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22.11.08 / »Eintauchen in heimatliche Geborgenheit« / LO-Sprecher Wilhelm v. Gottberg ließ 50 Jahre Ostheim Revue passieren – Ein beliebter Treffpunkt nicht nur für Ostpreußen 

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

»Eintauchen in heimatliche Geborgenheit«
LO-Sprecher Wilhelm v. Gottberg ließ 50 Jahre Ostheim Revue passieren – Ein beliebter Treffpunkt nicht nur für Ostpreußen 

Neben dem 60jährigen Bestehen der Landsmannschaft gab es vor 14 Tagen ein zweites Jubiläum zu Begehen: Das 50jährige Bestehen des Ostheims. Aus diesem Anlaß hielt der Sprecher der LO, Wilhelm v. Gottberg, im Rahmen eines gemütlichen Abends folgende Ansprache.

Der Verein Ostheim wurde am 24. Oktober 1956 von der Landsmannschaft Ostpreußen und der deutsch-baltischen Landsmannschaft gegründet und in das Vereinsregister des Amtsgerichts Bonn eingetragen. Bonn ist auch heute noch offizieller Sitz des Vereins Ostheim e.V.

Der Zweck des Vereins war und ist die Durchführung von Vortragsveranstaltungen, Lehrgängen und Seminaren mit dem Ziel, ostpreußische Geschichte und Kultur im Bewußtsein der Ostpreußen und des gesamten deutschen Volkes zu erhalten, pflegen und weiterzuentwickeln sowie den Heimatgedanken zu fördern und der Völkerverständigung zu dienen.

In der Zeit des Kalten Krieges war auch die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus ein Aspekt für die Arbeit des Vereins Ostheim.

Bald nach der Gründung des Vereins stellte sich heraus, daß zur Durchführung der satzungsgemäßen Aufgaben und zur Verwirklichung der angestrebten Ziele ein festes Haus notwendig war. Die Verantwortlichen der Landsmannschaft waren sich damals einig, daß der Vereinszweck am Besten durch ein geistiges Zentrum in Form einer Jugendbildungs- und Tagungsstätte erreicht werden konnte. Um störende Einflüsse und Abhängigkeiten von Dritten zu vermeiden, erschien es schon damals wünschenswert, das Eigentum am Schulungszentrum zu erwerben. Schon im Mai 1958 gelang es den beiden Mitgliedern des Vereins Ostheim e. V., der LO und der Landsmannschaft der Balten-Deutschen, die Kurklinik Wiesenhaus in Bad Pyrmont zu erwerben, nachdem Objekte in Mölln, Scharbeutz und auch in Berlin verworfen wurden.

Das damalige Ministerium für Familie und Jugend leistete dankenswerterweise eine Finanzierungshilfe zum Erwerb des Hauses.

Es war damals für die Verantwortlichen der Landsmannschaft eine kluge und mutige Entscheidung, dieses Haus zu kaufen. Damals gab es noch keine Zuschüsse für Seminare und Veranstaltungen durch die öffentliche Hand, wie es heute noch gängige Praxis ist. Der gesamte Schulungs- und Seminarbetrieb mußte durch die Teilnehmer sowie durch Zuschüsse der Landsmannschaften abgedeckt werden, Die Gäste, die in das Ostheim kamen, hatten alle das Flüchtlingsschicksal erleiden müssen und gehörten deshalb nicht zu den gutsituierten Kreisen der Altbundesrepublik.

Es war ein Experiment, und dieses Experiment ist geglückt, was durch die heutige Veranstaltung 50 Jahre Ostheim dokumentiert wird.

Mit dem Ausscheiden der balten-deutschen Landsmannschaft als Träger des Ostheims im Jahr 1963 steht das Haus nun in der alleinigen Verfügungs- und Verantwortungskompetenz der Landsmannschaft Ostpreußen.

Für viele unserer Landsleute ist dieses Haus zur Heimat geworden. Es ist ein Ort, an dem man eintauchen kann in heimatliche Erinnerung, in heimatliche Geborgenheit. Es ist ein Ort, an dem die Heimat auf Schritt und Tritt die Menschen einfängt.

Dies gilt allerdings nur für die Menschen der Erlebnisgeneration. Für sie war der Besuch des Ostheims immer ein Stück Lebensqualität und Lebenshilfe, die beitrugen, ein schweres Vertreibungsschicksal zu bewältigen.

Wer von unseren ostdeutschen Schicksalsgefährten einmal in das Ostheim nach Bad Pyrmont kam, kam in der Regel wieder, und das nicht nur einmal, sondern vielleicht ein Dutzend Mal.

Für die Nachgeborenen der Erlebnisgeneration gilt ein anderer Schwerpunkt. Die Schulen und somit der Staat kommt seiner Verpflichtung, umfassend über die Kultur- und Geistesgeschichte des deutschen Ostens zu informieren, nicht nach. Damit die Geschichte der Ostprovinzen des früheren Deutschen Reiches nicht in wenigen Jahrzehnten zu einer Fußnote in den Geschichtsbüchern verkommt, müssen wir uns bemühen, Kenntnisse zu vermitteln, die bei den Nachwachsenden das Bewußtsein vermitteln, ein Erbe und einen Auftrag erhalten zu haben, daß beides weitergetragen werden muß.

Im übrigen können Kenntnisse in der ostdeutschen Kultur- und Geistesgeschichte das Selbstbewußtsein der nachwachsenden Generation stärken. Eine Aussage meines ältesten Sohnes ist exemplarisch für einen Teil der Nachgeborenen der Flüchtlingsgeneration.

Zitat: „Seit ich die Gutshäuser meiner Großeltern väterlicher- wie mütterlicherseits aufsuchen konnte, weiß ich erst richtig, woher ich komme. Ostpreußen war eine entwickelte, europäische Siedlungsregion, ebenso wie Bayern oder Sachsen. Diese Erkenntnis hat mein Selbstbewußtsein gestärkt.“

Das Ostheim hat in den vergangenen 50 Jahren mehr als 2500 Seminare und Veranstaltungen durchgeführt. Es kommen nicht nur Ostpreußen hierher, sondern auch Oberschlesier, Pommern, Westpreußen und Baltendeutsche, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, aber auch solche exotischen Vereinigungen – ich sage das mit Sympathie – wie die Züchtervereinigung des ostpreußischen Skuddenschafes und des pommerschen, rauhwolligen Landschafes. Mit besonderer Anteilnahme haben wir ein Treffen hier im Ostheim registriert aus Anlaß der fünfzigjährigen Wiederkehr der Freilassung aus dem russischen Arbeitslager Schadrinsk. Es finden Klassen- und Schultreffen, Gemeinde- und Ortstreffen ostdeutscher Gruppierungen statt. Gelegentlich kommen wir auch dem Wunsch nach, ein Familienfest oder ein Jubiläum im Ostheim feiern zu können.

Aus der Fülle der von der LO durchgeführten Veranstaltungen sollen zwei besonders hervorgehoben werden, das sind: Die ungemein populären staatspolitischen Seminare, mehr als 100 haben in diesem Hause stattgefunden. Sie wurden begründet und lange Zeit geleitet vom unvergessenen Fritz Löbert, Kreisvertreter von Königsberg-Land. Leider mußte diese Serie wegen nicht mehr gewährter Zuschüsse 1991 beendet werden.

Die traditionsreiche Einrichtung der Werkwoche ist zu einer Institution geworden. Werkwoche, so stand es einmal in der PAZ geschrieben, Werkwoche, das ist ein Sympathieträger, der es versteht, allen nichtostpreußischen Teilnehmerinnen, und es werden immer mehr, Ostpreußen auf eine ganz besondere Weise nahezubringen.

Hier wird Ostpreußen als etwas erfahren, das lebendig is,t und nicht als etwas abstraktes. Eine Werkwoche berührt die Seele. Mehrere Dutzend Werkwochen haben inzwischen hier im Hause stattgefunden.

Unvergessen bleiben die ersten Begegnungsseminare mit unseren mitteldeutschen Landsleuten im Jahr 1990. Für sie war es nicht nur innere Genugtuung, sondern fast so etwas wie eine Therapie, endlich über ihr schweres Vertreibungsschicksal mit Schicksalsgefährten sprechen zu können.

Ebenfalls unvergessen bleiben die ersten Begegnungsseminare mit unseren heimatverbliebenen Landsleuten aus Ostpreußen zum Jahresende 1990. Sie wurden schon so früh durch den besonderen Einsatz von Gerhard Prengel ermöglicht und auch von ihm geleitet. Heute gehören die Begegnungsseminare mit unseren heimatverbliebenen Landsleuten zu einer Selbstverständlichkeit.

Das Ostheim mit dem Verein Ostheim e. V. ist ein geliebtes Kind der Landsmannschaft Ostpreußen. Dies belegt die Tatsache, daß die Landsmannschaft in den vergangenen 50 Jahren mindestens 900000 Deutsche Mark für den Erhalt und den Betrieb des Hauses aus eigenen Mitteln aufgebracht hat. Dazu kommt der Kaufpreis des Hauses. Und noch ein kleines Detail: Von den fünfzig Jahren, die die Landsmannschaft jetzt in Besitz des Ostheims ist, haben die verschiedenen Sprecher 35 Jahre lang den Vorsitz im Verein gehabt.

50 Jahre Ostheim, das ist eine Fülle von Episoden und Fakten. Die Geschichte dieses Hauses, wäre sie denn akribisch protokolliert worden, ergäbe ein umfangreiches Werk, das Aufschluß gäbe über viele menschliche Begegnungen und Schicksale von Menschen, die sich nach Jahren des Verlorenseins zufällig hier wieder gefunden haben. Das Ostheim und die hier stattgefundenen Veranstaltungen waren segensreich für Ostpreußen und die Ostpreußen und für viele Menschen der anderen deutschen Stämme. Möge das auch zukünftig so sein.

Foto: Für viele ist das Ostheim, die Jugendbildungs- und Tagungsstätte der Landsmannschaft Ostpreußen in Bad Pyrmont, zu einem Stück Heimat geworden.


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