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22.11.08 / Vielfacher Übermacht standgehalten / Die deutsche Schutztruppe in Ostafrika streckte erst nach dem Waffenstillstand von Compiègne die Waffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Vielfacher Übermacht standgehalten
Die deutsche Schutztruppe in Ostafrika streckte erst nach dem Waffenstillstand von Compiègne die Waffen

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, war Paul von Lettow-Vorbeck ein unbekannter Kolonialoffizier, als 1918 alles zu Ende ging, war er ein ruhmbedecktes Vorbild des deutschen Heeres. Unter seiner Führung hatte sich die deutsche Schutztruppe in Ostafrika gegen vielfache Überlegenheit behauptet. Sie streckte die Waffen erst Ende November 1918.

Dr. Heinrich Schnee, der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika glaubte, daß sich auch die Westmächte an die Kongoakte halten würden, wonach im Falle eines europäischen Krieges alle Kolonien des Kongo-Beckens neutral sein sollten. Für den Fall – der dann eintrat – daß Großbritannien diesen Vertrag brechen würde, wollte Schnee nur symbolischen Widerstand leisten, um die „Ehre der Fahne“ sicherzustellen. Tatsächlich waren sich die Alliierten nicht einig. Frankreich und Belgien forderten eine Respektierung der Kongoakte – Großbritannien jedoch lehnte dies am 17. August 1914 auf Betreiben Winston Churchills ab.

Lettow-Vorbeck hatte grundsätzlich andere Vorstellungen vom Kampf in den Kolonien als Schnell und bekam mit diesem bald viel Ärger. Er wollte Deutsch-Ostafrika dauerhaft halten und sogar durch offensives Vorgehen möglichst viele feindliche Truppen in Afrika binden, die den Entente-Mächten dann in Europa fehlen würden. Lettow-Vorbeck wies dabei seiner schwarzen Hilfstruppe, den Askaris, eine zentrale Rolle zu. Die deutsche Kolonialherrschaft war in Ostafrika bei den Eingeborenen – auch wenn das viele „Gutmenschen“ ohne nähere Kenntnis der damaligen Verhältnisse heute anders behaupten – ausgesprochen populär. Das hatte einen handfesten Grund: Deutschland unterband den Sklavenhandel. Kein Schwarzer mußte mehr fürchten, von arabischen Sklavenhändlern gefangen und verschleppt zu werden. So hatten die Askaris, anders als die schwarzen Hilfstruppen der Briten, Belgier und Franzosen einen guten Grund für ihren Kampf. Sie wollten nie wieder Sklavenjäger in ihrem Land sehen.

Vom 2. bis 4. November 1914 scheiterte eine britische Invasion mit einem zahlenmäßig weit überlegenen Expeditionskorps bei Tanga. Bereits vorher hatten die Briten unter anderem mit einem Linienschiff und mehreren Kreuzern erhebliche Seestreitkräfte aufgeboten, um die Küste zu blockieren. Im April 1915 und März 1916 gelangten trotzdem deutsche Sperrbrecher mit Nachschub auf dem Seeweg in die Kolonie. Auf den großen Binnenseen Viktoria-, Kiwa- und Tanganjikasee kam es zu kleineren Seegefechten.

Erst im März 1916 begann eine neue, diesmal systematische, alliierte Offensive von der Landseite. Am 16. September 1916 ging mit Kiswere der letzte Hafenplatz verloren. Allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt die deutsche Schutztruppe ihre zahlenmäßig größte Stärke erreicht. 3000 weiße Deutsche und 12000 Askaris standen nun unter Waffen. Ihnen standen fast 100000 Engländer und Belgier gegenüber. Dennoch hatten die Briten erst Ende 1917 alle Siedlungen und Städte erobert. Das nutzte den Alliierten aber nichts, denn nun ging Lettow-Vorbeck zum Guerillakrieg über. Seine Vorgehensweise wurde später sogar von Mao Zedong studiert und nachgeahmt. Ende 1917 sollte nochmals ein Versuch aus der Heimat unternommen werden, Nachschub in die bedrängte Kolonie zu bringen. Da der Seeweg für ein solches Unternehmen inzwischen als wenig aussichtsreich galt, sollte ein Zeppelin die lange Fahrt durchführen. Am 21. November 1917 startete L 59 zu seinem 6757 Kilometer langen Rekordflug von Jambol in Bulgarien. Dieses Unternehmen schlug fehl, aber die Schutztruppe blieb dennoch weiter aktiv. Von den Hafenplätzen abgeschnitten, verlagerten sich die Kämpfe ins Landesinnere. Die Truppe war nun nur noch 278 Deutsche und 1600 Askaris stark.

Am 25. November 1917 wich Lettow-Vorbeck mit seiner Truppe überraschend nach Mosambik aus, um am 24. August 1918 wieder nach Ostafrika zurückzukehren. Stets verstand er es, sich mit seiner immer weiter schrumpfenden Truppe einer Entscheidungsschlacht zu entziehen. In die Enge getrieben marschierte er am 1. November 1918 in die britische Kolonie Rhodesien ein. Die Nachricht vom Waffenstillstand erreichte ihn erst verspätet. So streckte seine kleine, aber keineswegs besiegte Truppe am 25. November 1918 die Waffen. Sie zählte nur noch 155 Deutsche und 1168 Askaris. Die Bewaffnung bestand nur noch aus belgischen und englischen Beutegewehren. Von den 37 Maschinengewehren waren nur sieben aus deutscher Produktion. Und das einzige Feldgeschütz mit 40 Schuß Munition kam aus Belgien.

Der deutschen Schutztruppe wurden durch den gegnerischen Oberbefehlshaber ausgesprochen ehrenvolle Übergabebedingungen zugestanden. Die Askaris konnten sofort nach der Niederlegung der Waffen heimkehren. Auch den Deutschen machte man keine Schwierigkeiten, und schon am 28. Februar 1919 erreichten die Überlebenden der Schutztruppe Rotterdam. Am 2. März 1919 paradierten sie durch das Brandenburger Tor in Berlin.

Sieben Jahre später setzte Lettow-Vorbeck durch, daß seine treuen Askari-Soldaten den ausstehenden Wehrsold und eine Rente ausgezahlt bekamen. Nach dem erneutem Zusammenbruch 1945 übernahm die Bundesrepublik Deutschland die Verantwortung für die Askaris und nahm die Rentenzahlung an diese Veteranen wieder auf.        Hans Lody

Foto: Lettow-Vorbecks Kämpfer: Am 2. März 1919 paradierten sie durch das Brandenburger Tor.


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