28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.09.08 / Auf der Suche nach den Wurzeln / Der Tag des offenen Denkmals ist diesmal der Archäologie gewidmet – Im Vorjahr fünfeinhalb Millionen Besucher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Auf der Suche nach den Wurzeln
Der Tag des offenen Denkmals ist diesmal der Archäologie gewidmet – Im Vorjahr fünfeinhalb Millionen Besucher

Am 14. September ist der Tag des offenen Denkmals. Koordiniert wird das bundesweite Ereignis von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die in diesem Jahr mehr als 7000 angemeldete Denkmäler in über 2500 Städten und Gemeinden zählt. Unter dem Motto „Vergangenheit aufgedeckt – Archäologie und Bauforschung“ erklären Fachleute und engagierte Laien ihre Arbeit.

Der Tag des offenen Denkmals ist der deutsche Beitrag zu den European Heritage Days, die 1991 vom Europarat initiiert wurden. Seit 1993 koordiniert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Aktionen in Deutschland unter der Schirmherrschaft des Europarats. Alle 49 Länder der europäischen Kulturkonvention beteiligen sich in diesem Jahr im September und Oktober an dem Ereignis. Die zentrale Eröffnungsfeier findet am 14. September, 11 Uhr, auf dem Rathausplatz in Esslingen statt, wo Hermann Otto Solms, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, und Günther H. Oettinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, sprechen werden. Über 50 Denkmale und archäologische Orte in der ganzen Stadt warten auf Besucher.

Auch in anderen Städten stellen Archäologen und Bauforscher ihre Schätze vor. An vielen Orten kann man auf aktuellen Ausgrabungen Archäologen über die Schulter schauen. Neben Tausenden historischen Bauwerken, von der Kirche bis zur Mühle, öffnen wissenschaftliche Labore und Restauratoren-Werkstätten ihre Türen. So zeigt an diesem Tag die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) ihren Besuchern die Baustelle Neues Palais, das ehemalige Gästeschloß Friedrichs des Großen im Park Sanssouci, mit dem gärtnerischen Umfeld. In Führungen und Vorträgen informieren Experten über Schadensbilder und Lösungen zur Behebung der Schäden. Schließlich sollen auch die sanierungsbedürftigen und bisher unzugänglichen Räume zum 300. Geburtstag des großen Preußenkönigs im Jahr 2012 wieder königlich glänzen.

Ausgrabungen gibt es auch und gerade in Städten. So wurde am Petriplatz in Berlin-Mitte bei Grabungen seit Frühjahr 2007 der Stadtkern des mittelalterlichen Cölln mit Fundamenten der verschiedenen Bauten der Petrikirche, des Cöllnischen Rathauses und den massiven Grundmauern der Lateinschule entdeckt. Mit den neuesten archäologischen Methoden, die am 14. September, 20 Uhr, vorgestellt werden, rücken die Archäologen den Funden zu Leibe.

Um Bauforschung geht es in Berlin-Treptow. Dort zeigt man die neuesten Restaurierungsergebnisse an Häusern der Gartenstadt Falkenberg, die der Königsberger Architekt Bruno Taut in den 1920er Jahren errichtete und die heute zum Weltkulturerbe der Unesco zählen. Die wegen ihrer Farbgebung auch „Tuschkastensiedlung“ genannte Anlage ist nur eine der sechs Berliner Siedlungen, die erst im Juli in die Welterbeliste aufgenommen wurde. Weiter gehören dazu die Siedlung am Schillerpark in Wedding, ebenfalls von dem Königsberger Bruno Taut geschaffen (1924–1930), die sogenannte Hufeisensiedlung (Fritz-Reuter-Stadt) in Neukölln-Britz von Taut und seinem Königsberger Landsmann Martin Wagner (1925–1931) geplant, die Bau- und Gartendenkmalbereiche in der Wohnstadt Carl Legien von Bruno Taut und Franz Hillinger in Prenzlauer Berg (1929–1930), die Weiße Stadt genannte Großsiedlung von Bruno Ahrends, Wilhelm Büning und Otto Rudolf Salvisberg sowie Ludwig Lesser in Reinickendorf (1929–1931) und die Großsiedlung Der Ring, 1929–1931 unter der künstlerischen Gesamtleitung von Hans Scharoun, Martin Wagner und Leberecht Migge (Gartenarchitekt aus Danzig) für die Siemensstadt zwischen Charlottenburg und Spandau geschaffen. Hier gibt es am Tag des offenen Denkmals ebenfalls besondere Führungen.

Um Jahrhunderte zurückversetzt fühlt sich der Besucher der Führungen durch die evangelische Marienkirche, die in der Nähe des Alexanderplatzes steht. Die zweitälteste Kirche Berlins wurde zwischen 1275 und dem frühen 14. Jahrhundert errichtet. Der Innenraum der dreischiffigen Hallenkirche ist geprägt vom Stil der norddeutschen Backsteingotik. Neben dem spätgotischen Fresko eines Totentanzes fällt vor allem die reichverzierte Kanzel aus Alabaster auf. Geschaffen wurde sie 1702 bis 1703 von dem Danziger Andreas Schlüter, dem Erbauer des Berliner Stadtschlosses. Den kupfernen Turmhelm entwarf 1789 der Architekt Carl Gotthard Langhans aus Landeshut in Schlesien.

Wie in Esslingen, Potsdam oder Berlin laden auch in anderen Städten zahllose Denkmale zu einem Besuch ein, darunter viele, die sonst nicht zugänglich sind. Zudem werden Experten über die Funde und ihre Arbeitstechniken informieren.

„Ich bin auch nach so vielen Jahren immer wieder überrascht von dem Engagement und dem Ideenreichtum der Veranstalter vor Ort“, sagt Professor Gottfried Kiesow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

„Mehr als vier Millionen Besucher pro Jahr am Denkmaltag zeigen die enorme Bedeutung, die unser baukulturelles Erbe für die Menschen hat. Das gibt uns viel Kraft, auch auf die Mühen hinzuweisen, die der Kampf um den Erhalt alter Bausubstanz und archäologischer Stätten mit sich bringt.“

Archäologen und Bauforscher tragen wesentlich zum Verständnis unserer eigenen historischen Identität bei. Ein weiterer Grund, weshalb sich der Tag des offenen Denkmals in diesem Jahr schwerpunktmäßig diesen Feldern widmet.             Silke Osman

Foto: Ausgrabungen in Berlin: Nicht nur am Petriplatz kann man den Archäologen über die Schulter blicken.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren