28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.10.08 / Alle Macht den Spendern / Schon vor Beginn der US-Wahl befürchten die Republikaner Manipulation – Obama liegt weit vorne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-08 vom 25. Oktober 2008

Alle Macht den Spendern
Schon vor Beginn der US-Wahl befürchten die Republikaner Manipulation – Obama liegt weit vorne

Zehn Tage vor der Wahl scheint das Rennen gelaufen – die Umfragen sehen Barrack Obama bereits als neuen US-Präsidenten. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die Meinungsforscher haben sich schon öfter blamiert, ungewiß zudem ist die Frage, wer aus europäischer Sicht der bessere Hausherr im Weißen Haus wäre.

Vor der Wahl ist nach der Wahl: Angesichts der drohenden Niederlage wittern Amerikas Republikaner schon vor dem Urnengang Wahlbetrug – bei den beiden vorangegangenen Präsidentschaftswahlen 2000 und 2004 war den knapp unterlegenen Demokraten erst nach der Stimmenauszählung der Verdacht gekommen, da könne es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.

Damals wurden Manipulationen an den elektronischen Zählmaschinen in einzelnen Bundesstaaten vermutet (aber nie gerichtsfest bewiesen), diesmal wurden angeblich schon im Vorfeld die Wählerlisten manipuliert. Eine den Demokraten zugeneigte Organisation namens „Acorn“ soll unter dem Vorwand, Angehörigen sozialer Unterschichten zu helfen, fiktive Wählerregistrierungen unter Phantasienamen organisiert haben. Der Streit gipfelte in dem Vorwurf aus McCains Umfeld, „Acorn“ habe sogar Mickey Mouse als wahlberechtigt registrieren lassen. Obamas Mannen konterten, falls die Comic-Figur tatsächlich in einem Wahllokal in Hollywood auftauchen sollte, würde das den Wahlhelfern auffallen; folglich sei der von den Republikanern behauptete Betrug in der Praxis nicht zu befürchten.

So lächerlich dieses Detail auf uns Europäer wirken mag, es sagt einiges aus über die amerikanische Befindlichkeit. Inwiefern die beiden Kandidaten und die hinter ihnen stehenden Parteien sich überhaupt in konkreten programmatischen Positionen und weltanschaulichen Prinzipien unterscheiden, interessiert allenfalls eine Minderheit der Wähler. Für die breite Masse findet die Wahlschlacht vorzugsweise auf Nebenkriegsschauplätzen statt. Selbst nach den TV-Duellen wird der Punktsieger nicht nach Sachargumenten ausgezählt, sondern danach, wer die telegenere Ausstrahlung hat, modischer, jünger, eloquenter, sympathischer, „cool“ oder „sexy“ wirkt. Unterm Strich gilt: Nur was ankommt, macht Stimmung und bringt Stimmen, nicht das, worauf es ankommt.

Wenn Obama in den Umfragen klar die Nase vorn hat, liegt das also kaum daran, daß er zur Lösung der von Amerika ausgelösten globalen Finanzkrise die besseren Rezepte hätte. Und auch nicht daran, daß er schneller als McCain das Irak-Debakel zu Ende bringen könnte. Wer von beiden wirklich die bessere Politik – für die USA und für den Rest der Welt, also auch aus europäischer und deutscher Perspektive – macht, wird man erst im nachhinein beurteilen können.

Auch wenn am Ende nicht Mickey Mouse oder andere Phantasiegestalten für Obama stimmen, eine seiner Stärken liegt zweifellos darin, daß er, jenseits aller

Sachargumente, die eindeutig stärkeren und effektiveren Hilfstruppen für sich mobilisieren konnte. Erstmals hat jetzt „Technology Review“, eine Publikation des renommierten M.I.T., dargestellt, wie konsequent Obama von Anfang an auf Internet und SMS als die neuen Massenmedien gesetzt hat: Dadurch kann er sich heute auf ein millionenstarkes Heer von Aktivisten stützen, das gezielt eingesetzt wird, um unentschlossene Wähler an die Urnen zu treiben. Und auf volle Kassen: Von den 340 Millionen Dollar Spendengeldern, die Obama in seinen Wahlkampf pumpen konnte, stammten über 200 Millionen von Online-Spendern. Dagegen steht McCain wie ein Waisenknabe da.

Ob der Wahlkampf im Internet genügend Stimmen bringt, ist aber noch ungewiß. Denn auch der – laut M.I.T. perfekte – Internetauftritt „MyOB“ sagt nichts darüber aus, wie viele weiße Amerikaner bereit sind, einen Farbigen zum Präsidenten zu wählen. Diese Wahl wird also auch zeigen, ob die USA sich 40 Jahre nach der Ermordung Martin Luther Kings von ihrer düsteren rassistischen Vergangenheit befreien können. Noch weiß niemand, ob die ungewöhnliche Wahlempfehlung des ebenfalls farbigen Republikaners Colin Powell für den Demokraten Barack Obama diesem letztlich nützen wird. H.-J. Mahlitz


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren