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20.09.08 / »Bologna« ist gescheitert / Angestrebte Vergleichbarkeit der Abschlüsse wurde nicht erreicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-08 vom 20. September 2008

»Bologna« ist gescheitert
Angestrebte Vergleichbarkeit der Abschlüsse wurde nicht erreicht

Ein einheitlicher europäischer Hochschulraum war das ehrgeizige Ziel, zu dem sich die Bildungsminister von 29 Staaten 1999 im italienischen Bologna verabredet hatten. Der „Bologna-Prozeß“ war geboren.

Nach neun Jahren fällt die Bilanz der deutschen Studenten und Dozenten indes verheerend aus.

Mit einheitlichen Abschlüssen in allen Bologna-Staaten sollte grenzübergreifende Vergleichbarkeit der Hochschulexamina erreicht werden. Dadurch würden die Hürden für Auslandsstudien gesenkt, versprachen die Experten.

Zudem sollten die Studienzeiten verkürzt, die hohen Abbrecherquoten gesenkt und die Studien insgesamt besser an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes angepaßt werden, um die beruflichen Chancen der Absolventen zu erhöhen.

Für Deutschland bedeutete „Bologna“ vor allem den Abschied von den traditionsreichen Studienabschlüssen Magister und Diplom. An ihre Stelle trat der „Bachelor“ nach drei Jahren Studium und darauf aufbauend der „Master“ nach weiteren zwei bis drei Jahren.

Wie es aussieht, wurde keines der hochgesteckten Ziele erreicht, die Lage hat sich statt dessen sogar deutlich verschlechtert.

Zunächst zu den Abbrechern: Laut aktuellem Bildungsbericht von Bund und Ländern brechen rund 25 Prozent der Bachelor-Studenten ihr Studium vorzeitig ab, das sind fünf Prozentpunkte mehr als bei den alten Studiengängen. An Fachhochschulen ist die Zahl der Abbrecher sogar auf 39 Prozent hochgeschnellt.

Auch das Ziel, den Hochschülern den Wechsel an eine andere, auch ausländische Universität zu erleichtern, wurde verfehlt. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) sieht einen spürbaren Rückgang bei Auslandsstudien. Hauptgrund: Die Verkürzung der Studienzeiten hat zu einer drastischen Spezialisierung der einzelnen Studiengänge geführt. Die Hochschulrektorenkonferenz hat mehr als 8700 Bachelor- und Masterstudiengänge  in Deutschland gezählt. Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Bernhard Kempen, bemängelt, daß durch die Spezialisierung selbst der Wechsel von einer deutschen Uni zur anderen erschwert worden sei.

Die hohe Abbrecherquote wird auch darauf zurückgeführt, daß sich die Berufschancen laut den Betroffenen durch Bologna keineswegs gebessert haben. Wegen der hohen Spezialisierung sehen sich die Absolventen vielmehr stark eingeengt bei der Auswahl möglicher Berufsfelder.

Im August forderte DHV-Präsident Kempen, die Notbremse zu ziehen: „Der Bologna-Prozeß in Deutschland ist nur noch zu retten, wenn massiv gegengesteuert wird. Mit bloßem Nachsteuern ist es nicht getan.“ Kempen schlägt überdies vor, einen schmerzlichen Nebeneffekt der Vereinheitlichungseuphorie zu heilen, und den weltweit anerkannten deutschen Abschluß des „Diplom-Ingenieurs“ wiedereinzuführen.                                 H.H.


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