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23.08.08 / Berlin im Licht / Das Märkische Museum zeigt die Bedeutung von künstlicher Beleuchtung im Stadtbild

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-08 vom 23. August 2008

Berlin im Licht
Das Märkische Museum zeigt die Bedeutung von künstlicher Beleuchtung im Stadtbild
von Silke Osman

Begeisterte Ausrufe wie Aah und Ooh sollen gefallen sein, als anläßlich der ersten Hamburger Cruise Days (Kreuzfahrttage) wichtige Gebäude der Hansestadt in einem maritimen Blau erstrahlten. Der Lichtkünstler Michael Batz hatte unzählige Scheinwerfer so ausgerichtet, daß besondere Details der Architektur hervortraten, die bei Tageslicht sonst kaum aufgefallen wären. Schon 1999 hatte Batz die Speicherstadt illuminiert und damit nicht nur Touristen begeistert. Während der Fußball-WM 2006 illuminierte er den Berliner Reichstag und stellte sogenannte  Blue Goals (blau leuchtende Fußballtore) auf Hamburger Dächern auf.

So neu ist die leuchtende Idee allerdings nicht. Schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden überall in Europa sogenannte Lichtfeste gefeiert. In Frankfurt am Main beleuchtete man 1926 rund 1800 Schaufenster mit elektrischem Licht, 19 Gebäude wurden mit Flutlicht bestrahlt und einzelne Kioske mit besonderen Lichteffekten hervorgehoben. Im selben Jahr fand in Köln die internationale Presseausstellung, „Pressa“ statt, die ebenfalls durch üppige Ausleuchtungen in der Stadt auf sich aufmerksam machte.

Höhepunkt aber war zweifellos das Lichtfest „Berlin im Licht“, das vom 13. bis 16. Oktober 1928 gefeiert wurde. Künstler, Architekten und Geschäftsleute arbeiteten Hand in Hand, um „das abendliche Stadtbild der Großstadt Berlin in seiner Lichtwirkung so zu verschönern, daß das Herz Europas auch in dieser abendlichen Gestaltung nicht nur mit anderen Weltstädten mit Recht wetteifern kann, sondern diese nach Möglichkeit übertrifft“. Während Kaufhäuser besondere Lichtreklame installierten, gab es auch Lichtskulpturen, die keinen kommerziellen Zweck erfüllten, so ein 22 Meter hoher Turm auf der Siegesallee oder ein Lichtbaldachin aus Glühbirnen, der über die Friedrichstraße gespannt worden war.

Die Beleuchtung der großen Stadt beschäftigte nicht nur Architekten und Städteplaner, auch für Künstler war dies ein Thema. So komponierte und textete Kurt Weill (angeblich mit der Hilfe von Bertolt Brecht) ein Lied mit dem Titel „Berlin im Licht“: „Und zum Spazierengehn genügt das Sonnenlicht / Doch um die Stadt Berlin zu sehn, genügt die Sonne nicht / Das ist kein lauschiges Plätzchen, ist ‘ne ziemliche Stadt / damit man da alles gut sehen kann, da braucht man schon einige Watt.“

Der Kunstkritiker Max Osborn, Redakteur bei der „Vossischen Zeitung“, lobte Berlins Aufstieg zur Weltstadt. Doch nicht alle waren begeistert, hin und wieder gab es auch offene Kritik. So las man in der „Welt am Abend“: „Wie wollen die Veranstalter der Lichtwoche, wie will der Magistrat die Vergeudung von sicher nicht geringen Mitteln gegenüber den Armen, Obdach- und Wohnungslosen rechtfertigen? … Gibt es in Berlin keine finsteren Straßen und Plätze, die schon seit langem auf eine ärmliche Gasfunzel warten, die man aber bisher versagt hat, weil angeblich kein Geld für ausreichende Straßenbeleuchtung vorhanden ist?“

Eine Ausstellung des Stadtmuseums Berlin im Märkischen Museum widmet sich derzeit unter dem Titel „Berlin im Licht“ der künstlichen Beleuchtung in der Hauptstadt. Dieser spektakuläre Streifzug durch Berlins Kulturgeschichte bezieht sich im Titel auf eben die Lichtwoche von 1928, die Berlin als Stadt des Lichts und des Fortschritts zeigte. Mit Bezügen zur Vorgeschichte der Beleuchtung, der Einführung der ersten öffentlichen Beleuchtung durch den Großen Kurfürsten 1680, der ersten industriellen Beleuchtung – der Gasbeleuchtung –, der städtischen Elektrifizierung bis hin zu aktuellen optischen Technologien am Innovationsstandort Berlin zeichnet die Ausstellung ein breit angelegtes kultur- und zeithistorisches Berlin-Panorama. Lichtkunst-Installationen internationaler Künstler feiern die Jubiläumsarchitektur. Ein umfangreiches Rahmenprogramm begleitet darüber hinaus dieses Berlin-Panorama eigener Art.

 „Mit großstädtischem Glanz schmückte sich Berlin ab 1826 durch die Beleuchtung ausgewählter Straßen und Flaniermeilen mittels Gas“, erläutert Ewa Gossart von der Stiftung Stadtmuseum Berlin die Entwicklung der Beleuchtung in der wachsenden Stadt, „binnen kurzem führten große Hotels, öffentliche Gebäude, dann private Haushalte und schließlich gewerbliche Unternehmen die Gas-Innenbeleuchtung ein.

1866 entdeckte Werner Siemens das dynamoelektrische Prinzip. 1879 erhellten Bogenlampen der Firma Siemens & Halske eine 128 Meter lange Einkaufspassage, die Kaisergalerie zwischen Unter den Linden, Friedrich- und Behrensstraße. Bald beleuchteten Bogenlampen öffentliche Straßen und Plätze, aber auch Werkhallen und große Räume.

Im Kampf um die Vorreiterstellung zwischen Gas und der anfangs erheblich kostspieligeren Elektrizität sollte Peter Behrens als Künstlerischer Beirat der AEG eine entscheidende Rolle spielen.

Für kleinere Räume und den Privatgebrauch war das Bogenlicht zu grell, daher wandte sich die Forschung der Elektrounternehmen verstärkt der Glühlampe zu“, so Ewa Gossart.

Berlins Bild einer pulsierenden Großstadt wurde nicht zuletzt auch durch den Einsatz des künstlichen Lichts geprägt. Das Leben der Menschen änderte sich durch diese Erfindung, da die Nacht zum Tag wurde und man rund um die Uhr aktiv sein konnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund war es wichtig, die kommerziellen Gebäude in den Städten und somit nicht nur in Berlin entsprechend ansprechend zu beleuchten. Ein spektakuläres Beispiel ist das Kaufhaus Rudolf Petersdorff in Breslau, für das der aus Ostpreußen stammende Architekt Erich Mendelsohn eine Fassade schuf, die „wie ein glühender Vorhang vom Himmel herabhing“ (Mendelsohn). Heute mag uns das selbstverständlich erscheinen. 1928 aber, im Jahr der Entstehung, war eine solche Schöpfung aufregend. Licht selbst war zum Baustoff geworden.

Licht diente nicht zuletzt aber auch Propagandazwecken, man denke nur an den Lichtdom des Albert Speer aus Anlaß der Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Auch im Kalten Krieg spielte Licht eine Rolle. „Während der Kurfürstendamm durch den Einsatz elektrischer Straßenlampen mit modernsten Leuchtstoffröhren und den allgegenwärtigen Leuchtschriften als ,Schaufenster des Westens‘ fungierte, wurde im Ostteil die Stalinallee unter formalem Rekurs auf historische Beleuchtungskörper als ,erste sozialistische Straße auf deutschem Boden‘ inszeniert“, so Gossart. „Ein Kapitel für sich stellte die grelle Beleuchtung des immer weiter perfektionierten Todesstreifens durch die DDR-Organe dar.“

Die Ausstellung „Berlin im Licht“ ist im Märkischen Museum / Stadtmuseum Berlin, Am Köllnischen Park 5, 10179 Berlin Dienstag bis Donnerstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch von 12 bis 20 Uhr, Freitag und Sonnabend von 14 bis 22 Uhr  zu sehen, Eintritt 6 / 3 Euro, bis 1. Februar 2009.

Foto: Lichtwoche 1928 in Berlin: der Osramturm auf der Siegesallee


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