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25.10.08 / Guter Abschluß / Historiker der Bundeswehr zum Zweiten Weltkrieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-08 vom 25. Oktober 2008

Guter Abschluß
Historiker der Bundeswehr zum Zweiten Weltkrieg

Vor etwa 30 Jahren hatte das damals in Freiburg ansässige Militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundeswehr (MGFA) eine großangelegte Edition „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ begonnen. Das Projekt kam langsam voran, und mitunter, zumal als nach der Wende das Amt gegen den Willen vieler Mitarbeiter nach Potsdam verlegt wurde, schien es, als ob innerbetriebliche Querelen das Vorhaben zum Erliegen brächten. Fast wider Erwarten ist aber nun der zehnte und letzte Band „Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945“ erschienen. Und man muß sagen: Es gelang ein wirklich rühmenswerter Abschluß.

Das MGFA war keinerlei Weisungen „von oben“ ausgesetzt; das am Ende auf 50 Wissenschaftler angewachsene Autorenteam hat nach wissenschaftlichen Maßstäben arbeiten können, was der Edition zugute kam. Wiedergegeben wird der neueste Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und der Diskussion zeitgeschichtlicher Abläufe. Zur Verfügung standen nicht nur alle erdenklichen Archive in Deutschland und im Westen, sondern auch bislang verschlossene Archive in den osteuropäischen Ländern. In der Tat ist ein Standardwerk entstanden, das für lange Zeit maßstabsetzend zu diesem komplexen, aber auch entsetzlichen Thema sein wird.

Warum „entsetzlich“? Der jetzt erschienene zehnte Band macht in seinem umfassenden Resümee des Kriegsgeschehens noch einmal den ganzen Wahnwitz des von Hitler und seinem Regime mutwillig vom Zaun gebrochenen Krieges deutlich: Nachdem sich die ohnehin kaum realistische Hoffnung verflüchtigt hatte, daß Großbritannien unter Churchills Führung Ende 1940, auf dem Höhepunkt von Hitlers Macht, zu einem Frieden bereit sei, barg die Ausweitung des Krieges nach Osten und der Kriegseintritt der USA fast zwangsläufig – und das war einsichtigen Zeitgenossen bewußt, nur wagte es angesichts des allgegenwärtigen Terrors kaum jemand zu sagen – den Keim des Untergangs in sich.

Endphase und Resümee des Krieges stehen im Mittelpunkt des Bandes. Einmal mehr wird die maßlose Selbstüberschätzung der deutschen Führung, ihr Wunschdenken auf „Wunderwaffen“ und Zerwürfnisse unter den Alliierten, aber auch das katastrophale Kräfteverhältnis zwischen Wehrmacht und vielfach überlegener feindlicher Mann- und Feuerstärke deutlich. Und auch das gehört zum düsteren Bild des letzten Kriegsjahres: Die gnadenlosen Durchhalteparolen führten angeblich dazu, daß im letzten Kriegsjahr mehr Soldaten fielen, mehr Städte im Bombenhagel untergingen und mehr Zivilisten starben als in all den Jahren zuvor.

Ein eigenes Kapitel ist den Vertreibungen der Deutschen nach 1945 gewidmet. Flucht, Zwangsdeportationen und brutale Vertreibung kamen dabei zusammen: Der Höhepunkt der Vertreibungen von knapp 14 Millionen Menschen, die für fast zwei Millionen mit dem Tod endete, lag zwischen 1945 und 1947. Die Autoren greifen für ihre Darstellung weit zurück und erinnern daran, daß die Idee völkisch „sauberer“ Staaten in Europa gewissermaßen seit dem Ersten Weltkrieg in der Luft lag: Das Abkommen von Lausanne legalisierte 1923 formal die Vertreibungen von Griechen und Türken aus dem jeweils anderen Land.

Heute, angesichts von EU und europäischer Integration, möchte man glauben, die Völker hätten aus dieser schlimmsten aller europäischen Katastrophen gelernt. Die Autoren des MGFA ziehen am Ende ein Fazit, wonach nach 1949 der Grundkonsens geherrscht habe, daß nie wieder von deutschem Boden Krieg ausgehen dürfe. Das gilt nach wie vor.   Dirk Klose

Rolf-Dieter Müller (Hrsg.): „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“, Band 10: „Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945“ Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008, zwei Halbbände, 986 und 800 Seiten, je 49,80 Euro


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