29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.10.08 / Ost-Deutsch (86): gut

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Ost-Deutsch (86):
gut
von Wolf Oschlies

Die waren 2005 meine Favoriten, weil man sie so schön zitieren konnte: Stefan & Meri, ein Belgrader Kreditbüro, das in Werbespots Menschen aus Geldnot in schlimme Situationen brachte, um sie deutsch zu trösten: „Stefan i Meri – alles gut, alles gut“. Das Adjektiv „gut“, mittelhochdeutsch „guot“, entstammt der indogermanischen Wurzel „ghedh-“, die „umfassen“ oder „einpassen“ bedeutete: Was irgendwo hinpaßte, in eine Gemeinschaft oder ein Bauwerk, war gut. Daraus entstand eine Wortfamilie: Gut (als großer Bauernhof), Güte, Guthaben, gütig, Gutachten, gutmütig.

Vor 20 (oder mehr) Jahren gab die Bundesregierung eine deutsch-russische Zeitschrift „Guten Tag“ heraus. Das war ein guter Titel, den jeder Russe verstand und mit Deutschen verband. Da spielten noch Erinnerungen an den Krieg mit, als sich russische Überläufer mit „gut Kamerad“ ergaben. Oder ironische Wortspiele aus Kriegszeiten: „Nemez gut, Russkij gutee“ – der Deutsche ist gut, der Russe ist guter (wie das deutsche Adjektiv in gut russischer Weise gesteigert wurde). Mein unvergessener Freund Izet Sarajlic (1930–2002), der berühmte Lyriker aus Sarajevo, hat ein Gedicht auf ein Münchner Paar Günter und Ruth geschrieben: Ihr seid wunderbar, und wenn ihr das und jenes unterlaßt – „sve ostalo je gut“ (ist alles übrige gut).

Izets Frau war Germanistin, er hatte durch sie stets Kontakt zu Deutsch und Deutschen. Es ging ihm besser als einer Kroatin, die sich erinnerte: „Ni sam znala reci ni Guten Tag“ – ich konnte nicht einmal Guten Tag sagen. Russen und Ukrainer können das mittlerweile sehr gut: „Guten Tag, Rossija“ (Guten Tag, Rußland), oder „Krimskie nemzy: Guten Tag“ (Krim-Deutsche: Guten Tag). Auch im Wirtschaftsumgang findet sich das Wort, etwa russisch: „O vygodach takogo vlozenija govoritsja odnoznacno: zer gut“ (Über die Vorteile einer solchen Anlage sagt man einfach: sehr gut). Oder für Bestleistungen die „odinakovaja ocenka gut-gut“ (immer gleiche Bewertung gut-gut).

„Gut“ ist ein Signalwort im deutsch-osteuropäischen Umgang. Als Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zum Papst Benedikt XVI. gekürt wurde, begrüßte ihn der Prager „Reflex“ mit: „Alles Gute, liebe Benedikt!“ Nicht fehlerfrei, aber sehr gut.       


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren