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01.11.08 / Traum vom starken Staat / Paris und Berlin streiten sehr grundsätzlich über Staatsfonds

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-08 vom 01. November 2008

Traum vom starken Staat
Paris und Berlin streiten sehr grundsätzlich über Staatsfonds

Deutscher Liberalismus gegen französischen Voluntarismus – entlang dieser Linie streiten Paris und Berlin derzeit über die künftige Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik. „Ich möchte nicht, daß die Bürger eines Tages aufwachen und feststellen, daß sich die großen europäischen Industrieunternehmen in den Händen außereuropäischer Kapitaleigner befinden“, erklärte Nicolas Sarkozy am 21. Oktober in Straßburg. Der französische Präsident schlug vor, daß die EU-Mitglieder staatliche Investitionsfonds gründen, um Anteile von krisengeschwächten Unternehmen zu kaufen, die milliardenschwere russische, chinesische und nahöstliche Staatsfonds bereits beäugten. Später könnten die Staaten diese Aktien mit Gewinn wieder verkaufen, fügte er hinzu. Einen Tag danach äußerte er bei einem Industriebesuch in Annecy, daß die französischen Interventionsfonds „strategisch wichtige Unternehmen“ schützen sollten. Im Gegenzug zum Rettungsplan von 360 Milliarden Euro sollten sich die französischen Banken zur Kreditvergabe insbondere an kleine und mittlere Unternehmen verpflichten.

Einige dieser Vorschläge lösten in Deutschland einen Aufschrei aus. Alle Spatzen schrien von deutschen Dächern: „Interventionismus“, „Dirigismus“, „Verstaatlichung“! Es fehlte nur noch das Wort „Sozialismus“, zumal der Franzose seine Forderung nach einer „europäischen Wirtschaftsregierung“ wiederholte. Diese soll aus Treffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone bestehen, wie gerade am 4. und am 12. Oktober in Paris geschehen. Bezüglich der Fonds hatte Sarkozy allerdings keinen gemeinsamen europäischen, sondern nationale Fonds im Sinne.

Dennoch waren die Reaktionen in Deutschland ablehnend. Die „Tagesschau“ kommentierte frostig, daß Sarkozys Vorschläge für die EU-Partner „zu weit gingen“. In der „Welt“ fand ein Kommentator  „das Tempo beängstigend, in dem der französische Präsident seine absurde Idee eines Staatsfonds in die Realität umgesetzt hat. Der teilweise naive Glauben der Politik, nicht nur die Rolle des Schiedsrichters, sondern auch die eines starken Spielers ausfüllen zu müssen, droht nun zur größten Wachstumsbremse zu werden.“ Das Stichwort hatte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gegeben, der äußerte, daß Sarkozys Vorschlag „allen erfolgreichen Grundsätzen unserer Wirtschaftspolitik widerspreche“.

Werden diese liberalen Prinzipien angesichts der aktuellen Krise bleiben? In Deutschland haben bisher die Großbanken Unternehmen vor feindlichen Übernahmen geschützt. Diese Funktion fiel in Frankreich dem Staat zu. Können die geschwächten deutschen Banken weiter Schutzschild sein oder wird der französische Staatvoluntarismus den Weg auf der Krise zeigen? Sarkozy sucht Lösungen. Jean-Paul Picaper


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