloser durch das Nachholen eines Haupt- oder Realschulabschlusses noch den Sprung in eine Berufsausbildung schafft, kann getrost als trockene Theorie bezeichnet werden. Diese Fälle gibt es, doch sie sind nicht die Regel. Wer von Bildung spricht, sollte von der Motivation zur Bildung, und zwar schon vom frühesten Kindesalter an, sprechen. Eher ein Thema für Bildungsministerin Anette Schavan.

Laut Allensbach finden 67 Prozent: „Der Staat soll für eine Grundsicherung sorgen, damit niemand in Not gerät.“ Und 65 Prozent meinen: „Wer mehr leistet, soll auch mehr verdienen als derjenige, der weniger leistet.“

Scholz spricht von Mindestlöhnen. Hier scheint der Minister auf dem richtigen Weg. Wenn der Staat von Arbeitslosen verlange, auch Jobs auf niedrigerem Niveau anzunehmen, dann dürften sie nicht „ausgebeutet“ werden, stellt Scholz fest. Er widerspricht der Vorstellung, daß Menschen lieber von Hartz IV leben, als einen weniger gut bezahlten Job anzunehmen. Hat der Minister damit recht?

Eine Rechenaufgabe: Der von Scholz und den Gewerkschaften anvisierte Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde bringt einem alleinstehenden Arbeitnehmer im Monat rund 1260 Euro brutto. Nach Abzug von Steuern und Krankenversicherung bleiben zirka 940 Euro übrig. Das sind gut 200 Euro mehr als ein Hartz-IV-Empfänger inklusive rund 400 Euro Miete ohne Ein-Euro-Job zur Verfügung hat, mit einem Ein-Euro-Job liegen Hartz-IV-Empfänger und Arbeitnehmer etwa gleich auf. Ist das gerecht?

An diesen Ungleichheiten zu feilen, fiele in den Aufgabenbereich des Arbeits- und Sozialministers. Stattdessen versucht Scholz medienwirksam den Anschein zu erwecken, als wäre man in seiner Partei bemüht, die unter der rot-grünen Schröder-Regierung entstandenen Hartz-Reformen zum Wahlkampf aufzuhübschen. Anstatt Teile der Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen und dafür einzutreten, daß Gewinn erwirtschaftende Unternehmen die Arbeit ihrer Angestellten mit existenzsichernden Löhnen, die sich vom Hartz-IV-Niveau abheben, wertschätzen, fährt Scholz auf der Subventionsschiene. Der Staat zahlt Teile zum Lebensunterhalt jener zu und holt sich das Geld über Steuern und Abgaben von denjenigen, die noch Steuern zahlen, zurück. Das ist in der Tat ungerecht.

„Der Staat muß durch Steuern dafür sorgen, daß die Einkommensunterschiede nicht zu groß werden“, meinen 47 Prozent in der Umfrage. Nur eine Neid-Diskussion?

Wenn Scholz in der Debatte um mehr Netto vom Brutto mitredet, dann spricht er von der Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung. Immerhin fällt das in sein Ressort, doch sparen Unternehmen dabei Millionen, während es dem Arbeitnehmer bestenfalls Kleingeld ins Portemonnaie bringt. Das ist schon ungerecht.


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