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18.10.08 / Alte Feindbilder reaktiviert / Krisenmanagement: Pariser Zeitungen schimpfen auf Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-08 vom 18. Oktober 2008

Alte Feindbilder reaktiviert
Krisenmanagement: Pariser Zeitungen schimpfen auf Berlin

Da waren sie wieder, die alten Feindbilder: Die Festlichkeiten zum 50. Jahrestag des legendären deutsch-französischen Freundschaftsgipfels von Konrad Adenauer und Charles de Gaulles in Colombey-les-Deux-Eglises läuteten Frankreichs Medien wenig freundschaftlich mit Schimpftiraden über den Nachbarn im Osten ein, der angeblich eine einheitliche europäische Reaktion auf die Weltfinanzkrise verhindert.

Selbst Bundeskanzlerin Merkel, bislang mit Respekt und Sympathie bedacht (zumindest solange sie Präsident Sarkozy genügend Raum zur Selbstinszenierung ließ), wurde zur Zielscheibe harscher Kritik.

Die Deutschen – und allen voran natürlich ihre Regierungschefin – seien schuld am europäischen Teil der weltweiten Misere, ereiferte sich der Wirtschafts- und Finanzexperte Alain Minc, dessen Renommee als Unternehmens- und Regierungsberater merkwürdigerweise auch unter einer saftigen Verurteilung wegen Plagiats nicht gelitten hat. In den bissigen Kommentaren von „Le Monde“ und „Libération“ hatte der Name Merkel  in den letzten Tagen einen ähnlich schlechten Klang wie in der 80er und 90er Jahren „la Bundesbank“ als Inbegriff aggressiver teutonischer Weltmachtgelüste. Vor allem der Kanzlerin wurde angelastet, daß Sarkozys Mini-Gipfel Anfang des Monats in Paris ohne konkrete Ergebnisse endete. Briten, Italiener und Deutsche fuhren nach Hause, um weiter an nationalen Lösungen zu basteln. Aus Sicht der „Grande Nation“ bedeutete das: Merkel gleich „la Bundesbank“. Und „la Bundesbank“ war für viele Franzosen nichts anderes als „la Wehrmacht“ ohne Uniform.

Das Treffen am Grabe de Gaulles brachte dann doch noch einen Stimmungswandel. Inzwischen akzeptieren die französischen Medien, daß der deutsche Weg – europäisch koordinierte, aber an der jeweiligen nationalen Situation orientierte Einzelaktionen – der einzige noch gangbare zu sein scheint. Die Montagausgaben üben sich noch in zurückhaltendem Optimismus; man kann ja nicht wissen, wie die Börsen die Signale vom Wochenende aufnehmen würden.

Tags darauf tun die führenden Blätter genau das, was sie zuvor kritisiert hatten: Der Blick fokussiert sich auf die eigenen nationalen Maßnahmen. Der europäische Kontext findet allenfalls noch in Nebensätzen statt. Aus freundschaftlich-nachbarschaftlicher Sicht immerhin erfreulich: Die Deutschen sind nicht mehr die Bösen und Schuldigen, was sich vor allem darin dokumentiert, daß Angela Merkel schlagartig aus den Schlagzeilen verschwunden ist.         Hans-Jürgen Mahlitz


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