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11.10.08 / Eigene Außenpolitik / Biographie über Wilhelm Canaris

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-08 vom 11. Oktober 2008

Eigene Außenpolitik
Biographie über Wilhelm Canaris

Noch ein Buch über Admiral Canaris, den damaligen Chef der deutschen Abwehr? Ist nicht bereits alles über diesen angeblichen „Meisterspion Hitlers“, wie der Buchtitel ihn nennt, geschrieben?

Der Autor Richard Bassett beschreibt, wie Canaris von der Kaiserlichen Marine geprägt wurde. Als im Ersten Weltkrieg sein Kleiner Kreuzer „Dresden“ keine Chance hatte, aus neutralen chilenischen Gewässern einer Übermacht britischer Kriegsschiffe zu entkommen, versenkte er sein Schiff und begab sich mit seiner Besatzung in die Internierung, der er entfloh, um auf abenteuerlichen Wegen nach Deutschland zurück-zukehren. Nach Ende des Krieges diente er in einem Freikorps und wurde von der Reichsmarine übernommen. 1935 übertrug man ihm, einem welterfahrenen und hoch gebildeten Mann, die Leitung der Abwehr (Geheimdienst).

Allerdings wichen seine politischen Ziele von denen der Reichsregierung ab. Zwar lag auch ihm das Schicksal Deutschlands am Herzen, doch war er keineswegs Nationalsozialist. So begnügte er sich nicht damit, Spionage und Gegenspionage für das Reich zu betreiben, sondern machte seine eigene Außenpolitik, umgarnte England.

Der britische Autor Basset schildert den Verlauf eines geheimen Gespräches, das ein Emissär der monarchistisch gesinnten Anti-Hitler-Gruppierung mit Spitzen der britischen Regierung führte. Das Ziel war, Großbritannien dazu zu bewegen, in der Sudentenkrise Deutschland gegenüber eine harte Haltung einzunehmen. Die dadurch entstehende außenpolitische Krise sollte von den deutschen Widerständlern genutzt werden, um Hitler zu entmachten. Sein britischer Gesprächspartner, der schon im Ersten Weltkrieg extrem antideutsch eingestellte Lord Vansittart, amüsierte sich hinterher – ebenso wie Churchill – über die Naivität der Widerständler.

Die durchaus wirkungsvolle deutsche Abwehr erfuhr sehr schnell von Churchills Plan, britische Truppen in Norwegen landen zu lassen, um Deutschland von der Eisenerzzufuhr abzuschneiden. Als daraufhin Deutschland Gegenmaßnahmen einleitete, verriet Canaris’ Vertreter, Oberst Oster, über den belgischen Militärattaché in Berlin der  britischen Regierung den deutschen Angriffstermin. Gleiches geschah mit Einzelheiten über den deutschen Angriff auf Frankreich mittels eines V-Mannes der Abwehr in Rom und über die geplante deutsche Landung in England. Canaris beeinflußte den spanischen Staatschef, General Franco, intensiv, nicht an der Seite Deutschlands in den Krieg einzutreten.

Der Sicherheitsdienst (SD) des Reichssicherheitshauptamtes schöpfte Verdacht und ermittelte gegen Canaris: Er wurde pensioniert. Als im Zusammenhang mit dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 auch der Name Canaris auftauchte und dessen Tagebücher gefunden wurden, verurteilte ihn ein Schnellgericht zum Tode. Anfang April 1945 wurde Canaris gehenkt.

Neues bietet das Buch nicht, wohl aber eine materialreiche Schilderung eines spannenden Kapitels des Zweiten Weltkrieges. H.-J. von Leesen

Richard Bassett: „Hitlers Meisterspion – Das Rätsel Wilhelm Canaris“, Böhlau Verlag, Wien, geb., 309 Seiten, 29,90 Euro


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