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25.10.08 / Letzter Akt des Kalten Krieges / Vor 25 Jahren eroberten die Vereinigten Staaten Grenada – Gefundenes Fressen für Propagandisten im Ostblock

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-08 vom 25. Oktober 2008

Letzter Akt des Kalten Krieges
Vor 25 Jahren eroberten die Vereinigten Staaten Grenada – Gefundenes Fressen für Propagandisten im Ostblock

Ohne vorherige Kriegserklärung eroberte die westliche Supermacht Ende Oktober 1983 innerhalb einer Woche den Inselstaat Grenada. Ziel der Operation war ein Regimewechsel in dem Common­wealth­mit­glied.

Grenada ist mit 344 Quadratkilometern Größe und rund 100000 Einwohnern ein Zwergstaat, und die nördlich der Küste von Venezuela sowie von Trinidad und Tobago gelegene südlichste Insel der Kleinen Antillen wäre wohl heute noch weitgehend unbekannt, wenn nicht eine Revolution sie ins Fadenkreuz der Führungsmacht der westlichen Welt gebracht hätte. Vor dieser Revolution im Jahre 1979 war für die US-Amerikaner die Welt auf der Insel noch in Ordnung gewesen. Ministerpräsident Eric Gairy stammte noch aus der Zeit vor 1974, als Grenada britische Kolonie gewesen war, und entsprechend akzeptiert war der Regierungschef in der anglo-amerikanischen Welt. Daß die parlamentarische Demokratie nach britischem Vorbild unter ihm zu einer lateinamerikanischen Diktatur wurde, wurde dabei als sekundär betrachtet.

Auf Grenada selber sah man das anders. Das Ergebnis war eine erfolgreiche Revolution, Gairy ging ins US-Exil. Sein Nachfolger als Ministerpräsident und neuer starker Mann Grenadas wurde der bisherige Oppsitionsführer Maurice Bishop vom „New Jewel Movement“. Sein ausgeprägtes Charisma und sein umfassendes Sozialprogramm führten zu mehrheitlicher Zustimmung zum neuen Regime im eigenen Lande – trotz Menschenrechtsverstößen und der Weigerung, Wahlen durchzuführen. Die Revolutionsregierung selber bezeichnete den von ihr erstrebten Entwicklungsweg als sozialistisch und unabhängig. Dazu gehörten gute Beziehungen zum Osten wie zum Westen. Mit Kubas Fidel Castro war Bishop befreundet, und auch die Beziehungen zu Nicaragua und der Sowjetunion waren gut. Aber auch im Westen gewann Bishop Akzeptanz. Seine Sozialpolitik ging nicht mit einer Sozialisierung des Privatbesitzes einher. Grenada blieb Commonwealthmitglied und die britische Königin trotz Revolution sein Staatsoberhaupt. Selbst die konservative britische Premierministerin Margaret Thatcher war gegen einen von den USA erzwungenen Regimewechsel.

Bei den Vereinigten Staaten biß Bishop jedoch auf Granit. So probte die Supermacht schon Jahre vor der schließlichen Invasion das Heißwerden ihres kalten Krieges gegen den Kleinstaat. August 1981 führten die USA mit anderen Nato-Staaten das Manöver „Ocean Venture ‘81“ durch. Hierbei handelte es sich um eine Landeübung östlich von Puerto Rico auf der Insel Vieques unter Bedingungen, die in der Rückschau denen bei der Grenadainvasion zwei Jahre später verdächtig ähnelten. „Amber and the Ambernes“ lautete der Codename. Ambar heißt das Gebiet, wo die Grenadainvasion 1983 begann.

Am 12. Oktober 1983 setzte auf Grenada eine dramatische Entwicklung ein, welche den USA in die Hände spielte. Von Hardlinern unter der Führung seines Stellvertreters Bernard Coard wurde der beliebte Ministerpräsident erst entmachtet und eine Woche später erschossen. Das Ergebnis war ein destabilisiertes Regime auf Grenada, das sich weder innen- noch außenpolitisch der hohen Akzeptanz seines Vorgängers erfreute.

Einen Tag nach der Ermordung Bishops, am 20. Oktober, wurde eine für den Libanon bestimmte Flotte mit dem Flugzeugträger „Independence“ nach Grenada umdirigiert. Die Operation „Urgent Fury“ (drängende Wut) konnte anlaufen.

Am 25. Oktober 1983 nahmen Fallschirmspringer der US-Armee den neuen Flughafen des Kleinstaates ein. Nun landeten dort vierstrahlige Truppentransporter vom Typ Lockheed C-141 „Starlifter“, die außer Truppen auch Gerät wie Geländewagen und Mörser brachten. Währenddessen nutzten die US-Amerikaner Grenadas alten Flughafen, um mit Hubschraubern vom Träger „Guam“ Marines ins Land zu bringen. An Grenadas Küste lan­deten Landungsboote mit Panzern und leichteren Kettenfahrzeugen. Mit insgesamt 7000 eigenen Soldaten eroberten die USA Grenada. Hinzu kamen 300 Mann aus Antigua-Barbuda, Barbados, Dominica, Jamaica, St. Lucia und St. Vincent, die der US-Aktion einen internationalen Anstrich geben sollten. Ihnen standen 1500 Grenadiner gegenüber  die von maximal 100 Kubanern unterstützt wurden. Es standen also 1600 Verteidiger 7300 Invasoren gegenüber, und diesmal gewann Goliath gegen David. Innerhalb von rund einer Woche war Grenada in US-Hand.

Das Regime wurde entmachtet. Bernard Coard zusammen mit seinen Ehefrau inhaftiert. Im August 1986 wurde er von einem Gericht zum Tode verurteilt, diese Strafe wurde jedoch 1991 in lebenslange Haft umgewandelt. Anderen Angehörigen des gestürzten Regimes erging es ähnlich. Für die Übergangszeit bis zu den Parlamentswahlen von 1984 stützte sich die Besatzungsmacht vornehmlich auf den US-freundlichen offiziellen Vertreter der Queen auf Grenada, Gouverneur Paul Scoon. Aus den Wahlen ging das hierfür gegründete bürgerlich-konservative Sammelbecken „New National Party“ als Sieger hervor. Dessen Vorsitzender Herbert Blaize bekleidete für die nächsten Jahre das Amt des Ministerpräsidenten – und suchte in dieser Funktion den engen militärischen Schulterschluß mit den USA.

Für die Prodaganda des Ostblocks war Grenada ein gefundenes Fressen, um einmal mehr den den USA unterstellten Imperialismus brandmarken zu können, die Hardliner wurden gestärkt. Allerdings hatte der Warschauer Pakt im selben Jahr mit der Durchsetzung der Nato-Nachrüstung bei den Mittelstreckenraketen eine entscheidende politisch-psychologische Niederlage erlitten. Hinzu kamen gravierende Wirtschaftsprobleme, so daß auch „Grenada“ den 1985 eingeleiteten Kurswechsel der Sowjetunion zur Politik der „Perestroika“ (Umbau) nicht mehr aufhalten konnte. Manuel Ruoff

Die Aussage des damaligen Botschafters der USA in Paris, Evan Galbraith, im französischen Fernsehen am 26. Oktober 1983, daß die Invasion bereits in den vorausgegangenen zwei Wochen geplant worden sei, läßt immerhin vermuten, daß erst der Umsturz in Grenada die Ursache für die nun folgende Operation „Urgent Fury“ (drängende Wut) war.

Foto: Die USA schlagen zu: Ihre Truppen waren dem Gegner quantitativ und waffentechnisch hoch überlegen.


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