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08.11.08 / Der letzte Tusch / Zirkus Siemoneit-Barum verabschiedete sich vom Publikum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-08 vom 08. November 2008

Der letzte Tusch
Zirkus Siemoneit-Barum verabschiedete sich vom Publikum

Lange haben Zirkusfreunde gehofft, daß es weitergehen würde mit dem Zauber unter dem Himmel des Riesenzeltes, daß die nächste Generation den elterlichen Betrieb übernimmt. Doch Rebecca und Max Siemoneit haben sich anders entschieden. Sie wollen erst einmal eine Auszeit nehmen und die Zukunft des Zirkus konzeptionell überdenken. Diese Formulierung läßt hoffen. Für Gerd Siemoneit-Barum allerdings hieß es Ende Oktober endgültig zum letzten Mal: „Manege frei …“ Bereits 2002, mit über 70 Jahren, hatte er seinen Beruf als Raubtier-Dompteur aufgegeben und den Zirkus als Direktor weitergeführt. Nun aber geht er endgültig in den Ruhestand. Seine legendären weißen Tiger hat er längst im Tierpark Hodenhagen untergebracht. Und auch für die anderen Tiere wird gesorgt sein. Einen Teil übernimmt Tochter Rebecca, auch bekannt als Iffi Zenker in der Serie „Lindenstraße“, in ihre Firma Barum & Bauer Performance GmbH. Die Verträge mit den Artisten werden ohnehin nur für eine Saison abgeschlossen, viele der festen Mitarbeiter gehen in Rente. Für Siemoneit war es wichtig, einen sauberen Abschluß zu machen. Der Kostendruck für einen traditionellen Zirkus sei ständig gewachsen. Qualität aber sei ihm stets wichtig gewesen.

Diese Gradlinigkeit mag an seinen Wurzeln liegen, denn Gerd Siemoneit ist ein waschechter Ostpreußen, geboren 1931 in Gumbinnen. Schon als Jugendlicher wollte er Raubtierdompteur werden. Ohne das Wissen seiner Familie arbeitete er bereits mit 15 Jahren für kurze Zeit beim Zirkus Williams. 1948 ging er dann zum Zirkus Barum (1878 vom Tierhändler Carl Froese in Königsberg gegründet), dessen Inventar und Namen er später übernehmen sollte. Zunächst war er dort aber als Requisiteur und später als Tierpfleger beschäftigt. Seine erste eigene Raubtier-Dressur mit Löwen und Tigern zeigte er 1952. 1963 gelang ihm dann eine Dressur-Sensation: Aus drei Metern Höhe sprang ihm sein schwarzer Panther Onyx in die Arme. Für seinen einzigartigen Dressurstil wurde er mehrfach hoch ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und der 1998 vom monegassischen Fürsten Rainier verliehenen Ehrung für sein Lebenswerk. 1970 gründete Gerd Siemoneit-Barum seinen eigenen Zirkus, den Circus Siemoneit-Barum. Er war fortan Namensgeber, Direktor und Raubtier-Dompteur in einem. Außerdem trat er in Dokumentarfilmen und Fernsehserien auf.

Der letzte Tusch des Orchesters mag auch dem Prinzipal gegolten haben – Gerd Siemoneit-Barum, der die Zirkuswelt geprägt hat wie kein Zweiter und der von dieser Welt sagt: „Ich hatte die Heimat und alles verloren. In der Zirkuswelt suchte ich ein neues Zuhause.“ Silke Osman


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