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30.08.08 / »Vernichtet die Rebellen!« / Der Glaubenskrieg auf den Philippinen eskaliert weiter – Regierung will hart durchgreifen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

»Vernichtet die Rebellen!«
Der Glaubenskrieg auf den Philippinen eskaliert weiter – Regierung will hart durchgreifen
von Joachim Feyerabend

Mohagher Iqbal ist Chef-Unterhändler, genauer das Sprachrohr der radikalen islamistischen Organisation Moro Liberation Front (MLF) aus den autonomen Gebieten der südlichen Philippinen. Er ist aber auch ein düsterer und bildhafter Mahner: Seine jüngste Botschaft nach den turbulenten Aufständen der letzten Wochen ist für die Regierung von Präsidentin Gloria Arroyo in Manila ein Fanal: „Wenn ihr das durchzieht, gleicht es dem Öffnen einer Büchse voller Würmer!“

Der Emissär meint damit, daß die Situation noch weiter eskaliert und in einen regelrechten Bürgerkrieg ausartet. Basis ist die Ablehnung eines Regierungsdekrets durch den Obersten Gerichtshof des fernöstlichen Inselstaates, wonach den muslimischen Zonen und der Moro National Liberation Front (MNLF), dem liberaleren Ableger der MLF, die volle administrative und ökonomische Gewalt sowie die Aufstellung einer eigenen Polizeitruppe zur Befriedung der ständigen Unruhen auf der Insel Mindanao und in der Sulusee (Basilan, Tawi-Tawi und Jolo) zugebilligt und übertragen werden sollte. Die Richter lehnten das als nicht verfassungskonform ab.

Nun will Präsidentin „Ate Glo“ – Schwester Glo, wie sie im Volk genannt wird – den umstrittenen Erlaß ganz streichen, vor allem, seit die Rebellen im Juli 15 Dörfer besetzt und in Lanao del Norte 32 Zivilisten und Sicherheitsbeamte erschossen hatten. Gegenwärtig stehen sich im Süden 6000 Regierungssoldaten und 3000 Guerillas gegenüber und die Präsidentin weist jede weitere Verhandlung mit Bewaffneten ab.

Auch zu den 31 Rebellen, die sich inzwischen unterworfen haben und vor Gericht sollen, hat Mohagher Iqbal eine eigene Meinung. Es müsse erst geklärt werden, ob die getöteten Zivilisten nicht verkappte, freiwillige Krieger einer christlichen Gegenbewegung gewesen seien. Immerhin hätten die regulären Soldaten seit 1970 auch viele unschuldige Zivilpersonen der sogenannten „Moros“ getötet. Das sei schlicht als „Staats-Terrorismus“ zu titulieren.

Auf einen dauerhaften Erfolg der Zentralregierung ist kaum zu hoffen: Zwei der Rebellen-Kommandanten, Ameril Umbra Kato und Abdullah Macapaar, faßten die Zukunftsaussichten denn auch bereits in Worte: „Wir werden uns niemals unterwerfen!“

Egal, wer in den letzten Jahrzehnten Staatsoberhaupt der 7000 Inseln und 80 Millionen Einwohner zählenden Philippinen war, es war stets das selbe, nach mehreren Verhandlungsmarathons, Schlichtungen und Friedensschlüssen sowie immer weiteren Zugeständnissen loderte der alte Streit wieder auf. Rebellengruppen wie Abu Sayyaf zogen mordend, brandschatzend oder als Kidnapper durchs Land und predigten den Dschihad, den heiligen Krieg. Und natürlich ging es dabei nicht nur um die Gründung eines islamischen Gottesstaates, sondern auch um Geld. Die verarmte Bevölkerung, die sich zudem von katholischen Neusiedlern aus der übervölkerten Hauptinsel Luzon bedrängt fühlt, lief den Untergrundbanditen scharenweise zu. Da wurden sie wenigstens mit gutem Geld bezahlt, das zum Teil durch verdeckte Zuschüsse aus Libyen und anderen arabischen Staaten stammte.

Eine Minderheit terrorisiert so die Mehrheit: Denn es bekennen sich gerade einmal fünf Prozent der malayisch-stämmigen Bevölkerung zum Koran, rund 80 Prozent sind römisch-katholisch. 

Die Siedlungsgebiete der stolzen Bewohner im äußersten Süden, vor allem auf den Inselgruppen der Sulusee, konnten die Spanier ohnehin niemals voll in Besitz nehmen. Deren letzte südliche Bastion war die Hafenstadt Zamboanga mit dem von Jesuiten 1635 erbauten Fort Pilar. Seit etwa 1870 kam es dann regelmäßig zu heftigen Aufständen gegen die spanische Krone. Auch der kommunistische Untergrund mit seinem bewaffneten Arm, der „National Peoples Army“ (NPA), schaffte immer wieder neue Probleme. Seit 1960 wurden rund 150000 Menschen bei Massakern getötet. Selbst bis in den Senat von Manila drangen sie vor und erschossen vor den Augen des Wachpersonals einen für den Süden zuständigen Ratsherrn. Die Moros beherbergten zudem die Attentäter des World Trade Center und planten 1994, den Papst während seines Manilabesuchs in die Luft zu jagen. Solche Vorfälle machen die internationale Vernetzung des Terrorismus deutlich, und Bin Ladens Schwager steuerte dabei zeitweise die Finanzen von Al-Kaida von Manila aus.

Es steht außer Zweifel, daß die westliche Welt das Gefahrenpotential der immer mehr von radikalen Strömungen unterwanderten rund 300 Millionen Muslime in Südostasien mit Schwerpunkt Indonesien noch immer nicht richtig zur Kenntnis nimmt. Lediglich, wenn wie bei der deutschen, von den Sulu-Rebellen gekidnappten Familie Wallert oder dem Bombenattentat auf Bali nationale Bezüge entstehen, gibt es ein paar Schlagzeilen, und danach herrscht wieder das große Schweigen – bis zum nächsten Mal.

Foto: Auf dem Weg in den Kampf: Soldaten der philippinischen Armee sollen die Rebellen zurückdrängen.


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