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06.09.08 / Warnungen ernst nehmen / Silberhorn: Es geht um die Stellung Rußlands in der Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-08 vom 06. September 2008

Warnungen ernst nehmen
Silberhorn: Es geht um die Stellung Rußlands in der Welt

Nach der Eskalation in Georgien wachsen die Sorgen vor einem neuen Ost-West-Konflikt. Der CSU-Außenpolitiker Thomas Silberhorn warnt im Gespräch mit Konrad Badenheuer vor einer weiteren Eskalation.

PAZ: Bekommen wir einen neuen Ost-West-Konflikt?

Silberhorn: Jedenfalls haben wir eine neue „Qualität“ der Ost-West-Beziehungen erreicht – leider im negativen Sinne. In der EU legen wir Wert darauf, gute Beziehungen zu allen unseren Nachbarn zu pflegen. Rußland teilt diese Maxime aber derzeit so nicht. Präsident Medwedew und namentlich Ministerpräsident Putin sind einem alten Denken verhaftet, indem sie an Rußland angrenzende Gebiete als ihre Einflußsphäre betrachten.

PAZ: Durch seinen Rohstoffreichtum ist Rußland heute wieder wohlhabend. Droht ein neuer Rüstungswettlauf?

Silberhorn: Das möchte ich nicht beschwören. Rüstungsfragen spielen aber in den momentanen Spannungen eine Rolle, weil Moskau sich auch seit geraumer Zeit gegen das amerikanische Raketenabwehrprogramm in Polen und Tschechien wendet. Ich halte die diesbezüglichen Vorhaltungen für einen Vorwand, weil dieses System erkennbar nur der Raketenabwehr aus dem Nahen Osten dient. Rußland profitiert selbst davon, und es gab weitreichende Angebote an Moskau, sich direkt daran zu beteiligen. Hier wird offenbar die alte russische Einkreisungsphobie wieder sichtbar.

PAZ: Welche Risiken sehen Sie für die Geschlossenheit der EU?

Silberhorn: Diese ist in der jetzigen Bewährungsprobe für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU unser höchstes Gut. Die EU muß klar benennen, daß sie einen Bruch des internationalen Rechts nicht hinnehmen kann und wird. Hier denke ich nicht nur an militärische Aktionen weit außerhalb der beiden Konfliktregionen Abchasien und Südossetien, sondern auch an die Vertreibung von Georgiern. Die EU muß auch die massenhafte Verteilung russischer Pässe in diesen Gebieten, die einen Vorwand für die Intervention geliefert hat, verurteilen. Man denke nur an die rund 30 Prozent russischen Staatsbürger in Estland und Lettland.

PAZ: Der russischen Anerkennung der beiden Provinzen ist kein Land der Welt gefolgt. Hat Moskau ein Eigentor geschossen?

Silberhorn: Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man daran denkt, daß auf dem Gipfel der asiatischen Schanghai-Gruppe kein einziges Land dieser Politik folgen wollte und in Finnland eine intensive Debatte über einen Nato-Beitritt begonnen hat. Die Haltung der asiatischen Länder bestätigt übrigens, daß es nicht um einen „Ost-West“-Konflikt geht, sondern um die Stellung Rußlands in der internationalen Gemeinschaft insgesamt. Moskau weiß, daß diese die beiden Konfliktprovinzen nicht anerkennen wird. Um so ernster sind die Warnungen Georgiens zu nehmen, daß Rußland diese Gebiete annektieren wolle.

 

Thomas Silberhorn ist außen- und sicherheitspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.


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