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22.11.08 / Neue Machtbalance / Bei der Reform der Weltfinanzmärkte hat die G 8 ausgedient

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Neue Machtbalance
Bei der Reform der Weltfinanzmärkte hat die G 8 ausgedient

Der von manchen erhoffte schnelle Durchbruch ist ausgeblieben beim Weltfinanzgipfel am Wochenende in Washington. Und doch brachte das Treffen zwei wichtige Ergebnisse. Das eine ist die Aufwertung der sogenannten Schwellenländer, wie Indien, China, Brasilien, aber auch Saudi-Arabien, Mexiko, Pakistan und der Türkei. Diese Länder sind allesamt zumindest regionale, demographische oder finanzielle Großmächte, und der deutsche Begriff „Schwellenländer“ paßt auf sie längst nicht mehr, da sie die Schwelle zur Industrialisierung teilweise schon seit vielen Jahren überschritten haben.

Indiens Ministerpräsident Manmohan Singh, der 1,15 Milliarden Menschen repräsentiert, erklärte in Washington selbstbewußt, daß die aktuelle Krise nicht von dieser Ländergruppe ausgegangen sei, sie aber nun am härtesten von ihr getroffen werde. Der sozialistische brasilianische Präsident Lula da Silva sprach gar davon, der Gipfel bedeute „faktisch“ das Ende der bisherigen G-8-Gruppe. Das halten Experten für weit überzogen, Tatsache ist aber, daß ohne Länder wie China und Saudi-Arabien, die über enorme Finanzreserven verfügen, die aktuellen Probleme kaum zu lösen sind. Die Vertreter der europäischen Länder, aber auch Japans und der USA haben denn auch gerade diese beiden neuen „Krösusse“ aufgefordert, die durch eine Serie von Hilfs- und Rettungsaktionen stark zusammengeschmolzenen Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzustocken.

Durchaus möglich, daß sie auch dazu bereit sind, aber natürlich nicht ohne erweiterte Mitspracherechte, wenn nicht gar ohne gründlich geänderte Strukturen bei IWF und Weltbank. Ein US-Vertreter erklärte offen, er rechne mit einem „schmerzlichen Kampf“ um die künftigen Führungsstrukturen dieser Institutionen.

Noch aber konnten die USA, die mittel- und langfristig mit weniger Einfluß auf der weltpolitischen Bühne rechnen müssen, einige ihrer Vorstellungen durchsetzen. So enthält das Abschlußdokument von Washington nicht nur ein Bekenntnis zu freier Marktwirtschaft und Abbau von Handelshindernissen, sondern auch zum freien Kapitalverkehr.

Auf der anderen Seite stehen der Ruf nach Verbesserung der Transparenz und Rechenschaftspflicht bei komplizierten Finanzprodukten sowie die Forderung, Banken und andere Marktteilnehmer dürften keine übermäßigen Risiken mehr eingehen und müßten künftig weit detaillierter über ihre Finanzlage informieren. Vor allem die Forderung, die Regulierung und Kontrolle solle sich in Zukunft auf „alle Finanzmärkte, Finanzprodukte und Marktteilnehmer“ einschließlich der Rating-Agenturen erstrecken, trägt die Handschrift der EU und steht diametral gegen bisherige Positionen der USA. Bundeskanzlerin Merkel sprach sogar von „wichtigen Schritten zu einer globalen Wirtschaftsordnung“.

Zur Umsetzung der Leitlinien sind mehrere Folgetreffen geplant, das erste soll am 30. April stattfinden. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten dagegen ein weiteres Gipfeltreffen bereits im Februar befürwortet.        K.B.


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