25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
13.09.08 / Charakterdarsteller mit exotischem Image / Vor 60 Jahren starb der große ostpreußische Schauspieler Paul Wegener

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-08 vom 13. September 2008

Charakterdarsteller mit exotischem Image
Vor 60 Jahren starb der große ostpreußische Schauspieler Paul Wegener

Seine wuchtig-markante fast mongolische Erscheinung mit schmalen Augen und hervorspringenden Wangenknochen, seine reife Persönlichkeit und sein großes Können voller Kraft und Stärke machten Paul Wegener zu einem der bedeutendsten deutschen Charakterdarsteller im vergangenen Jahrhundert.

Geboren wurde er als Sohn eines Gutsbesitzers am 11. Dezember 1874 im westpreußischen Jerentowitz. Wenig später zog die Familie auf das Rittergut Bischdorf im ostpreußischen Kreis Rößel. Als Paul zwei Jahre alt war, starb seine Mutter. Da der Vater sich nicht um die fünf Kinder kümmern konnte, ging Paul frühzeitig eigene Wege. In den langen ostpreußischen Wintermonaten veranstaltete er bereits als Kind kleine Aufführungen, in denen er Balladen vortrug und sie szenisch darstellte. Mit neun Jahren kam er auf das Kreisgymnasium in Rößel, später nach Königsberg. Hier gründete er mit Kommilitonen einen dramatischen Kreis, „Melpomene“ genannt. Paul Wegener: „Wir befaßten uns mit allen möglichen aktuellen Themen, debattierten über Sudermann und Hauptmann, über Nietzsche und Schopenhauer, Ibsen und Strindberg. Die so erhitzten Gemüter wurden in Kneipen durch Alkohol noch erregter, und aus dieser Stimmung heraus vollführten wir auch manchen Streich. So bestiegen wir eines Nachts das Denkmal Immanuel Kants und befestigten an seinem Kopf ein Schild ,Zimmer zu vermieten‘, weil wir meinten, in dem gewaltigen Schädel des Philosophen wäre noch genug Platz, um einem bescheidenen Erdenbürger Raum zum Wohnen zu bieten …“

Nach dem Abitur studierte er Jura und Kunstgeschichte in Freiburg im Breisgau und in Leipzig, nahm nebenher Schauspielunterricht und debütierte 1895 am Stadttheater Rostock. Erste Engagements führten ihn nach Aachen, Koblenz, Wiesbaden und Magdeburg. Von 1906 bis 1920 spielte er unter Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin, wo er seinen künstlerischen Durchbruch erlebte. Der große Theaterkritiker Alfred Kerr schwärmte: „Wegener – vorzüglich in allem, was Rede, was Anblick ist.“

1913 spielte er zum ersten Mal in einem Film mit: „Der Student von Prag“. Auch „Der Golem“ (1914), seine nächste große Produktion, die nach einer Vorlage von Wegener entstand, wurde ein großer Erfolg. Er spielte in mehreren Filmen mit, darunter zwei Fortsetzungen des Golem-Stoffes, die ihn, seinem exotischen Image entsprechend, als Märchenfigur („Rübezahls Hochzeit“, 1916) oder, wie in „Der Yoghi“ (1916), als fernöstlichen Helden zeigten. Auch in den späten 1920er Jahren verkörperte er weiterhin dämonische Figuren wie „Ramper“, den Tiermenschen, oder, in Henrik Galeens „Alraune“ (beide 1927), den Professor. Sein ganzes Können kam aber erst beim Tonfilm zum Tragen. Als Meister der Sprache hat er bis 1945 in 22 Filmen nur Haupt- oder tragende Rollen gespielt.

Nachdem er in der Weimarer Republik linke Künstlergruppen unterstützt hatte, arrangierte sich Paul Wegener nach der Machtergreifung Hitlers mit den neuen Machthabern. Obwohl er als NS-Gegner galt, verkörperte er in Propaganda-Filmen gerne Antihelden, etwa einen Kommunisten in dem Horst-Wessel-Film „Hans Westmar“ (1933). In dem Durchhalte-Epos „Kolberg“ (1944/45) spielte er die Rolle des Festungskommandanten Ludwig Moritz von Lucadou.

Der hochgelobte Staatsschauspieler blieb immer dem Theater verbunden, führte aber auch in sieben Filmen Regie. Von 1938 bis 1943 gehörte Wegener dem Ensemble von Heinrich Georges Schiller-Theater der Reichshauptstadt Berlin an.

Nach dem Kriegsende widmete sich Paul Wegener wieder dem Theater und wurde zum Präsidenten der ostzonalen „Kammer der Kunstschaffenden“ gewählt.

Der Vetter des Meteorologen sowie Polar- und Geowissenschaftlers Alfred Wegener war ab 1896 mit Ida Ahlers verheiratet, von der er sich allerdings bereits nach zwei Jahren scheiden ließ. 1903 heiratete er die Opernsängerin Änny Hindermann. 1924 trennte er sich von seiner zweiten Frau und heiratete die Prager Schauspielerin Lyda Salmonova, mit der er in zahlreichen Filmen auftrat. Diese dritte Ehe dauerte wie die erste nur zwei Jahre. 1926 wurde die Theaterschauspielerin Greta Schröder seine vierte Ehefrau. Auch diese Ehe war nur von kurzer Dauer. 1931 heiratete er die Theaterschauspielerin Elisabeth Rohwer. Sein Sohn Peter P. Wegener ist Physiker und weltweit anerkannter Spezialist für hypersonische Gasdynamik und ihrer Kanäle. Er lebt heute in den USA.

Am 13. September 1948 starb Paul Wegener plötzlich und unerwartet in Berlin. Er wurde auf dem Waldfriedhof an der Heerstraße beigesetzt.              Uwe Klöckner-Draga / M. R.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren