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11.10.08 / Überzeugung zählt / Ehemaliger deutscher Diplomat über sein Leben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Überzeugung zählt
Ehemaliger deutscher Diplomat über sein Leben

Die erste Auflage dieser „Zeitgeschichte“ war rasch vergriffen. Wer das Buch gelesen hat, glaubt auch zu wissen, warum. Joachim Fests „Ich nicht“ wurde ein Bestseller, Hermes’ Autobiographie verdient den gleichen Erfolg. Es schildert das Berufsleben eines herausragenden deutschen Diplomaten, das 1952 in Bonn begann. Es folgten als weitere Stationen unter anderem Paris und Rom. Von 1979 bis 1984 wirkte Hermes als Botschafter in Washington und bis 1987 beim Heiligen Stuhl. Von 1975 bis 1979 war er sogar Staatssekretär im Auswärtigen Amt.

Sensationelles bieten insbesondere die Schilderungen der Jahre 1933 bis 1949. Die in etwa Gleichaltrigen werden daran erinnert, wie schlimm die dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts für die Unangepaßten – und nicht nur für sie – waren, die Jüngeren erhalten eine Aufklärung aus erster Hand, wie sie einprägsamer nicht sein könnte.

Schon im Frühjahr 1933 wurde der Vater, der noch am 5. März für die Zentrumspartei in den Reichstag gewählt worden war, von den neuen Machthabern in ein KZ eingeliefert. Nach seiner Entlassung suchte und fand er Wege, um jede Indienstnahme durch das Dritte Reich zu vermeiden. Die Kinder, auch Peter, mußten ohne die Eltern leben. Peter wie seine beiden Brüder wurden gezwungenermaßen Soldaten. Als beide Brüder fielen, tröstete Peter die Eltern: „Mit natürlichen Augen fassen wir ihren Tod nicht, um so weniger, als uns diese ganze Entwicklung fremd ist und wir mit dieser Zeit nichts gemein haben.“ Wer es gelernt hat, zwischen den Zeilen zu lesen, dem bleibt die Gegnerschaft zu den Herrschenden nicht verborgen.

Da der Vater in der Weimarer Zeit bereits mehrmals Reichsminister war, sollte er nach dem Sturz Hitlers ein Ministeramt übernehmen. Das Scheitern des Attentats vom 20. Juli 1944 hatte das Todesurteil zur Folge. Doch die Rote Armee war schneller als der Henker. So überlebte der Vater das Dritte Reich. Als völlig Unbelasteter wurde er, der mit seiner Frau in Berlin wohnte, 1945 erster Vorsitzender der Ost-CDU. In dieser Eigenschaft sollte er Stalins Agrarreform gutheißen. Er lehnte ab, weil er sie mit seinem Gewissen nicht in Einklang bringen konnte, wissend, daß so die vorzeitige Freilassung des Sohnes aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft aufs Spiel gesetzt würde. Doch der Sohn schrieb ihm am 29. Mai 1946: „Mein Leben und meine Zukunft stehen in Gottes Hand. Ich will mit gleicher Treue meinen Überzeugungen anhängen, wie Du es, lieber Vater, in Deiner unerschütterlichen Haltung bis zum Schafott mir vorgelebt hast. Gehe Deinen Weg weiter, als wenn ich nicht existierte.“ Dementsprechend verhielt sich der Vater. Daraufhin wurde Peter erst Ende 1949 entlassen.

Wie ein Vermächtnis klingen die Abschiedsworte des Vaters vom 26. Januar 1945: „Mein lieber, guter Peter! ... Niemals darfst Du Büttel oder Handlanger fremder Sieger werden, …“

Das reich bebilderte Buch ist seinen Preis wert. Und dennoch, da eine weite Verbreitung höchst wünschenswert wäre, sollte rasch eine abgespeckte Taschenbuchausgabe erscheinen.        Konrad Löw

Peter Hermes: „Meine Zeitgeschichte 1922 bis 1987“, Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2008, 342 Seiten, 44,90 Euro


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