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02.08.08 / Pfannkuchen nach Kulturgenuß / Nicht nur Dünen, Wind und Wasser: Urlaub an der Küste Nordhollands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

Pfannkuchen nach Kulturgenuß
Nicht nur Dünen, Wind und Wasser: Urlaub an der Küste Nordhollands
von Steffi Wolf

Gott schuf die Welt, aber die Holländer erschufen Holland“, heißt ein altes Sprichwort in den Niederlanden. Ein Viertel ihres Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels. Das Wasser ist Freund und Feind zugleich. In den Sommermonaten lockt es Touristen in die Badeorte entlang der 260 Kilometer langen niederländischen Nordseeküste, um sich zur gleichen Zeit das zurückzuholen, was die Menschen ihm abspenstig gemacht haben. Land. Kostbares Land. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Mehrere Millionen Kubikmeter Sand werden jährlich an der Küste aufgeschüttet. Ein Kampf mit und gegen Windmühlen.

Wer Nordholland in seiner ursprünglichsten Form erleben will, reist außerhalb der Saison. Die Region ist vor allem für ihre Dünengebiete bekannt. Die „Schoorlse Duinen“ gelten als die breitesten und höchsten der Niederlande, Mountainbiker erwartet die schwerste, aber auch schönste Strecke des Landes. 15 Kilometer lang, mit einem Aufstieg von 33 Meter.

Mit dem Fahrrad durch die Dünen oder zu Fuß entlang der Küste geht es von Egmond aan Zee ins fünf Kilometer entfernte Bergen aan Zee. Bei gutem Wetter wird der erste Windpark der Nordsee in mehr als zehn Kilometer Entfernung sichtbar. 36 Windturbinen reihen sich im Abstand von 650 Meter aneinander. Sie liefern Energie für mehr als 100000 Haushalte. Zwischen Dünen und Atlantik wird der Fußmarsch zum Naturerlebnis. Die Gischt schäumt und der heftige Wind bläst den aufgewirbelten Dünensand wie kleine Nadelstiche ins Gesicht. Schlägt das Wetter dann innerhalb von Minuten um, reißt der Himmel auf und die Sonne verwandelt das in Sichtweite liegende Bergen aan Zee in ein eindrucksvolles Panorama.

Bergen aan Zee ist ganz und gar Badeort, dabei aber naturbelassener als die Touristenziele der Umgebung. Das Meeresaquarium im Zentrum des Ortes liegt am Hauptzugang zum Meer. 43 Aquarien mit Meeresbewohnern, eine umfangreiche Muschelsammlung sowie das 14 Meter lange Skelett eines Pottwals können täglich besichtigt werden. Der Eintrittspreis ist mit 8,50 Euro für Erwachsene und 6,50 für Kinder doch recht hoch. Dafür gibt es im Freibecken Rochen zum Fotografieren und Anfassen. Allein schon die Alleenstraße, die Bergen aan Zee mit dem fünf Kilometer entfernten Bergen verbindet, ist einen Besuch wert. Im Villenviertel des Künstlerdorfs reiht sich ein eindrucksvoller Bau an den nächsten. Nicht oft wird der hohe Lebensstandard der Niederländer so deutlich wie hier. Bergen gilt seit 1900 als Zufluchtsort für Künstler. Die eindrucksvolle Naturkulisse ist Inspiration für Maler, Dichter, Bildhauer und Schriftsteller gleichermaßen. Job Graadt van Roggen, Jaap Veldheer, Tjipke Visser, Hendrik van Bloem und Jan Bleijs bildeten um 1900 die Künstlerkolonie von Bergen. Ihre Werke zählen zur „Bergener Schul“. Das Museum Kranenburgh dokumentiert die künstlerische Geschichte des Ortes und seiner Bewohner. Im Garten erwartet ein Skulpturenpark die Besucher. Bis heute ist Bergen Rück-zugsort für Kreative. Galerien, Ausstellungen, im Sommer Kunst- und Künstlermärkte sowie die „Holland Music Sessions“ im August – Konzerte mit internationalen Nachwuchsmusiker – locken Einheimische wie Touristen in den Ort. Die im Oktober stattfindenden „Kunsttiendaagse“ sind ein zehntägiges Kunstereignis.

Im „Oude Prinsweg“, einer der vielen verwinkelten Gassen des Ortes, haben Thomas Swinkels und Karien Hilbers ihre Buchhandlung „Erste Bergensche Boekhandel“. In ihren Regalen warten kleine Schätze auf Käufer. Wie ein Gedichtband von Eric van der Wal. 90 Exemplare hat der Dichter, der zurückgezogen in Bergen lebt, selbst gesetzt und gedruckt. Die edlen Blattsammlungen sind etwas für Kenner und Liebhaber.

Wem nach so viel Kunst und Kultur der Magen knurrt, der ist im Pfannkuchenhaus „Duinvermaak“ richtig. Am Ortsrand von Bergen werden im nostalgischen Ambiente die „Pannenkoeken“ in den Varianten süß bis herzhaft deftig serviert. Direkt hinter dem Pfannkuchenhaus liegt der Eingang zum Dünenreservat.

Dank der guten Verkehrsanbindung benötigt man mit dem Auto weniger als eine Stunde von Bergen nach Amsterdam. Alkmaar, das Herz Nord-Hollands, ist sogar in 20 Minuten zu erreichen.

Zwischen April und September geht hier jeden Freitagvormittag ein Touristenspektakel über die Bühne: der Käsemarkt. Das Schauspiel mit Käseträgern und den goldgelben Leibern ist einzigartig in den Niederlanden.

Jährlich 300000 Menschen besuchen den legendären Käsemarkt von Alkmaar. Das Käsemuseum ist in einem Gebäude aus dem 14. Jahrhundert untergebracht und liegt im historischen Zentrum der Stadt und umgeben von Grachten, direkt am Marktplatz.

Einen alten Bekannten trifft man in der 100000-Einwohner-Stadt übrigens auch. Eine Büste der TV-Legende Rudi Carrell erinnert am „Rudi-Carrell-Platz“ an den in Alkmaar geborenen beliebten Entertainer.

Foto: Weitläufiger Strand: In Bergen aan Zee und Umgebung kommt jeder auf seine Kosten.


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