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30.08.08 / Hermann Scheer oder die erneuerbaren Phrasen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

»Moment mal!«
Hermann Scheer oder die erneuerbaren Phrasen
von Klaus Rainer Röhl

Hermann Scheer, SPD, ist Wirtschafts- und Umweltminister im Phantasie-Kabinett von Andrea Ypsilanti. Alternativer Nobelpreisträger. Moment mal. Da war doch noch was. War der nicht 1974 Vorsitzender der Jusos? Oder wenigstens Stellvertreter? Richtig. Alle anderen Altersgenossen aus der Jusozeit wurden was. Kanzlerkandidat oder mindestens Minister. Hermann Scheer wurde nicht Minister, blieb bescheiden im Hintergrund und grünte im Stillen, diente seiner Partei als Energie-Experte. Nun stünde er der Genossin Ypsilanti zur Verfügung, die er sehr schätzt. Wirtschafts- und Umweltminister könnte er werden. Wäre da nicht der Vorsitzende der hessischen Grünen namens Tarek Al-Wazir. Aber – Hand aufs Herz: Zählen die Grünen überhaupt noch? Die Umweltschützer in der SPD haben sie ja im rasenden Galopp überholt wie der Wunderläufer aus Jamaika seine Kollegen. Geht das überhaupt ohne Doping? Es geht. Mit ideologischen Adrenalinspritzen. Erneuerbare Energien plus Zukunftstechnologien plus Sozialismus. So haben Gabriel und Scheer den altgrünen Opa Trittin und Oma Künast längst überholt. Sie stehen nun an der Spitze der Bewegung. Windenergie, Solar-Strom und Energie-Sparen. Das war es, das wird es.

Scheer ist bei der Aussicht auf das Ministeramt in Hessen nun ganz ausgerastet: Weder Kernenergie noch Kohlekraftwerke seien für die Zukunft nötig. Nur noch „Solarstrom“. Wie macht man das? Indem man eine Euro-Solar AG gründet und ihr Präsident wird. Das schafft, behauptet der alternative Nobelpreisträger und Minister, auch mehr Arbeitsplätze. Durch Investitionen in  Zukunftstechnologien.

Was ist eine Zukunftstechnologie? Kernkraft-Technologie würden wir denken, bei uns hervorragend entwickelt und in der ganzen Welt hoch geschätzt und angesehen. War natürlich nur ein Scherz. In Deutschland doch nicht. Der Schnelle Brüter darf nicht einmal ins Ausland verkauft werden. Die Magnetschwebebahn wurde kaputtgeredet, so daß sogar den Chinesen Bedenken kamen. Die bestehenden Atomkraftwerke, die an sich saubersten Energieerzeuger, will Gabriel abschalten. Indem er die weitere Erforschung der Entsorgung blockiert. Seht ihr, kann er dann sagen, wir haben ja nicht einmal ein Konzept für die Entsorgung. Was nach 2009 kommt, weiß nur der Wind. Und die Sonne, die bei uns selten scheint. Während in fast allen Ländern der übrigen Welt, Frankreich und China an der Spitze, Jahr für Jahr viele neue, sicherere Kernkraftwerke gebaut werden. So läuft es am Ende doch wieder darauf hinaus, daß der Strom in Deutschland aus der Steckdose kommt, eingespeist in Frankreich oder Spanien. Oder – sogar in der Ukraine? Auch Tschernobyl liefert schließlich saubere Energie ans Netz. Von „Solarstrom“ nicht zu unterscheiden. Man kann dem Strom bekanntlich nicht ansehen, woher er kommt.

Schön und gut, aber wie kommt die Butter auf das Brot? Der Hunger aus der Welt, das Salz aus dem Meer wieder raus, damit Trinkwasser für alle da ist? Wie kommt das Getreide wieder, nach 7000 Jahren, in die Sahara? Wie die Seuchen aus den immer riesiger werdenden Slums der Megastädte in der Dritten Welt? Durch den in unseren Breiten nicht zuverlässig verfügbaren, teuren Wind- oder Solarstrom? Dank Scheers Ideen könnten Windkraftanlagen bald sogar in Hessens Naturschutzgebiete gebaut werden, weil „sie in erheblichem Maße zum Landschaftsschutz beitrügen“. Aber Wind- und Solarstrom zählen nicht ernsthaft mit beim Energie-Mix. Die Hauptentlastung versprechen sich unsere selbsternannten Experten vom Stromsparen, also einer Art Nulldiät für die Verbraucher. Das beste Mittel gegen Stromverbrauch ist kein Verbrauch. Zwangssparen durch verteuerte Stromkosten. Wenn Energie nur genug verteuert wird, so heißt es, wird der Bürger damit endlich zum sparsamen Energieverbrauch erzogen. Die frühere Fraktionsvorsitzende der Grünen, Kerstin Müller, hat das einmal mit dankenswerter Offenheit ausgesprochen: „Wer nicht hören will, muß fühlen!“ Also: Überdimensionale Verteuerung der in Wirklichkeit (trotz aller Ölpreissteigerungen) immer noch billigen Energie soll die Lebensgewohnheiten der Gesellschaft verändern. Das geht durchaus ans Eingemachte, an das Privatleben. Der einzelne soll sich, nach einer gewissen Übergangsphase, endlich gesellschaftlich nützlich verhalten, die natürlichen (da haben wir das schöne alte Wort aus der Vergangenheit) Ressourcen schonen, und die Industrie soll nur noch gesellschaftlich notwendige und nützliche Waren produzieren. Aller vorsichtigen Bemäntelungen beraubt, heißt das nichts weiter als: Zwangswirtschaft, die von einer Art „Volksgemeinschaft“ gebilligt und auch kontrolliert wird. Jedermann sein eigener Kontrolleur, jeder Nachbar ein Spitzel. Wie zur Zeit Hitlers oder in der DDR bis zur Wende. Hast du immer noch keinen Kat mit Euro-Norm? Sparst du auch genug Energie? Vergeudest du nicht Strom? Das könnte aus dem Goebbels-Sprachschatz von 1941 stammen. „Vorsicht: Kohlenklau!“ hieß damals die Parole einer kriegsbedingten Mangelwirtschaft.

Aber die Gefahr geht nicht vom „Atomstrom“ aus. Die Gefahr geht vom Menschen aus. Ganz besonders von der Minderheit der Gutmenschen. Leuten, die alternative Nobelpreise verteilen und ihre Mitmenschen erziehen wollen.

Die gesamte Wirtschaft soll, jedenfalls nach dem Willen der immer grüner werdenden SPD, umgebaut werden – der neue, verschleiernde Ausdruck dafür heißt „Umsteuern“. Langfristig sollen diese Maßnahmen nicht nur die marktwirtschaftlich ausgerichtete Industrie aushebeln, sondern vor allem den Bürger, wovon schon Marx geträumt hatte, umerziehen. Er soll gefälligst nicht so egoistisch sein. Das geht natürlich nicht ohne Strafen und Verbote. Denn der Mensch ist schwach. Seine Verschwendungssucht reicht ja tief in die Vergangenheit: War es wirklich nötig, daß unsere Vorfahren, die Cro-Magnon-Menschen, schon vor 40000 Jahren ihre Höhlen so stark heizten, vielleicht sogar überheizten, wie es seit der Entdeckung des Feuers geschah? Und daß sie, die „natürlichen“ Ressourcen der Wälder überhaupt nicht schonend, das im Übermaß erlegte Wild auch noch brieten! War nicht der Fleischverbrauch damals schon viel zu hoch? Hätte es nicht ein schönes pflanzliches Vollwert-Müsli aus Dinkel auch getan? Die kaputten Zähne der ersten Menschen sind ja bekannt und in jedem besseren Museum zu besichtigen; die sahen grauenvoll aus! Selber schuld. Und die Artenvielfalt der Mammuts, der damaligen Fleischlieferanten – dahin.

Verbraucht deine Zahnbürste nicht viel zuviel Energie? Sind nicht bei ihrer Herstellung schon viel zuviel Strom und Rohstoffe verschwendet worden? Setze das Ganze fort für sämtliche Gebrauchsgegenstände: Mit Ausnahme von Geräten, die die Umweltbelastung und den Energieverbrauch messen! Überall ist Kontrollbedarf. In ganz Europa. Das ergibt natürlich auch neue Verwaltungsstellen und Verordnungen. Da sind sie, die Arbeitsplätze. Viele Fragen stellen sich heute neu und bedürfen einer Antwort durch den Bundesumweltschutzminister. Ist es überhaupt nötig, so viel Tiefkühlgemüse zu kaufen, wo doch von den Gefrierschränken viel zuviel Strom verbraucht wird? Ist es nötig, dauernd in einer warmen Wohnung zu sitzen? Ist es nötig, die Wäsche strahlend weiß oder überhaupt so oft zu waschen, die Klospülung nach jeder Benutzung zu drücken, weil dabei viel zuviel Wasser-Ressourcen verbraucht werden? Ist es überhaupt nötig, lieber Mitbürger, daß deine Hemden oder Blusen gebügelt sind? Dein Anzug nicht verknautscht ist, dein Brot und deine Gewürze haltbar, deine Tomaten und Apfelsinen besonders süß und schmackhaft sind? Müssen die Früchte und das Gemüse überhaupt das ganze Jahr verfügbar sein, wo es doch genug Rhabarber, Sauerampfer und die hochvitaminhaltige Brennessel im Überfluß gibt? Muß es immer vom Besten, vom Frischesten sein? Natürlich nicht.

Doch der Mensch ist bekanntlich schwach und genußsüchtig und lebt nicht gern vom Brot allein, deshalb müssen nicht nur das Leitungswasser und die Schadstoff-emission, die Ausbildungsplätze und die Fernseh-Programme, sondern auch die Bürger lückenlos kontrolliert werden. Verhaltensweisen und Bücher, die schon heute in alternativen Milieus verbreitet sind, geben eine kleine Vorahnung von dem ausgedehnten Blockwartsystem, das nötig wäre, um diese einschneidenden Maßnahmen im Sinne utopischer Tagträume durchzuführen – und aufrechtzuerhalten. Das schafft auch Arbeitsplätze. Kostet natürlich Geld.

Dazu kommen die Gelder, die der Bau der dringend benötigten weiteren 100000 Windräder und Sonnenkollektoren sowie ihre Durchsetzung bei der Bevölkerung durch immer mehr erneuerbare Phrasen verschlingt. Und die vielen neuen Gender-(Gleichstellungs)Beauftragten, die Solaranlagen-Azubis und die qualifizierten Umwelt-Kontrolleure für jeden Haushalt sind da noch gar nicht mitgerechnet, eine Hoffnung für den Arbeitsmarkt. Alles Phrasen.

Macht aber nuscht. Am Ende, im September 2009 ist Wahltag. Wahltag ist Zahltag. Und vielleicht wird die Große Koalition wieder abgewählt. Dann gibt es viel zu tun. Viel Schrott muß entsorgt werden.

Foto: Solaranlagen so weit das Auge reicht: Andrea Ypsilanti und Hermann Scheer vor einer Groß-Photovoltaik-Anlage


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