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22.11.08 / Nur der Schöpfer kann aus dem Tod neues Leben erwecken / Christliche Gedanken zum Ewigkeitssonntag – Die Hoffnung auf Auferweckung hat schon jetzt positive Folgen im Alltag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Nur der Schöpfer kann aus dem Tod neues Leben erwecken
Christliche Gedanken zum Ewigkeitssonntag – Die Hoffnung auf Auferweckung hat schon jetzt positive Folgen im Alltag

Viele von uns haben im abgelaufenen Kirchenjahr einen nahestehenden Menschen verloren und trauern um ihn. Plötzlich und unerwartet, mitten aus dem Leben, oder voraussehbar, vielleicht sogar vom Kranken nach langem Leiden müssen selbst längst erhofft, starb er und fehlt uns nun. Ganz gleich, wie lange er leben durfte, ob er schon als Kind oder erst in hohem Alter starb – immer war es für uns noch zu früh.

Wenn ein Mensch gestorben ist, bewegen uns zunächst rückblickend Fragen nach den Gründen und Umständen seines Todes. Da kann auch Zorn aufkommen, wenn der Tod noch zu vermeiden gewesen wäre, wenn er durch Unrecht, Gewalt, den Krieg und seine Folgen verursacht war. Auch bedauern wir, was dem Verstorbenen nun nicht mehr mitzuerleben möglich ist, welche Pläne er nicht mehr vollenden kann. Dann betrauern wir den Verlust, der durch diesen Tod für uns selbst eingetreten ist, die aufgerissene Lücke in unserem eigenen Leben. Schließlich kommen auch Fragen nach der Zukunft des Verstorbenen auf, nicht nur aus verständlicher Neugier, sondern auch aus Sorge um unsere Verstorbenen. Aus Liebe fragen wir uns, was wir für sie noch Gutes tun können. Doch nach christlichem Glauben sind alle Toten in Gottes Hand; wir können nichts mehr für sie tun. Auch alles, was noch bei der Bestattung kirchlich-kultisch geschieht, ist eigentlich nur ein Abschieds- und Übergabe-Ritus. Außer den Fürbitten und Segenswünschen für den Toten gelten die Worte des Pfarrers und die Lieder in erster Linie den Trauernden zu Trost und Hoffnung.

In Todesanzeigen lesen wir: „In unserem Herzen lebst Du weiter.“ Auch Immanuel Kant wird zitiert: „Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern. Tot ist nur, wer vergessen wird.“ – Doch diese Art von Weiterleben ist wohl bestenfalls auf die Zeit der nächsten beiden Generationen begrenzt; danach erinnern meistens nur noch Grabsteine oder Familiengeschichten von fern an die Verstorbenen. Christliches Denken schaut hinauf zu Gott und seiner Ewigkeit. Wir fragen genauer nach der Hoffnung, die wir als Christen aufgrund der Auferweckung Jesu Christi von den Toten haben dürfen. Wird es eine solche auch für uns geben? Und wenn ja, wie soll das zugehen? Es gibt allerdings auch kluge Leute, die sich selbst den Blick über die Todesgrenze verbieten. Albert Schweitzer, der Theologe, Arzt und Musiker, hat einmal gesagt: „Was wir für unser Leben brauchen, hat uns Gott offenbart. Was danach kommt, überlasse ich vertrauensvoll ihm.“ – Tatsächlich müssen wir nicht alles wissen. Wir können, gerade in diesen Fragen, nur spekulieren oder die Aussagen der Bibel darüber zu verstehen versuchen. So schreibt Paulus im 1. Brief an die Korinther, Kapitel 15, Verse 42 bis 44a: „So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ Paulus beschreibt hier natürlich kein Wissen, sondern er zieht Folgerungen aus dem biblischen Schöpfungsglauben und aus der Auferweckung Jesu. Es sind tastende Versuche, sich dem Geheimnis von Tod und Leben zu nähern.

Wenn Paulus ganz drastisch von Verwesen spricht, dann wendet er sich indirekt gegen die im griechisch-platonischen Denken und sogar noch bei uns weit verbreitete Vorstellung, wir Menschen besäßen eine unsterbliche Seele, einen auch durch den Tod nicht zerstörbaren Personenkern. Diese Vorstellung ist sogar in die Theologie und bis in unser Gesangbuch eingedrungen. Da heißt es in einem Lied von Johann H. Schein (EG 525, 3): „Ruht doch der Leib sanft in der Erd, die Seel zu dir sich schwinget ...“ – Zu fragen ist allerdings, ob dieses so schön tröstlich erscheinende Bild nicht doch unsere menschlichen Möglichkeiten weit überschätzt. Haben wir wirklich eine Kraft in uns, die unser Sterben überdauert? Bestenfalls dürfen wir von einer auch im Tod bleibenden Verantwortung vor Gott sprechen, der wir auf keine Weise entgehen können.

Nach paulinischem Denken haben wir nicht nur einen Leib, sondern sind völlig leiblich, mit Leib, Geist, Seele in unzertrennbarer Einheit. Wobei das Seelische nur eine besondere Seite unseres Ganzen ist, das mit unserm Sterben ebenso vergeht wie alles andere an und in uns. Paulus will uns mit seiner nüchternen Ausdrucksweise unsere Illusionen wegnehmen, als könnten wir von uns aus zu Gottes Ewigkeit gelangen. Wenn es eine nach dem Sterben noch bleibende Seele gäbe, müßte auch sie also von Gott erst erlöst und für das ewige Leben zubereitet werden. Mag sein, daß „die Parapsychologie zuver-

lässig beglaubigte Beispiele außersinnlicher Wahrnehmungen vorlegt, die eine außerkörperliche geistig-seelische Existenz für möglich erscheinen lassen“, wie der Theologe Heinz Zahrnt schreibt (in „Gotteswende“, Seite 224). Aber auch Zahrnt meint nicht, daß sich daraus das ewige Leben begründen läßt, das allein Gottes lebensschaffende Tat bleibt.

Der Apostel Paulus jedenfalls will in unseren Herzen und Köpfen Platz machen für die einzig angemessene Hoffnung, die allein auf Gott vertraut. Denn nur der Schöpfer kann aus dem Tod neues Leben erwecken. Paulus erinnert kurz vorher an die Vielfalt der Lebewesen und Gestirne, in der sich die wunderbare Schöpferkraft Gottes zeige. Wenn Gott solch Wunderbares hervorbrachte, dann dürfen wir auch darauf vertrauen, daß er aus völlig Verwestem und Vergangenem neues Leben erschaffen kann.

Nicht mehr nach dem Modell des Adam, so des aus den Elementen der Erde Gemachten, mit zwar lebendiger aber sterblicher Seele, der wieder zu Erde werden muß. Sondern nach dem Modell Christi, mit einem „geistlichen Leib“ werden wir von Gott zu ewigem Leben erweckt. Wann, wo und wie das geschehen kann, werden wir nicht erfahren, sollten es aber, wie Albert Schweitzer von sich sagt und uns rät, vertrauens- und hoffnungsvoll Gott überlassen. Solche Hoffnung auf Auferweckung durch Gott hat schon jetzt positive Folgen für unseren Alltag. Sie hilft dazu, den Verlust geliebter Menschen eher auszuhalten, nicht in Schwermut zu versinken und sich nicht abzukapseln.

Unsere Liebe, die jetzt nicht mehr den Verstorbenen erreicht, dürfen wir nun an andere Menschen verschenken, die ja auch von Gott geliebt sind. Gerade Menschen in Trauer nach schwerem Verlust sollten – auch durch uns Trauernde – nicht in ihrer Trauer allein bleiben müssen, sondern neue Hoffnung und Lebensmut durch unsere Liebe bekommen.

Unsere Auferstehungshoffnung stärkt auch die Bereitschaft zum Ertragen von Spannungen und Konflikten, von Geschehnissen und Nöten, die unser Leben belasten. Die Hoffnung auf Gottes Neuschöpfung schenkt uns Kraft, dem zu widerstehen, was uns niederdrücken will. Auch unser unvollkommenes, bruchstückhaftes Leben hat eine erfreuliche Perspektive, wenn es im Vertrauen auf Gott gestaltet wird, der in seiner grenzenlosen Liebe schließlich alles zum Guten wenden wird. Darauf hoffen wir Christen an guten wie an schlimmen Tagen, in Hochzeiten des Lebens wie in Zeiten der Trauer.

Klaus Plorin, Pfarrer i. R.


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