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23.08.08 / Weißrußland vor dem Ausverkauf? / Alexander Lukaschenko will wiedergewählt werden, doch Wahlgeschenke kosten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Weißrußland vor dem Ausverkauf?
Alexander Lukaschenko will wiedergewählt werden, doch Wahlgeschenke kosten
von M. Rosenthal-Kappi

Der „letzte Diktator Europas“, Alexander Lukaschenko, braucht neue Partner. Mit der Verteuerung des Gaspreises von 49 US-Dollar pro tausend Kubikmeter Gas auf 100 Dollar im Jahre 2007 verlor Weißrußland einen lukrativen Wirtschaftszweig, der darin bestand, günstig erhaltene Energie zu Weltmarktpreisen weiter zu veräußern. Das weite, dünnbesiedelte Land, in dem 9,7 Millionen Menschen leben, die sich im wesentlichen auf etwa ein Dutzend Großstädte verteilen, sucht nach Alternativen zur Belebung seiner Wirtschaft. Neben dem Anbau von Kartoffeln sind Viehzucht, Textilindustrie und Holzwirtschaft wichtige Branchen, wobei sich Industrie und Landwirtschaft größtenteils in Staatshand befinden. Weißrußland ist ein wichtiges Transitland für Erdöl- und Gaslieferungen zwischen Mitteleuropa und Rußland. Einhergehend mit der Bevorzugung durch die Russen stieg jedoch auch die Abhängigkeit Weißrußlands vom Kreml. Lukaschenko garantierte einerseits seinen Bürgern die Aufrechterhaltung des vorbildlichen Sozialsystems, andererseits wuchs für dessen Finanzierung das Defizit beständig. Weißrußland sah sich gezwungen, dem Verkauf des landeseigenen Gasleitungssystems Beltrans an Gazprom zu 50 Prozent zuzustimmen. Die Mehrbelastungen für die weißrussische Wirtschaft durch verteuerte Energieimporte führten zu einem Handelsdefizit und zur Staatsverschuldung, zu dessen Finanzierung die weißrussische Führung Kreditgeber suchte und sie ausgerechnet im Kreml fand. Rußland ist der wichtigste Exportmarkt für Weißrußland. Der Kreml verfolgt seit Jahren das Ziel, eine russisch-weißrussische Union mit einheitlicher Währung unter Leitung des Kreml herbeizuführen. Lukaschenko sucht nun Auswege aus der Abhängigkeit und stellte ein ehrgeiziges Privatisierungsprogramm auf. Bis 2009 will sich der Staat von 200 Produktionsstätten trennen. Schon in diesem Jahr begann der Ausverkauf wichtiger Staatsbetriebe wie des weißrussischen Mobilfunkanbieters BeST an den türkischen Telekommunikationskonzern Türk-all. Die deutsche Commerzbank plant die Übernahme des fünftgrößten Bankhauses Belinvestbank. Die weißrussische Regierung bemüht sich um ein besseres Investitionsklima, vereinfachte die Grundstückvergabe sowie die Registrierung und Lizensierung von Unternehmen. Gleichzeitig mit dieser Öffnung beschloß der weißrussische Ministerrat, das Pressegesetz zu verschärfen. Wohl um Kritik am Regierungsprogramm zu unterbinden, denn derselbe Präsident Lukaschenko, der heute den Ausverkauf seines Landes vorantreibt, trat Anfang der 90er an, die Privatisierung staatlicher Betriebe zu verhindern, angeblich um Oligarchen wie in Rußland keinen Anreiz zu bieten.

Am 28. September finden in Weißrußland Parlamentswahlen statt. Lukaschenko will sein Image als „letzter Diktator Europas“ und Wahlfälscher los werden. Was also tun? Zunächst setzte er politische Häftlinge auf freien Fuß, um ein Signal des guten Willens Richtung Westen zu senden. Der prominenteste politische Häftling, Alexander Kosulin, hatte es im Jahre 2006 gewagt, als Präsidentschaftskandidat gegen Alexander Lukaschenko anzutreten, wofür er, unter einem Vorwand angeklagt, zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Proteste aus der EU und den USA halfen nichts.

Künftig sind alle Medien zu einer Neuregistrierung verpflichtet, sie unterstehen neben dem Informationsministerium der Staatsanwaltschaft und lokalen Behörden. Ziel dieser Maßnahme ist, das Internet unter Kontrolle zu bringen, wohin sich bislang staatskritische Printmedien vor dem Verbot durch die Behörden retten konnten.

Auch ausländischen Journalisten soll die Arbeit erschwert werden. Sie dürfen nur mit vorheriger Genehmigung des belarussischen Innenministeriums tätig werden.

Es ist nicht das erste Mal, daß Lukaschenko vor einer Wahl die Rechte der Presse einschränkt. 2004 mußten 160 Printmedien ihren Betrieb einstellen, vor zwei Jahren verbot die Regierung die einzige unabhängige Zeitung „Narodnaja Wolja“ (Volkswille).

Die Opposition ist auch diesmal Repressalien ausgesetzt. Ein kompliziertes Registrierungsverfahren, ein Werbeverbot sowie Arbeitsverträge als Druckmittel der Staatsbetriebe werden eingesetzt, um die Opposition in Schach zu halten.

Eine Vorgehensweise, die für eine Imageverbesserung kontraproduktiv sein dürfte!


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