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13.09.08 / Stars aus der Retorte / Kopf-an-Kopf-Rennen im US-Wahlkampf: John McCain holt laut Umfragen gegenüber Barack Obama auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Stars aus der Retorte
Kopf-an-Kopf-Rennen im US-Wahlkampf: John McCain holt laut Umfragen gegenüber Barack Obama auf

PR-Strategen inszenieren den US-Wahlkampf und führen den beiden Bewerbern sogar die Feder. Diese werden einander dadurch immer ähnlicher.

„Dieser Wahlkampf wird wegen seiner zahlreichen Überraschungscoups in die amerikanischen Geschichtsbücher eingehen. Man könnte sagen, daß die Schauspieler in dieser großen Show ihr Bestes geben, um die Spannung bei Beobachtern und künftigen Wählern aufrechtzuerhalten.“ Diese Beurteilung des US-Wahlkampfes war in „Il Messaggero“, einer der größten Tageszeitungen Italiens, zu lesen. Selbst im vom medienwirksamen Silvio Berlusconi regierten Italien blickt man offenbar staunend über den Atlantik und erkennt, daß sich der aktuelle US-Wahlkampf noch weiter weg von der Politik hin zur perfekten Show bewegt hat.

Kritiker bemängeln, daß die beiden Kontrahenten John McCain und Barack Obama in ihrem Streben, breite Wählerschichten anzusprechen, offenbar nur noch auf ihre PR-Strategen hören und alles tun, um ihr Produkt-Portfolio abzurunden. Als der Republikaner John McCain merkte, daß der von Obama geforderte Wandel die Massen ansprach, entschied er sich, auch „Change“ auf seine Fahnen zu schreiben. „Wandel kommt aus Stärke. Aus einer Stärke, die John McCain im Gefängnis bekam“, hieß es demgemäß auch in dem Einführungsfilm vor dessen großer Rede auf dem republikanischen Parteitag in Minneapolis Anfang September. Mit viel Pathos wurde auf McCains fünf Jahre in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft angespielt, Jahre, in denen der Präsidentschaftskandidat anfing sein „Land zu lieben“. Diese Liebe habe ihm die Kraft zum Überleben gegeben. „Mein Land hat mich gerettet, und das vergesse ich Amerika nicht. Ich werde für es kämpfen, so lange ich lebe, das helfe Gott. Steht auf! Steht auf, und kämpft. Wir sind Amerikaner, und niemals geben wir auf.“

Direkt nach dieser Rede, in der plötzlich der Mann aus dem eben noch so verhaßten Establishment zum Unterdrückten stilisiert wurde, sausten die Utmfragewerte für seine Partei, die ja auch die Partei von US-Präsident George W. Bush ist, in die Höhe. 50 Prozent der Befragten sprachen sich plötzlich für den 72jährigen McCain aus und nur noch 46 Prozent für den lange zum Hoffnungsträger und Erlöser hochgeredeten Barack Obama. Dieser mußte zum zweiten Mal mit ansehen, wie die PR-Strategen der Republikaner ihm eines seiner Aushängeschilder wegschnappten. Hatte er über Monate als Angehöriger der schwarzen Minderheit den Joker eines Unterdrückten ausspielen können, so war es nun McCain, der auf dieser Schiene weiterfuhr. Dabei hatte dieser schon kurz zuvor mit der Nominierung der telegenen, schönen und charmanten Sarah Palin als Vize-Kandidatin den Demokraten bereits den Minderheitenstatus, hier den der Frau in der Männerdomäne Politik, und den Bonus als Außenseiter des politischen Establishments geraubt. Allerdings hatten die Demokraten zuvor mit Joseph Biden als ihrem Vize-Kandidaten ebenfalls einige populäre Eigenschaften, die Obama im Gegensatz zu seinem Konkurrenten McCain nicht besaß, in ihr Wahlkampfteam geholt.

„Ich war viele Jahre ein unvollkommener Diener meines Landes, aber ich war sein Diener, immer“, beteuerte der republikanische Präsidentschaftskandidat nach seiner Kür – und wärmte damit für wenige Stunden die Herzen vieler Amerikaner. Doch nur wenige Tage nach dieser flammenden Rede normalisierten sich die Umfragewerte der Republikaner aus Sicht der Demokraten wieder – Demoskopen prognostizieren jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Das Streben der Wahlkämpfer, so viele Wähler wie möglich anzusprechen, hat allerdings dazu geführt, daß die zuvor klaren und kantigen Profile der Kandidaten inzwischen ähnlich verschwommen sind wie ihre politischen Programme. Wo einst Irakkrieg, Immobilienkrise, steigende Ölpreise und soziale Ungerechtigkeit die Medien beherrschten, dominieren jetzt das Gewese um Sarah Palins schwangere 17jährige Tochter und Debatten um rhetorisch einwandfreie Reden. Wo einst der knorrige, konservative, dickköpfige McCain dem jungen, dynamischen Weltverbesserer Obama gegenüberstand, stehen jetzt zwei sich ähnelnde Kandidaten mit perfekt ausgefeilten Reden aus der Retorte von PR-Strategen.

All das ist nicht neu, schon zu Kennedy-Zeiten wußten die Bewerber um das Präsidentschaftsamt, sich in Szene zu setzen. Allerdings hat sich das Verhältnis von Politik und Show im Wahlkampf 2008 massiv zu Lasten des Politikanteils verschoben.             Rebecca Bellano

Foto: Show der Superlative: US-Präsidentschaftskandidat McCain und seine Vize-Kandidatin Palin im Konfetti-Regen


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