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09.08.08 / Blitze waren das kleinere Übel / Von Menschen erbaut, von Menschen gefährdet: St. Jacobi in Allenstein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-08 vom 09. August 2008

Blitze waren das kleinere Übel
Von Menschen erbaut, von Menschen gefährdet: St. Jacobi in Allenstein

Die dem Heiligen Jakob dem Älteren geweihte Pfarrkirche wurde zur Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert im gotischen Stil errichtet. Sie gehört zu den größten und schönsten Hallenkirchen im Ermland. Der Nord-Ost-Giebel ist neuesten dendrochronologischen Untersuchungen zufolge kurz nach 1429 errichtet worden. Anfangs besaß die Kirche einen hölzernen Glockenturm. Er wurde zwischen 1582 und 1596 durch einen massiven, fünf Stock­werke hohen Turm ersetzt. Die neugotische Laterne ersetzte die welsche Haube zwischen 1866 und 1868 im Zuge einer gründlichen Restaurierung und Regotisierung der Kirche, die vom Architekten Nöring nach Anweisungen von Ferdinand Quast und Friedrich August Stüler durchgeführt wurde. In der Innenausstattung verlor die Kirche damals zahlreiche Andenken, die für die jahrhundertelangen Verbindungen des Ermlands mit Polen sprachen. Die Säuberung des Innenraumes von Barockelementen regte der Rheinländer Balthasar Joseph Ost (1827–1915), Eigentümer der Adler-Apotheke (1856–1885), an. Dieser verdiente Ratsherr und städtische Ratsvorsitzende sowie Landtagsabgeordnete initiierte und beaufsichtigte auch den Bau des Marienhospitals. Künstlerisch begabt, hinterließ der Anhänger der Neugotik auch ein wahrscheinlich verschollenes Buch über die Restaurierung der Kirche, veröffentlicht in Braunsberg 1871.

Blitze, die in den Turm von Zeit zu Zeit einschlugen, gefährdeten die Kirche in geringerem Maße als die Aktivitäten des Menschen. Dem Inneren der Kirche wurde schon Anfang des 19. Jahrhunderts großer Schaden zugefügt. Im Winter 1807 schlossen Franzosen nach der Schlacht bei Preußisch Eylau darin etwa 1500 russische und preußische Gefangene ein, und das bei einer damaligen Gesamteinwohnerzahl der Stadt von rund 2000. Um Wärme zu erzeugen, verfeuerten die Gefangenen fast alle hölzernen Bänke und sonstigen Gegenstände. Von der Hitze barsten damals die Fußböden und der Putz. Beschädigt wurden des weiteren Fenster, Glasmalerei und Altäre. Ein weiterer Brand fand zirka 100 Jahre später statt. Im November 1896 brannte der Hauptaltar mit unschätzbaren flämischen Malereien ab, die etwas früher aus der St.-Anna-Kapelle des Schlosses umgelagert worden waren. 1945 ist es dem Pfarrer der St.-Jacobi-Gemeinde Johannes Hanowski (1873–1968) gelungen, das Gotteshaus vor Raub und Vernichtung zu retten. Bis heute erfreuen die prachtvollen gotischen Gewölbe aus dem 16. Jahrhundert sowie recht zahlreiche historische Gegenstände das Auge des Besuchers. Der zu Beginn die Kirche umringende Friedhof wurde erst 1858 geschlossen.

Das vor der Kirche in der Karl-Straße 6 stehende kleine Haus lehnt sich mit der Seitenwand an die Stadtmauer. Etwas weiter ist ein höheres Dach zu sehen, das dem Rosenkranzstift gehörte, einem Barockbau, der an der Nordwand der Kirche situiert war. Errichtet 1688 besteht dieses Haus in Allenstein als einziges aus jener Eppoche. R. Betkowski

Foto: St. Jacobi: Eine der größten und schönsten Hallenkirchen im Ermland.


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