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08.11.08 / Finanzkrise gefährdet das System Putin / Während die Opposition in der Krise ihre Chance wittert, versucht die Regierung den Wohlstand zu bewahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-08 vom 08. November 2008

Finanzkrise gefährdet das System Putin
Während die Opposition in der Krise ihre Chance wittert, versucht die Regierung den Wohlstand zu bewahren

Damit hatten die Russen nicht gerechnet: Die globale Wirtschaftskrise holt sie ein. Erst kürzlich hatte Ministerpräsident Putin versichert, Rußland verfüge über genug Reserven, um die weltweite Finanzkrise unbeschadet zu überstehen. Dies galt so lange, wie die Preise für Öl und Gas hoch genug waren, um durch die Exporteinnahmen Verluste – vor allem durch den Abzug ausländischen Kapitals – wettmachen zu können. Der Verfall des Ölpreises stellt Rußland vor Probleme, die nicht nur die Wirtschaft negativ beeinflussen, sondern auch Auswirkungen auf die politische Landschaft haben könnten.

Das System Putin ist in Gefahr. Seit Wladimir Putin im Jahre 2000 Präsident wurde, begann eine Konsolidierung. Die Wiederherstellung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung sorgte dafür, daß es den meisten Menschen besser ging. Trotz steigender Inflation in den letzten Jahren waren die Menschen daran gewöhnt, daß es stetig aufwärts ging.

Die Finanzkrise in Amerika und der Einbruch der Rohstoffpreise wirken sich nun auf russische Firmen aus. Furcht vor Arbeitslosigkeit und finanziellem Verlust macht sich unter den Menschen breit.

Diese Angst ist begründet, denn gerade erst gaben führende Unternehmen ihre Budgetpläne fürs kommende Jahr bekannt. Sie kündigten einen rigiden Sparkurs an, dem viele Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Viele Firmen planen, keine neuen Mitarbeiter mehr einzustellen beziehungsweise ihren bestehenden Personalbestand zu verkleinern.

Im Bankensektor sorgte die „Sberbank“ für Schrecken: Sie vermeldete, bis 2013 jeden vierten Mitarbeiter entlassen zu wollen. Davon ist nicht nur einfaches Personal betroffen, die Investmentfirma „Metropol“ will auch die Zahl ihrer Top-Manager deutlich reduzieren. Schlimmer noch für Rußland ist die Produktionsverringerung großer Industriebetriebe. Der Stahlkonzern „Severstal“ hat damit begonnen, seine Produktion um 25 bis 30 Prozent zu drosseln, wenn auch zur Zeit erst in seinen Niederlassungen in Europa und den USA. In Rußland breitet sich die Befürchtung aus, daß bald nach der Finanzbranche auch in der Industrie Arbeitsplätze verlorengehen werden. Betriebe der Telekommunikationsbranche, der Automobilindustrie und der Landwirtschaft sind von der Krise bedroht.

Betroffen sind auch die Rohstoffmonopolisten Gazprom und Rosneft, deren Auslandsschulden mit 100 Milliarden Dollar zu Buche schlagen. Ölpreis- und Rubelverfall lassen große Investitionsvorhaben in weite Ferne rücken.

Eines dieser Vorhaben ist der Bau der Konzernzentrale in St. Petersburg. Der „Gazprom-City“-Wolkenkratzer wird vorerst Zukunftsmusik bleiben. Putins Militärreform ist bedroht, aber auch Wohnungsbau- und Sozialprogramme. Während Präsident Medwedew seinen Bericht zur Lage der Nation hinauszögert, plant Ministerpräsident Putin eine Änderung seiner Anti-Krisenpolitik. Er stellte ein Hilfsprogramm für angeschlagene Banken in Aussicht, die Einführung von Importzöllen soll die russische Autoindustrie und die Landwirtschaft schützen. Daneben empfiehlt Putin ein Sparprogramm, ab 2009 will er die staatlichen Ausgaben kürzen.

Die Opposition sieht in der Krise eine Chance, liberale Kräfte in Rußland wiederzubeleben. Federführend ist der ehemalige, von Putin entlassene Premier Michail Kasjanow. Er versucht, als Mitglied der Europäischen Liberalen Demokratischen Reformpartei (ELDR) Einfluß in Rußland zurück-zugewinnen. Umfragen zufolge ist Putin aber trotz Wirtschaftskrise und Georgienkrieg weiterhin der populärste Politiker des Landes, dicht gefolgt von Präsident Medwedew.    M. Rosenthal-Kappi


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