19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.10.08 / Jetzt soll die Basis bestimmen / Nach Pflüger: Der Kampf um die Führung der Berliner CDU geht weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Jetzt soll die Basis bestimmen
Nach Pflüger: Der Kampf um die Führung der Berliner CDU geht weiter

Mit der spektakulären Abwahl von Friedbert Pflüger vom Amt des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus ging es los. Doch der Kampf um die Führung in der Hauptstadt-CDU ist noch nicht ausgestanden. Hinter Personaldebatten verbirgt sich auch ein Streit um unterschiedliche Konzepte für die Zukunft der Union.

Die turbulente Zeit in der Berliner CDU ist noch nicht zu Ende. Zwar hat die Partei einen neuen Fraktionsvorsitzenden. Doch wer neuer Landesvorsitzender und Spitzenkandidat 2011 werden soll, ist noch unklar. Ständig kursieren neue Namen. Setzt sich am Ende Frank Henkel auch als Parteichef durch?

Zur Erinnerung: Nach Pflügers Abgang hob die Abgeordnetenhausfraktion Frank Henkel auf den Schild. Der 44jährige gilt als Konservativer. So etwas kommt gut an bei der Berliner Basis, besser offenbar als das Wunschbild von der CDU als „liberaler Großstadtpartei“, für das sein glückloser Vorgänger Friedbert Pflüger stand.

Henkel ist das Kontrastprogramm zu Pflüger, der bereits auf eine Jamaika-Koalition spekulierte und entsprechende Konzessionen an die Grünen vorbereitete. Die Wähler folgten dem damaligen Oppositionsführer nicht. Pflüger kam fast nie über den Status des unbeliebtesten Politikers von Berlin hinaus, seine Partei sackte in Umfragen zeitweise auf 18 Prozent ab.

Der Neuanfang mit Henkel in der Fraktion wurde indes überschattet von neuen Auseinandersetzungen um die Macht in der Partei. Der alte Landesvorsitzende Ingo Schmitt wollte zunächst im Amt bleiben, obwohl ihm aus dem Umfeld der Kanzlerin durch Unionfraktionschef Volker Kauder und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla deutlich signalisiert wurde, daß er unerwünscht sei, nachdem er den Merkel-Intimus Pflüger gestürzt hatte.

Schmitts erklärtes wie durchsichtiges Ziel: Er wollte so lange wie möglich im Amt bleiben. Denn bei der anstehenden Aufstellung der Kandidaten zum Bundestag kann die Partei ihrem Vorsitzenden eine Spitzenposition kaum verweigern. Im Klartext: Schmitt wollte seine Schäfchen ins Trockene bringen und seine Wiederwahl in den Bundestag sicherstellen, dem er seit 2005 angehört.

Doch der Druck auf Schmitt wurde zu groß. Vor einer Woche erklärte er seinen vorzeitigen Rückzug. Jetzt führt sein Stellvertreter und Vorgänger im Amt, Joachim Zeller, die Partei bis auf weiteres. 2009 wird regulär ein neuer Parteichef gewählt. Informationen zufolge sähe die CDU-Bundesspitze gern Monika Grütters auf diesem Posten. Auch die 46jährige gilt als Vertreterin der „liberalen Großstadtpartei“.

Doch dazu scheint es nicht zu kommen. Die Bundestagsabgeordnete Grütters trat laut Beobachtern zu zaghaft auf, lavierte tagelang herum, wenn sie auf die Kandidatur angesprochen wurde. „Ein Ja und ein Nein zur Kandidatur hängt jetzt ausschließlich davon ab, wie weitgehend die Möglichkeiten für eine Neuausrichtung der Berliner CDU sind“, teilte Grütters ihren Parteifreunden mit. Eine Kampfansage hört sich anders an. Dann bot Grütters Henkel kryptisch eine „gemeinsame Führung“ an, wobei es „noch zu klären“ sei, wer Vorsitzender werde und wer Stellvertreter.

Frank Henkel scheint selbst noch gar nicht begriffen zu haben, welche Chance ihm der schwache Auftritt seiner Konkurrentin bietet. „Er kann das ganz große Rad drehen und vielleicht sogar Bürgermeister werden, wenn er die Partei hinter sich hat“, schwärmt ein glühender Unterstützer Henkels im CDU-Landesvorstand.

Es gibt jedoch noch einen weiteren möglichen Kandidaten: den Zehlendorfer CDU-Bezirkschef Michael Braun. Kritiker bezeichnen ihn indes als nur mäßig charismatisch. Auch weiß er anders als Grütters nicht die Unterstützung einflußreicher Zeitungen hinter sich, dafür aber einen wichtigen Bezirksverband.

Doch Henkel müßte die Auseinandersetzung mit Herausforderern wie Grütters und Braun kaum scheuen, sind sich seiner Unterstützer sicher. Würde die Basis entscheiden, dann hätte er erst recht ausgezeichnete Chancen. Insofern sind die jüngsten Vorschläge für eine stärkere Einbeziehung der einfachen Parteimitglieder durchaus im Sinne des Fraktionsvorsitzenden. Solche Vorschläge haben beispielsweise die Vorsitzenden der Bezirksverbände Reinickendorf und Pankow unterbreitet sowie Michael Braun aus Zehlendorf.

Alle gehen tendenziell in die gleiche Richtung: Spitzenämter wie Vorsitzender oder Spitzenkandidat sollen nicht mehr von Parteitagen, sondern per Urwahl aller Mitglieder besetzt werden. Die SPD hat auf diese Weise zweimal (1995, 1999) ihren Spitzenkandidaten ermittelt, dabei allerdings keine guten Erfahrungen gemacht.

Aber dadurch lassen sich die Christdemokraten an der Spree nicht von ihrer Idee abbringen. Sie glauben, mehr Mitbestimmung von unten würde die von schlechten Wahlergebnissen gebeutelte Partei neuen Wählerschichten öffnen.

Frank Henkel kann das nur recht sein. Markus Schleusener

Foto: „Könnte das ganz große Rad drehen“: Berlins CDU-Fraktionschef Frank Henkel


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren