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25.10.08 / Deutsche Welle wird immer englischer / Auslandssender entfernt sich von seiner Kernaufgabe – Mitarbeiter beklagen »Abschied vom Publikum«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-08 vom 25. Oktober 2008

Deutsche Welle wird immer englischer
Auslandssender entfernt sich von seiner Kernaufgabe – Mitarbeiter beklagen »Abschied vom Publikum«

Laut seinem gesetzlichen Auftrag soll der öffentlich-rechtliche Auslandssender „Deutsche Welle“ die deutsche Sprache in die Welt tragen. Doch stattdessen werden bald noch mehr Sendungen auf Englisch ausgestrahlt.

Intendant Erik Bettermann wußte schon, warum die „Aufgabenplanung 2010 bis 2013“ für seinen Sender Deutsche Welle (DW) lieber „nicht einer Öffentlichkeit außerhalb der DW zugänglich gemacht werden sollte“: Denn das Papier enthält Sprengstoff. Im „Focus“ veröffentlichte Zitate belegen, daß der deutsche Auslandsrundfunk demnächst wohl endgültig zur „englischen Welle“ werden soll.

„Je mehr Menschen in der Welt mit der deutschen Sprache in Berührung kommen, desto größer wird das Verständnis für unser Land sein. Daher ist unser Auslandsrundfunk einer unserer wichtigsten Kulturmittler“, hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), dem der Sender untersteht, noch im Sommer 2006 die Aufgabenplanung der Deutschen Welle für die nächsten Jahre umrissen. Doch die Intendanz der DW unter dem SPD-Mann und gelernten Sozialpädagogen Bettermann sieht das offenbar anders: Sie wähnt sich vor allem in Konkurrenz zu kommerziellen Nachrichtensendern wie al-Dschasira oder der britischen BBC.

Man könne „wichtige Zielgruppen“ eben nur „mit deutlich ausgeweiteten Angeboten in englischer Sprache“ erreichen, heißt es im Entwurf für die neue Aufgabenplanung. Für den Zeitraum 2007 bis 2010 lag der geographische Schwerpunkt noch in Osteuropa sowie im Iran, in Asien und im arabischen Raum – wo Deutschland hohes Ansehen genießt und Englisch (gar in seiner amerikanischen Variante) keineswegs überall als Empfehlung gilt.

Daß es mit der „stark angespannten“ Finanzlage begründet wird, ausgerechnet die deutsche Sprache wegrationalisieren zu wollen, ist pikant – schließlich verpflichtet das Deutsche-Welle-Gesetz in Paragraph 4 den öffentlich-rechtlichen Sender ausdrück-lich dazu, „insbesondere die deutsche Sprache“ zu fördern. Wichtige Zielgruppen, für die die Deutsche Welle eigentlich in erster Linie da sein sollte, geraten unter die Räder des Profitdenkens. Für Auslandsdeutsche und Volksdeutsche jenseits der Grenzen, aber auch für viele Bundesbürger, die als Arbeitnehmer, Entwicklungshelfer oder Missionare in den entlegensten Winkeln der Erde wirken, sind die DW-Sendungen ein wichtiges Band nach Deutschland. Und Deutschlernende im Ausland, die nicht in der Nähe eines Sprachinstituts leben, sind auf die Deutsche Welle geradezu angewiesen.

Und während beim Goethe-Institut vor wenigen Jahren ein Umdenken zurück zur Vermittlung deutscher Kultur und Sprache  eingesetzt hat, setzt die DW den Kahlschlag bei der ihr aufgetragenen Förderung der deutschen Sprache sogar verstärkt fort. Die Mitarbeiterinitiative „pro Deutsche Welle“ beklagt bereits den „Abschied vom Publikum“.

Der freilich ist schon länger im Gange. DW-TV sei ein Fernsehsender, „der im Ausland ausschließlich handzahme News-Beiträge, zu 50 Prozent auf englisch mit furchtbar breitem US-Akzent“, sende, klagte kürzlich ein Leserbriefschreiber. Bereits im September verlautete aus dem Bonner Sitz der Deutschen Welle, man werde demnächst gemeinsam mit der BBC ein englischsprachiges Radioprojekt auf den Weg bringen. Der Kanal soll sich an Hörer in West- und Mitteleuropa richten – also gerade dort, wo die Stärkung der deutschen Sprache von besonderem Interesse wäre.

Qualitativ kann die Deutsche Welle mit Schwergewichten wie BBC offensichtlich nicht mithalten. Zwar unterhält die DW neben den deutschen und englischen Programmen auch spanische, russische, chinesische, arabische und persische Redaktionen und ist im Internet in über 30 Sprachen vertreten. Jedoch wurden zahlreiche Fremdsprachenprogramme schon im Zuge der massiven Kürzungsmaßnahmen nach der Zusammenlegung mit dem DDR-Auslandsdienst Radio Berlin International Anfang der 90er Jahre eingestellt.

Die verbleibenden sehen sich immer wieder mit Vorwürfen wegen politischer Einseitigkeit und mangelnder Distanz zu den jeweiligen Regimen konfrontiert. Schlagzeilen machte Ende September die stellvertretende Chefin der China-Redaktion, die wegen diverser Propaganda-Auftritte im Sinne der kommunistischen Führung des Landes von ihrer Leitungsfunktion suspendiert wurde. Die China-Redaktion der DW sei Pekings zuverlässigste Plattform in Übersee, monierten prominente Dissidenten.

Auch die arabischen und iranischen DW-Redaktionen waren schon wegen unguter Nähe zu den Mullahs und übergroßen Verständnisses für arabische Terroristen in die Kritik geraten.

Abgesehen von Allgemeinplätzen weiß die Bundesregierung offenbar nicht wirklich, welche Botschaft Deutschland mit seinem Auslandssender überhaupt in die Welt tragen soll. Bis zum völligen Eintauchen in eine englischsprachige Beliebigkeit ist es da wohl nur noch ein kleiner Schritt.             Michael Paulwitz

Foto: Überall in der Welt aktiv: Mitarbeiter der Deutschen Welle auf einem Friedhof in Afghanistan


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