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11.10.08 / Liebe als fixe Idee / Einsamer Eigenbrötler verliebt sich in Türkin und reist ihr nach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Liebe als fixe Idee
Einsamer Eigenbrötler verliebt sich in Türkin und reist ihr nach

„Martin Mosebach ist ein begnadeter Stilist“, jubelt die „Neue Zürcher Zeitung“ über den Autor. Das macht neugierig. Und ja, Martin Mosebach schreibt sehr beschreibend. Er schafft Atmosphäre, allerdings zu Lasten der Handlung. „Die Türkin“ heißt sein neu bei dtv als Taschenbuch erschienener Roman.

Ein junger Geisteswissenschaftler verguckt sich in die junge türkische Angestellte in seiner Wäscherei. Es sind wohl Einsamkeit und Angst vor einem neuen Lebensabschnitt, die den frischgebackenen Doktor dazu bringen, romantische Gefühle für die Türkin Pupuseh zu hegen. Ähnlich wie Gustav von Aschenbach in Thomas Manns „Tod in Venedig“ sucht der Verliebte verzweifelt und sich der Lächerlichkeit preisgebend die Nähe des Objektes seiner Begierde. Und auch bei Martin Mosebach dominiert die Vergänglichkeit, wenn auch in einem anderen Sinne.

Und während der von Gustav von Aschenbach umschwärmte Junge Tadzio von seiner Familie mit Argusaugen bewacht wird, ist es bei Mosebach der Wäschereibesitzer, der die Türkin behütet. Als es trotzdem zu einem heimlichen Treffen des Paares in einem Friseursalon kommen soll, ist Pupuseh verschwunden. In die Türkei zurück, so heißt es. Und statt in den Flieger zu steigen und seinen Job in einem Antiquariat in New York anzutreten, steigt der Verliebte in ein Flugzeug in Pupusehs Heimat.

Bei Mosebach bestimmt die innere Handlung das Geschriebene. Und auch wenn der Ich-Erzähler betont, er sei nicht neurotisch, so macht der Autor schnell klar, daß bei dem verliebten, 36jährigen Romanhelden einiges nicht ganz rational läuft. Obwohl der Verliebte, der sich als Archäologe ausgibt, sich frei in Pupusehs Heimatdorf bewegen kann, kommt er doch kaum an die Angebetete heran, die hinter ihrem Kopftuch und ihren traditionellen Familienstrukturen ganz anders wirkt als in der hessischen Landeshauptstadt. Erst will er die Schönheit entführen, doch nach Tagen in ihrer Welt erkalten seine romantischen Gefühle.

„Ich hatte Pupuseh in der Wäscherei in der bewußten leicht vorgebeugten Haltung mit den hautengen Hosen und den hohen Absätzen Wäschepakete verstauen sehen, und dieser Anblick hatte mich ganz in Besitz genommen, als etwas Isoliertes, eine fixe Idee …“ Bel

Martin Mosebach: „Die Türkin“, dtv, München 2008, broschiert, 285 Seiten, 8,90 Euro


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