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09.08.08 / Wo schon Goethe übernachtet hat / Erlebnisse auf einer »Kultour« durch den Hochschwarzwald

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-08 vom 09. August 2008

Wo schon Goethe übernachtet hat
Erlebnisse auf einer »Kultour« durch den Hochschwarzwald
von Uta Buhr

Es lächelt der See, er ladet zum Bade“, deklamiert die gestandene Berlinerin und stürzt sich in die glasklaren Fluten des Titisees. Mit einer Fläche von lediglich 1,1 Quadratkilometern ist er zwar nicht der größte, aber mit Abstand schönste See im ganzen Schwarzwald. Das behaupten zumindest die Anrainer, die den nahen fünfmal so großen Schluchsee zwar auch nicht schlecht finden. „Aber er ist halt nur ein Stausee“, sagen sie, und lange nicht so geheimnisvoll wie ihr „lacus“, der seinen Namen dem römischen Kaiser Titus Flavius Vespasianus verdankt. Der soll im ersten nachchristlichen Jahrhundert hier vorbeigeschaut und den See atemberaubend gefunden haben. Ob der Eroberer Jerusalems wirklich einmal vor Ort war, ist zwar historisch keineswegs belegt, aber eine hübsche Legende, die sich auch touristisch gut vermarkten läßt.

Genauso wie jene von der reichen Stadt, die einst vom See verschlungen wurde, weil die Bewohner in frevelhaftem Übermut Brote aushöhlten und als Schuhe benutzten. In mondhellen Nächten soll man noch das Glockengeläute aus der Tiefe vernehmen können.

Gemächlich gleitet unser Boot über das Wasser, in dem sich die dunklen Tannen am Ufer widerspiegeln. Eine mit fröhlichen Urlaubern beladene römische Galeere dümpelt am Landesteg. „Gott sei Dank, daß wir den See befahren und bebaden dürfen“, lacht Volker Haselbacher von der Feldberg Touristik. Vor ein paar Jahren entdeckten ein paar Umweltfreaks das seltene Brachsenkraut im Wasser und wollten deshalb den See für jeglichen Verkehr sperren. „Reines Unkraut, zu nichts nutze. Doch der gesunde Menschenverstand setzte sich schließlich durch. Der Titisee ist eine der Hauptattraktionen im Hochschwarzwald, den unsere Gäste gern nutzen.“

Auch der Feldberg, die mit 1492 Metern höchste Erhebung der Region, lockt sommers und winters Schwärme von Touristen aus aller Welt an. Heute liegt der Gipfel in strahlendem Sonnenschein, der auch die umliegenden Täler in goldenes Licht taucht.

Eine Gondel nach der anderen schwebt herauf und entläßt die Besucher vor dem wuchtigen, aus rohem Stein errichteten Bismarck-Denkmal.

Der Panoramablick von hier aus ist grandios. Der Montblanc und die über 4000 Meter hohe Jungfrau in den Berner Alpen scheinen zum Greifen nah.

Nicht nur die zahlreichen Vier-Sterne-Hotels, sondern auch Familienpensionen und gemütliche Gaststätten warten mit regionalen Köstlichkeiten auf.

„Unsere badische Küche zusammen mit Weinen vom nahen Kaiserstuhl wird besonders von Franzosen geschätzt. Die kommen einfach über die Grenze. Straßburg und Colmar liegen ja direkt vor unserer Haustür“, sagt Claudia Herchen aus Hinterzarten stolz und weist darauf hin, daß man – bitte sehr – die Badener niemals mit den Schwaben verwechseln soll, wie Norddeutsche dies aus schierer Unkenntnis häufig tun. Die schwäbischen Häuslebauer aus Stuttgart und Umgebung haben mit den Genußmenschen aus dem Badischen herzlich wenig zu tun.

Wer einmal in der Region weilt, sollte eine Rast beim „Kräuterpapst“ Josef Fehrenbach in Hinterzarten mit einplanen. In seinem behaglichen Restaurant „Zur Esche“ werden sogar Kräutercock-tails serviert, die ebenso wohlschmeckend wie gesund sind. Fehrenbachs mit den Kräutern aus seinem „Paradiesgärtchen“ hinter dem Haus angerichtete Speisen – Fisch aus dem See und Wild aus den umliegenden Wäldern – zergehen auf der Zunge. Der erste Michelin-Stern dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Hinterzarten ist ein Paradies für Feinschmecker mit langer Tradition. Da ist das „Parkhotel Adler“, eine Luxusherberge vom Allerfeinsten, die bereits 1446 gegründet wurde und sich auch heute noch im Familienbesitz befindet. „Marie Antoinette, die spätere Königin von Frankreich und Gattin Ludwigs XVI., hat hier auch schon gespeist und übernachtet“, berichtet eine Angestellte. Anfang Mai des Jahres 1770 reiste sie mit einem Convoi festlich geschmück-ter Kutschen durch das von massiven Felswänden eingerahmte Höllental nach Paris.

Eine Fahrt mit der Höllentalbahn durch die enge Schlucht ist auch heute noch ein Erlebnis. An der schmalsten Stelle steht der „bronzene Hirsch“, der sich der Legende nach in grauer Vorzeit durch einen kühnen Sprung vor seinen Verfolgern in Sicherheit gebracht haben soll. Andere berichten von einem edlen Roß mit einer Prinzessin auf dem Rücken. „Gleichwohl“, lacht Claudia Herchen, „heute heißt es: Wir steigen in die Höllentalbahn in Titisee-Neustadt, passieren den Roßsprung und steigen aus im Himmelreich.“ So wurde der kleine Ort am Ende der Schlucht von den Altvorderen genannt, die froh waren, aus dem „Schreckenstal“ heraus zu sein. Doch zurück nach Hinterzarten, dessen berühmtes Skistadion nicht nur im Winter viele Sportler anlockt. In der warmen Jahreszeit ist es mit grünen Planen belegt. Hier trainieren hochrangige Skifexe und begabte Skizwerge. Anneliese Weber, eine temperamentvolle ältere Dame, die auch heute noch vielen jungen Leuten auf ihren Carvern etwas vormacht, wacht über das mit einer Fülle interessanter Exponate ausgestattete Skimuseum im Alten Hugenhof.

Eine Sektion ist dem „Skiwunder“ Georg Thoma gewidmet. Der jetzt 70jährige wuchs hier auf und brachte es vom Hütejungen zum Olympiasieger in der Skikombination während der olympischen Winterspiele 1960 im kalifornischen Squaw Valley.

Auf einer mit zwei kräftigen Schwarzwäldern bespannten Kutsche geht es über Stock und Stein, durch Wald und Feld. Ein biologischer Lehrpfad demonstriert anschaulich in gläsernen Kästen, was im Wald kreucht und fleucht. 

Für den Weg zur romantischen Ravenna-Schlucht mit ihrem 15 Meter hohen Wasserfall benötigt der Wanderer festes Schuhzeug. Höhenangst sollte man auch nicht haben, da der Pfad über Brücken und schmale Holzstege sich hart am Felsen entlang zieht. Am Ende der Wanderung wartet die Großjockenmühle, die jeden Sonntag bis in den Oktober hinein mit Wasserkraft betrieben wird. Eine Einkehr im urigen „Ravennakeller“ gehört zum Pflichtprogramm. Denn hier übernachtete bereits Dichterfürst Goethe. Ob er sich angesichts der sprühenden Gischt des Wasserfalles zu seinem berühmten „Zauberlehrling“ hat inspirieren lassen?

„Möglich wäre es“, sinniert unser Wanderführer und deklamiert die verhängnisvollen Zeilen: „Walle, walle manche Strecke, daß zum Zwecke Wasser fließe …“, während wir auf dem Heimweg über Bächlein und Rinnsale springen.

Foto: Kochkünstler im Schwarzwald: „Kräuterpapst“ Josef Fehrenbach aus Hinterzarten


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