16.04.2024

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02.08.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-08 vom 02. August 2008

Aufgebrochen / Warum die Sommer-Clowns wegbleiben, wieso Beckstein auf Urlaub verzichtet, und wie endlich eine Reform ihr Ziel erreicht hat
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Der August ist da, die Politiker der ersten Reihe haben sich in die Ferien davongemacht und die Journalisten wie jedes Jahr ratlos zurückgelassen: Was machen wir die nächsten Wochen bloß?

In diesem Moment schrillen für gewöhnlich von ferne schon die Karnevalströten des rettenden Sommertheater-Ensembles. Lauter kleine Schreihälse, die sich sonst nicht trauen oder hinter den Großdarstellern schlicht nicht zu sehen sind, hopsen auf die Bühne und machen Faxen, um endlich einmal in die Medien zu kommen.

Dieses Jahr läßt ihre Stunde jedoch auf sich warten. Grund: Einige von den Hauptdarstellern sind entgegen der üblichen Abmachung auf der Bühne geblieben und krächzen sich die Seele aus dem Hals. Die schweißtreibenden Überstunden muten sie sich zu, weil sie um ihre Stelle fürchten. Wer mag schon frohgemut in den Urlaub fahren, wenn er nicht weiß, ob sein Job danach noch da ist?

Günther Beckstein und Erwin Huber wissen jedenfalls eines: Wenn sie ihre CSU bei der Bayernwahl im September nicht über 50 Prozent bringen, dann machen sie ab Herbst Urlaub für den Rest ihres Lebens.

Also haben sie sich auf der Sommertheaterbühne festgenagelt und stehlen der zweiten Garnitur die Schau mit sympathischen Forderungen. Der Vorwurf des verantwortungslosen Populismus aber geht an den emsigen CSU-Granden vorbei. Beckstein und Huber stellen nur Forderungen auf, die entweder gar nicht zur Entscheidung anstehen wie die Pendlerpauschale, deren Schicksal bei Gericht liegt. Oder, wie die Reform der Reform der Erbschaftsteuer, innerhalb der Großen Koalition laut CDU ohnehin kurz vor der einvernehmlichen Lösung stehen.

Zuletzt hat der bayerische Ministerpräsident Beckstein sogar das Feld der weiten Welt entdeckt, das bekanntlich Sache des Bundes ist: Auf keinen Fall komme es in Frage, daß ein möglicher US-Präsident Obama amerikanische Steuergelder sparen könne, indem er seine Soldaten in Afghanistan reduziert, um sie durch deutsche Landser zu ersetzen, die wir dann bezahlen müßten. Donnerlittchen! Wenn ein Politiker der CSU, deren Treue zu Amerika immer über jeden Zweifel erhaben war, solche Töne tönt, dann sieht er seine Hütte bereits brennen.

Doch Populismus ist das ebenfalls nicht. Erstens, weil, wie gesagt, Außenpolitik seit 1871 in Berlin gemacht wird, und zweitens, weil dem Ministerpräsidenten in dieser Frage sowieso kein Deutscher widersprechen würde.

Vom Populismus sollte die CSU sowieso die Finger lassen, solange Lafontaine da ist. Verglichen mit dem Großmeister des Fachs wirkt jede christsoziale Verrenkung nur wie trostlose Stümperei. Und auch der Saarländer ist bislang zu Hause geblieben. Dort will er gehört haben, daß Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hundert Millionen Euro im Jahr verdient. Woher er das weiß? Das hat ihm der Wind erzählt, und mit Wind kennt Lafontaine sich aus. Er weiß genau, wie man daraus heiße Luft macht, die einem die Stimmen zubläst.

Wiedeking ist ein überaus geeignetes Haß-Objekt für jeden aufrechten Linkssozialisten. Der Manager hat etwas wirklich Abscheuliches getan: Als er Porsche-Chef wurde, lag das Unternehmen am Boden, drohte Pessimisten zufolge sogar unterzugehen. Ein Festmahl wäre das geworden für jeden, dem der soziale Ausgleich am Herzen liegt, sprich, der nicht erträgt, daß der Nachbar so viel mehr verdient als er: Die Nobelmarke bankrott, die Lustkutsche der frechen Reichen am Ende ihrer Geschichte! Genossen, davon hätten wir Jahre zehren können.

Dann kam Wiedeking und baute den Laden hinterrücks wieder auf. Nun steht Porsche feister da denn je. Ganz nebenbei hat der unerträgliche Kapitalist auch noch bewiesen, daß Marktwirtschaft bei gutem Management vortrefflich funktioniert und damit die marxistische Wahrheit übel verhöhnt.

Ergo haben die Sozialisten noch eine Rechnung offen mit dem Kerl. So zerrt die Linkspartei diesmal den Porsche-Chef auf die Bühne, um ihrer alten Forderung, die „Managergehälter auf das 20fache des Durchschnittverdiensts zu begrenzen“, neuen sozialneidischen Pepp zu verleihen.

Die Debatte um Managergehälter ist weit mehr als reiner Populisten-Stadl zur Sommersaison. Haben wir deren Salär erst mal auf das besagte 20fache eines Durchschnittsgehalt runtergeprügelt, geht es nämlich weiter. Schließlich kann man mit sozial gerechter Besteuerung alles, was oberhalb jenes Durchschnitts liegt, so runterregulieren, bis netto alle in etwa das Gleiche bekommen.

Auf dem Weg zum staatlich bestimmten, sozial gerechten Einheitsgehalt arbeiten wir uns Schritt für Schritt nach vorne. Kamen 1995 von 100 verdienten Euro brutto noch 65,23 Euro netto bei den Deutschen an, waren es 2006 schon nur noch 64,41 Euro. Die Differenz geht in die große Wundertüte der Umverteilung.

Wenn sich diese Entwicklung linksparteiverstärkt in den kommenden Jahren  noch beschleunigt, sind wir alle bald von dem quälenden Karriereterror befreit, weil jede Anstrengung, die in ein höheres Gehalt mündet, ohnehin zwecklos wäre. Man könnte es sich endlich gemütlich machen.

Der Nachwuchs dürfte die Signale schon gehört haben. Wie gemeldet wird, verzichten immer mehr Abiturienten auf ein Studium. Das liegt allerdings weniger daran, daß Karriere machen unpopulär geworden wäre. Vielmehr scheinen 40 Jahre unablässiger Bildungsreformen am Ziel angekommen zu sein: Die deutschen Universitäten sind fertig.

Erinnern wir uns: Einst im Mai waren die Hochschulen unseres Landes die Spitze der Welt. Dann haben die fortschrittlichen Kräfte entdeckt, daß unsere reaktionären Eliteschmieden erstarrt seien und aufgebrochen werden müßten. Das wurden sie auch, wie ein erlegtes Wildtier. Nun modert der Kadaver in der Sonne, und die potentiellen Studenten wenden sich naserümpfend ab.

Die letzte Attacke in der langen Jagd galt dem in aller Welt legendären deutschen Diplomingenieur. Der Dipl. Ing. aus Germania war ein Ritterschlag, der dem Geadelten weltweit Respekt einbrachte. Dem haben die allerjüngsten Reformen ein Ende gesetzt. Frisch reformiert schlurfen deutsche Jungingenieure nun mit Titeln über den Globus, wie sie auch auf Madagaskar oder in Tadschikistan vergeben werden.

Die Reformer sind sehr stolz auf diesen Erfolg und feiern sich als Bahnbrecher, welche die nationalen Alleingänge des einstigen Bildungsprimus Deutschland beendet und uns damit fit gemacht haben für die Globalisierung. Mit den alten Zöpfen ist nun endgültig Schluß, die in Jahrhunderten entwickelte deutsche Hochschullandschaft ist eingeebnet.

Daß die deutschen Abiturienten sich nicht mit ihnen freuen, verwirrt die Reformer natürlich. Das nehmen sie aber nicht tatenlos hin, sondern ergreifen tapfer die Initiative.

Es ist die große Stunde der kleinen Flickschuster: Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat schon eine neue Idee. Mit 1000 „Aufstiegsstipendien“ will sie ein neues Faß aufmachen für noch eine Reform. Das ist offenbar wieder so etwas wie die „Exzellenz-Offensive“ für Spitzen-Unis (Effekt: siehe oben).

Selbstredend löst das keines der mit viel Einsatz von den Bildungspolitiker herbeireformierten Probleme. Muß es ja auch gar nicht. Der Sinn solcher Programme liegt darin, daß Politiker regelmäßig mit ihren medienwirksam aufgelegten „Projekten“ glänzen und damit ihre Kompetenz und Einsatzfreude unter Beweis stellen können.

Eine Aussage wie „Wir haben das geschundene deutsche Hochschulwesen in Teilen zurückgeführt auf den Pfad seiner erfolg­reichen Traditionen“ wäre im Wahlkampf doch wirklich nur ein Gähnen wert. Wie funkelnd strahlt dagegen der Slogan: „Wir haben das Aufstiegsstipendium geschaffen!“


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