25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.08.08 / In Georg Dehios Nachfolge

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

In Georg Dehios Nachfolge

Ernst Gall verdanken wir aus der Reihe „Deutsche Kunst-Sonderhefte“ die Mappe „Danzig“ mit einem 16seitigen Textteil und 24 großformatigen Stadtansichten sowie einer farbigen historischen Abbildung des Langen Marktes mit Artushof und Rechtstädtischem Rathaus. Das Werk erschien 1925 im Angelsachsen-Verlag Bremen und wird bei vielen Ost- und Westpreußen sicher noch als seltener Schatz gehütet werden. Weniger bekannt dürfte den Heimatfreunden sein, daß Gall ein bedeutender Kunsthistoriker war. Er wurde 1888 in Danzig geboren und starb vor 50 Jahren in München. Er scheint vergessen zu sein, steht im Schatten seines Kollegen Erich Keyser.

Ernst Gall studierte erst Jura, ging dann nach Grenoble und Paris und wechselte zur Kunstgeschichte. Zuletzt hörte er in Berlin bei Heinrich Wölfflin und Adolph Goldschmidt, welcher der genaueste Kenner der mittelalterlichen Kunst seiner Zeit war. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und schrieb in dieser Zeit seine Dissertation „Niederrheinische und normannische Architektur im Zeitalter der Frühgotik“, die 1915 als Buch erschien. 1920 nahm er eine Stellung als Denkmalschützer in Halle an der Saale an, 1923 begründete er das „Jahrbuch für Kunstgeschichte“ und verfaßte zwei Jahre später das umfangreiche Werk „Die gotische Baukunst in Frankreich und Deutschland“. Ab 1924 war er Direktor der preußischen, von 1946 bis 1953 der bayrischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten.

Gall war ab 1935 Mitverfasser und noch von Georg Dehio auserwählter und geförderter Herausgeber des „Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler“, das auf zehn Jahre angelegt war. 1948 gab er die „Kunstchronik“ heraus. Die Münchner Universität berief ihn 1952 zum Professor für Architekturgeschichte. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit widmete sich Gall auch heimatlichen Regionen. Genannt seien hier nur je ein Kunstführer von Danzig und Westpreußen (1937) sowie das in der Schriftenreihe „Die Kunst des deutschen Ostens“ 1953 unter Mitarbeit von Kurt Grimm erschienene Buch „Danzig und das Land an der Weichsel“, das vom Deutschen Kunstverlag München herausgegeben wurde. Allen Werken Gall sagte man sowohl stilistische Klarheit wie vollendete Technik im Aufbau nach.

Seinen 70. Geburtstag konnte Gall im Februar 1958 noch erleben. Ein halbes Jahr später, am 5. August, erreichte Gall überraschend der Tod. Seine Arbeiten zur Baugeschichte des Mittelalters und besonders der Gotik sind bis heute wegweisend.     Dieter W. Leitner


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren