24.04.2024

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30.08.08 / Von Kant oder nicht?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-08 vom 30. August 2008

Von Kant oder nicht?
von Wolf Oschlies

Klops – heiß und heimisch“ ist der Werbeslogan einer neuen Königsberger Nachrichtenagentur, die im September 2007 von Studenten der hauptstädtischen Universität gegründet wurde. Ihr Signet ist Kant, wie er über einem Klops grübelt, und zu all dem paßt eine „heiße“ Nachricht, um die ein heißer Konflikt entbrannt ist.

Alles begann vor einiger Zeit in Pillau, wo ein Einwohner auf einer Müllhalde in den Ruinen des Ordensschlosses Lochstedt zwei vergilbte Blätter im Oktavformat fand, in deutscher Sprache und altdeutscher Schrift beschrieben. Der Finder übergab die Papiere an das lokale „Museum der Baltischen Flotte“, wo man sich daran erinnerte, daß am selben Ort 1998 ein Brief von Kant gefunden worden war. Museumsdirektor Aleksandr Finkow vermutete jetzt einen ähnlich sensationellen Fund: „Ich kann zwar nicht mit 100prozentiger Sicherheit sagen, daß dieses handschriftliche Papier von Kant stammt, aber erste Untersuchungen, vorgenommen von Schriftexperten der regionalen Behörde für Inneres, unterstützen stark diese These.“ Derselben Ansicht ist auch Lidija Dowydenko, Wissenschaftlerin am „Baltflot-Museum“, die sich lange damit herumplagte, die Blätter zu dechiffrieren und zu übersetzen. Was genau darin steht, konnte Museumsdirektor Finkow nur vage angeben: „Etwas über den Menschen und den Sternenhimmel, eben Kants Grundpostulate.“ Sollte der Fund Kants klassisches Credo enthalten: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je älter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“

„Tschepucha“ (Quatsch) wütete Igor Odinzow, Direktor des neuerbauten Königsberger Doms. Der vermutet hinter der ganzen Angelegenheit einen faulen Trick der „Seeoffiziere“, die wohl mit einer Sensation an alte Zeiten anknüpfen wollen, als Pillau noch abgesperrte „Sonderzone“ im „militärischen Sperrgebiet“ Königsberg war. „Warum haben die nicht gleich behauptet, sie hätten den Yeti entdeckt, den legendären Schneemenschen? Warum hat bislang niemand das Schriftstück gesehen. Wir haben eine Universität und ein Kant-Institut, die für eine Prüfung viel geeigneter wären. Sie den angeberischen Seeoffizieren anzuvertrauen, ist einfach Quatsch.“

Odinzow ist ein energischer Königsberger, dem man sich besser nicht in den Weg stellt, wenn es um Belange der Stadt geht. Sein jetziger Wutausbruch zeigte bereits Wirkung: Die „Musejschiki“ der „Baltflot“ haben bei deutschen Archiven angefragt und um Vergleichsmaterial gebeten. In Bälde sollen der gefundene Text bekannt gemacht und die Frage beantwortet werden, die Frau Dowydenko formulierte: „Gehört dieses Manuskript dem größten Einwohner unserer Stadt oder nicht?“


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