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20.09.08 / Die Chance der Konservativen / Berlin: Der neue CDU-Fraktionschef Frank Henkel gilt als Mann der bürgerlichen Stammwähler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

Die Chance der Konservativen
Berlin: Der neue CDU-Fraktionschef Frank Henkel gilt als Mann der bürgerlichen Stammwähler

Nach dem dramatischen Sturz von CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger beginnt in der Berliner CDU die Debatte um den künftigen Kurs. Nachfolger Frank Henkel gilt als Konservativer. In Berlin bahnt sich ein parteiinterner Richtungsstreit an, der auf die CDU in ganz Deutschland ausstrahlen könnte.

Der Kanonendonner der Abwahl des Vorsitzenden der CDU-Faktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, war kaum verhallt, da hagelte es schon Ratschläge, wie es am besten weitergehen solle mit der Berliner CDU. Der neue CDU-Fraktionschef Frank Henkel müsse Pflügers Bemühungen um eine Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP weiterverfolgen, lautete der eine Rat, dem sich die Empfehlung anschloß, er dürfe nicht vom Konzept der „liberalen Großstadtpartei“ abgehen. Der prominenteste unter den Ratgebern ist der ehemalige CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen, der sich für eine Fortführung des Pflüger-Kurses starkmacht.

Nach den glücklosen Pflüger-Jahren regen sich an der Basis der Berliner Union indes Zweifel, ob die mit dem Namen Pflüger verbundene Öffnung der CDU in die linke Mitte hinein wirklich Erfolg verspricht. Kritiker bemängeln, das CDU-Modewort von der „liberalen Großstadtpartei“ habe vor allem alte Wähler vergrätzt, aber keine neuen gewonnen.

Für die ist Frank Henkel der Mann der Stunde. Der neue Fraktionschef tritt auf wie die personifizierte Skepsis gegenüber der gewollten Aufweichung des konservativen Profils der CDU. Der 44jährige gilt selbst als konservativer CDU-Mann, was ihm in den Medien bereits Widerstand einbringt. Er umgebe sich mit einer „Proll-Aura“, charakterisiert leicht angewidert „Die Welt“ Henkels Auftreten.

Henkel indes genießt die Rolle als Kumpel von nebenan, als einer aus dem Volk. Er steht für strenge Regeln, eine funktionierende Polizei, ein hartes Durchgreifen auch gegen ausländische Kriminelle. Alles Dinge, die kaum mit dem Erscheinungsbild als „liberale Großstadtpartei“ zu harmonieren scheinen. Daher fürchten manche CDU-Strategen einen Rechtsschwenk an der Spree.

Die Kritiker der sogenannten Modernisierung halten dagegen, daß der Kurs in die liberale Beliebigkeit der Hauptstadt-CDU nichts gebracht habe, wie schlechte Wahlergebnisse und miserable Umfragen bei 20 Prozent belegten. In anderen Städten scheint das Konzept, das Pflüger in Berlin umsetzen wollte, besser zu funktionieren.

In Frankfurt regiert mit Petra Roth eine CDU-Linke in einer Koalition mit Grünen und Liberalen. In Hamburg steht der liberale Ole von Beust einem schwarz-grünen Senat vor. Beide CDU-Bürgermeister haben Neuland betreten, als sie mit den Grünen Koalitionen eingingen, aber das Experiment gilt bislang als geglückt.

Doch es gibt auch andere Beispiele: In Köln haben die Wähler 2004 die Zusammenarbeit von CDU und Grünen der Union keineswegs gutgeschrieben. Die Christdemokraten verloren hier bei der letzten Kommunalwahl zwölf Prozentpunkte. Die Grünen dagegen profitierten von der Zusammenarbeit. Und nicht nur sie: Republikaner, die rechte Wählerver­einigung „Pro Köln“ und eine gestärkte FDP zogen ins Parlament ein und beendeten dort die Dominanz der CDU.

Grund für den Frust vieler konservativer Wähler: Mit den Jamaika-Träumen sind immer auch inhaltliche Zugeständnisse an die Grünen verbunden. Das Konservative scheint im Programm der CDU so kaum noch eine bestimmende Rolle zu spielen. Dies spiegelt sich auch wider im beinahe völligen Verschwinden der profilierten Konservativen aus der Führungsriege der Christdemokraten (Ausnahme: Jörg Schönbohm).

Kölns direkt gewählter CDU-Bürgermeister Fritz Schramma hat sich sogar zum wichtigsten Fürsprecher einer neuen Großmoschee gemacht und damit den konservativen Teil seiner Anhänger heftig verschreckt. Er demonstriert am kommenden Sonnabend zusammen mit Linksradikalen gegen die Kölner Moscheegegner. Auch solche Anknüpfungspunkte im „Kampf gegen rechts“ gehören zum Erscheinungsbild der „modernen Großstadtpartei“.

Frank Henkel hat seine eigenen Schlüsse aus dem Linksschwenk gezogen. Er will verlorenes Vertrauen bei den eigenen Wählern zurückgewinnen und wird daher erst einmal rechte Positionen vertreten, die die Union seit Jahren vernachlässigt hat.

Er zieht damit die Konsequenzen aus der anhaltenden Schwäche der Union. Von 815000 CDU-Wählern im Jahr 1990 (40,4 Prozent) gingen 2006 nur noch 294000 an die Urne (21,3 Prozent). Diese Wähler sind allerdings nicht verschwunden. Viele sind zur FDP gewechselt, oder gar zu diversen Kleinparteien wie den „Grauen“. Vor allem aber, so glauben Henkel und seine Anhänger, verschwanden einst treue CDU-Anhänger ins diffuse Lager der Nichtwähler. Dort müsse die Union ihre früheren Unterstützer neu mobilisieren, so ihre Schlußfolgerung. Mit dem Konzept der liberalen Großstadtpartei ist dies in ihren Augen offensichtlich nicht gelungen.

Allerdings will auch Henkel eine Koalition mit den Grünen nicht von vornherein ausschließen. Aber inhaltliche Zugeständnisse noch vor einer Koalition – das dürfte nach Meinung von Beobachtern mit dem neuen Oppositionsführer im Berliner Abgeordnetenhaus kaum zu machen sein. „Ziel ist es, liberale und konservative Herausforderungen zu verbinden“, sagte Henkel nach seiner Wahl zum neuen Fraktionschef.             Markus Schleusener

Foto: Soll die Berliner CDU aus dem Jammertal holen: Frank Henkel (r.), der neue Fraktionschef  der Union im Abgeordnetenhaus


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