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08.11.08 / Ein Richter als Waffe / Justiz-Thriller

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-08 vom 08. November 2008

Ein Richter als Waffe
Justiz-Thriller von Grisham

41 Millionen Dollar Schadensersatz: Diese Summe scheint den Anwälten und der Klägerin schier unglaublich hoch, doch in erster Linie sind sie froh, den jahrelangen Rechtsstreit endlich hinter sich zu haben.

Eigentlich möchte man meinen, alles sei jetzt gut, doch an dieser Stelle setzt der US-Erfolgsautor John Grisham mit seiner neuesten Geschichte erst ein. „Berufung“, so der Titel, der dem Leser gleich anzeigt, daß die Klägerin Jeanette Baker trotz gewonnenen Prozesses keineswegs sofort den Schadensersatz von Krane Chemical bekommt. Der Chemieriese kann es sich nämlich keineswegs leisten, der Witwe für den nachweisbar von Krane Chemical verursachten Krebstod ihres Mannes und Sohnes die erstrittene Entschädigung zu zahlen. Die Bakers sind nämlich nicht die einzigen Todesfälle, die der kleine Ort Bowmore zu beklagen hat. Zahlreiche Krebstote und Kranke waren die Folge der von Firmenchef Carl Trudeau bewußt begangenen Umweltsünden, die den Milliardär im Nachhinein äußerst teuer zu stehen kommen könnten. Um eine Klageflut der Betroffenen zu verhindern, geht Krane Chemical in Berufung.

John Grisham läßt sich Zeit bei der Einführung der verschiedenen Charaktere. Die harmlose Jeanette Baker und das ambitionierte, aber finanziell völlig ruinierte Anwaltspaar Mary Grace und Wes Payton kämpfen gegen den skrupellosen Konzernchef. Schnell wird deutlich, wer bei Grisham gut und wer böse ist. Allerdings gewinnen bei ihm die Guten nicht automatisch, und dieses Mal hat er einen interessanten Weg gefunden, um den Vernichtungskampf des Giganten gegen die klagewütigen Opfer seiner Machenschaften darzustellen. Trudeaus Wunderwaffe heißt Ron Fisk, ist Anwalt, extrem konservativ, glücklich verheiratet, Vater entzückender Kinder und selber gutaussehend. Aber er weiß nicht, daß er benutzt wird, und freut sich ganz gutgläubig darüber, daß ihn eine Organisation bittet, für das Amt eines der acht Richter am Supreme Court in Mississippi zu kandidieren. Ron Fisk ist offenbar sehr naiv, denn John Grisham läßt ihn sich nicht darüber wundern, daß Menschen bereit sind, mehrere Millionen in seinen, vom Autor erfreulich anschaulich geschilderten Wahlkampf um das Richteramt zu investieren. Dieser Wahlkampf ist zentrales Thema des zugegeben zu Schwarzweißmalerei neigenden Romans, der ohne Mord und Totschlag auskommt und trotzdem gute Unterhaltung bietet.            Bel

John Grisham: „Berufung“, Heyne, München 2008, geb., 460 Seiten, 19,95 Euro


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