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13.09.08 / Kandidat ohne Perspektive

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Kandidat ohne Perspektive
von Konrad Badenheuer

Vielen in der SPD, denen der Kurs der Annäherung an die Linkspartei nicht gefiel, sahen der Kanzlerkandidatur Frank-Walter Steinmeiers mit Vorfreude entgegen: Er würde ein Gegengewicht zu Kurt Beck bilden und glaubwürdig vermitteln, daß es jedenfalls im Bund keine rot-rot-grüne Kooperation geben würde. Nach dem vergangenen Wochenende sind die Gesichter bei vielen in der SPD lang. Daß Kurt Beck den Vorsitz aufgab und Franz Müntefering ihn beerben wird, ist für den linken Flügel der Partei eine krachende Niederlage, aber auch für die sogenannten Rechten in der SPD nur auf den ersten Blick ein Erfolg. Spätestens das Triumphgeheul Oskar Lafontaines, der alle „echten“ Sozialdemokraten dazu aufrief, nach dem Durchmarsch der Agenda-Politiker Steinmeier und Müntefering nun die Linkspartei zu wählen, hat allen in der SPD schmerzlich die Zwangslage verdeutlicht, in der sich die Partei befindet. Den beiden neuen Spitzenleuten bleibt allein ihr persönliches Charisma, um verlorene Anhänger – es geht inzwischen um mehrere Millionen Menschen – zurückzugewinnen. Inhaltlich kann die neue SPD-Spitze den verlorenen Wählern und Mitgliedern kein Angebot machen: Der Bundeshaushalt ist immer noch im Minus und das wenige, was es alllenfalls zu verteilen gibt, will auch die CDU gern unters Volk bringen – die längere Auszahlung des Arbeitslosengeldes für Ältere hat sie selbst auf den Weg gebracht, und nun ruft sie nach niedrigeren Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung, höherem Kindergeld und weiteren Wohltaten.    

Fast schon tragisch für FrankWalter Steinmeier ist, daß er selbst auf seinem ureigenen Feld, der Außenpolitik, nicht unbeschränkt punkten kann. Denn hier läuft ihm mit schöner Regelmäßigkeit die Bundeskanzlerin den Rang ab, was bereits in der Vergangenheit oft zu Reibereien geführt hat. Besonders groß war Steinmeiers Ärger, als Merkel unter viel Applaus den Dalai Lama im Kanzleramt empfing und er selbst in den Wochen darauf die Scherben im deutsch-chinesischen Verhältnis kitten durfte.

Gegen Nöte dieser Art gibt es für Steinmeier aber keine Abhilfe: Das Grundgesetz stellt den Bundeskanzler nun einmal sonnenklar über den Außenminister. Hier beginnt der trübste Punkt in einer realistischen Lageeinschätzung Steinmeiers: Eine realistische Perspektive ins Bundeskanzleramt hat er nicht. Die drei linken Parteien SPD, Grüne und PDS/Linke haben zwar seit 1998 bei Bundestagswahlen in der Summe regelmäßig 51 bis 52 Prozent geholt. Doch diese Kombination verbietet sich für Steinmeier und Müntefering absolut, sie stehen geradezu als Personen für das Nein zu Rot-Rot-Grün. Von einer rot-grünen oder rot-gelben Mehrheit ist Deutschland derzeit aber weit entfernt. Also bleibt Steinmeiers einzige Perspektive die Fortsetzung der ungeliebten Koalition mit CDU und CSU.

Die Aussicht, daß die SPD dabei nach der Bundestagswahl 2009 stärker sein könnte als die Union, erscheint als glatte Utopie, denn es würde voraussetzen, daß die Sozialdemokratie in großem Umfang Stimmen von Union und Linkspartei zurückgewinnt. Das aber ist so realistisch wie eine Expedition zum Nordpol und zum Südpol gleichzeitig.

Foto: Als Kanzlerkandidat und geschäftsführender Parteichef ist Frank-Walter Steinmeier momentan die Nummer 1 der SPD. Doch seine tatsächliche Machtposition ist fragil, die Chance auf die Kanzlerschaft gering.


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