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22.11.08 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-08 vom 22. November 2008

Der weise Peter / Wie es in der Marktwirtschaft zugeht, warum Struck so gut Bescheid weiß, und wie Sodann die Demokraten beim Kragen packt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Sahra Wagenknecht hat sogar ein Buch veröffentlicht, in welchem sie mit dem Kapitalismus abrechnet, und zwar endgültig, denn den Kapitalismus hat’s tödlich erwischt. Das ist die Botschaft der Schönen von der Linkspartei, die die perfekte Rollenbesetzung wäre für eine „Lindenstraßen“-Folge mit dem Titel: „Rosa Luxemburg kommt um fünf zum Mate-Tee“.

Der anschwellenden Schar von Kapitalismusbestattern bricht die Stimme vor Begeisterung, wenn sie uns Ungläubigen die grausige Wahrheit ins Gesicht schreit. Was sie uns zu sagen hat, ist in ihren Augen wirklich erschreckend: In der Marktwirtschaft geht’s zu wie auf dem Marktplatz! Wenn wir das geahnt hätten ...

Wenn wir uns anstrengen, haben wir den Sumpf aber bald trockengelegt. Es ist wie immer: Der Appetit kommt beim Essen. Erst wollte die Politik ja nicht so recht zulangen und sich lieber raushalten aus dem Wirtschaftsgeschehen. Damals, als die Krise noch jung war. Nun aber haben die Akteure ihre Chance begriffen, denn: Wer hilft, hat die Macht. Und dazu die Stimmen des Volkes, denn wir mögen das, wenn ein Politiker vor Tausende von verunsicherten Arbeitern tritt, mit großer Geste dem bösen Geist des Weltmarkts die Tür weist und ruft: „Wir lassen euch nicht im Stich!“ Das hat was! Ein Mann, ein Wort, ein Holzmannwort.

Apropos: Wie lange hat das seinerzeit eigentlich gedauert vom Schröderversprechen an die Holzmann-Belegschaft bis zur unvermeidlichen Doch-noch-Pleite des Unternehmens? Der Zeitraum ist entscheidend, denn die zentrale Frage lautet: Ist es möglich für die Politiker, sich bis zur Bundestagswahl im September 2009 durchzuopeln oder wird der GM-Virus die deutsche Tochter schon vorher dahinraffen? Nicht auszudenken, wenn Milliarden aus der Kasse der Steuerzahler am Ende verlorengingen (für den Wahlkampf).

Wir werden sehen, auf jeden Fall hat Kanzlerin Merkel die Sache auf den Stapel ihrer Chefsachen gelegt. Es gibt ja allerhand Ideen, wie man den Autobauer retten könnte. Eine davon ist, Opel an einen chinesischen Investor zu verkaufen. Wie es danach weitergeht, ist recht genau absehbar: Zunächst läßt sich Chinesen-Opel üppige Staatsbeihilfen schmecken, die geleistet werden müssen, um die „Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern“. Nach einer Schamfrist (indes, brauchen wir sowas noch?) wandern die Arbeitsplätze dann gut gesichert nach Fernost ab. Und schließlich quellen Lawinen von Peking-Opels mit Jahrzehnten deutschen Knowhows unter der Haube in Bremerhaven aus dem Autofrachter und machen VW und Co. die Hölle heiß.

Wollen wir das? Natürlich nicht. Ein zweite Lösung wäre, Opel einem der drei großen deutschen Autobauer zum Kauf anzubieten. Auch nicht so reizvoll, denn das wäre ja wieder kapitalistisch gedacht.

Am schönsten wäre es, den schlingernden Betrieb in staatliche Obhut zu nehmen. Der Staat kann das sowieso besser. In diesem Falle säßen nicht mehr irgendwelche Wirtschaftshasardeure am längsten Hebel, die uns seit 1948 ohnehin nur Kummer bereitet haben, sondern verantwortungsvolle Politiker.

Da böte sich eine ganze Phalanx erfahrener Wirtschaftslenker aus der Politik an, die ihren ökomischen Sachverstand vor den Augen der Welt unter Beweis gestellt haben: Glos, Steinbrück, Bsirske, Gabriel, Koch, Koppelin, Lafontaine, Platzeck, Seehofer, Sommer, Steinmeier, Tiefensee, Wieczorek-Zeul. Man könnte noch zahllose weitere funkelnde Namen hinzufügen, die Genannten aber zeichnet aus, daß sie sich alle schon kennen – aus ihrer gemeinsamen Arbeit im Verwaltungsrat der KfW-Bankengruppe nämlich. Dort haben sie gezeigt, was politische Kontrolle zu leisten vermag. Opel wäre bei ihnen gewiß gut aufgehoben.

Was meine Sie? Der ewige Hinweis auf die Rolle der Politik bei der KfW-Pleite sei pure Häme? Da haben wir uns aber gründlich mißverstanden, aus diesen Zeilen trieft echter Respekt. Vergleichen wir doch mal: Dieser unmögliche Ackermann von der Deutschen Bank als Abbild des wüsten Kapitalisten hier und SPD-Fraktionschef Struck als Inbild des geradlinigen Politikers dort.

Ackermann, der eben noch den dicken Max machte, winselt plötzlich herum, er habe sich „vom Saulus zum Paulus gewandelt“ und sehe  ein, daß es schärfere staatliche Regeln für den Finanzmarkt geben müsse. Aber Struck? An dessen Ego ist die KfW-Pleite ebenso schrammenfrei vorübergezogen wie das Totalversagen der Bafin, der staatlichen Bundesaufsicht für das Finanzwesen, die seelenruhig zugesehen hat, wie am deutschen Kapitalmarkt hemmungslos fehlbewertete Müllpapiere gehandelt wurden, ohne einmal den Finger zu heben. Wäre er so ein Würstchen wie dieser Ackermann, würde uns Paulus Struck jetzt zerknirscht erzählen, daß Politiker und staatliche Aufsichtsbehörden wohl auch nicht ganz bei der Sache gewesen seien.

Aber nein: Kerzengerade verkündet Struck, daß die Politik künftig sogar auf den Rat der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute verzichten könne, weil Politiker und Ministerielle das alles viel besser drauf hätten als diese Ökonomie-Professoren. Die „Fünf Weisen“ geben regelmäßig Gutachten heraus. Darin enthalten sind auch Konjunkturprognosen, die gelegentlich sogar noch deftiger danebenlagen als die Vorhersagen der Bundesregierung!

Doch diese Prognosen ärgern Peter Struck nicht so sehr wie manches andere, was mit konstanter Bosheit in den Expertisen der „Weisen“ geschrieben steht. Dabei handelt es sich regelmäßig um Ratschläge, die Steuern zu senken oder die Bürokratie zu straffen.

Die Krise als Chance zu begreifen bedeutet für die Strucks dieser Tage aber gerade, die Bürokratie, also den Einfluß des Staates, kräftig auszudehnen in möglichst weite Bereiche der Wirtschaft. Auf diese Weise entstünden schließlich allüberall neue Posten für verdiente Parteifreunde, die aufgrund von Privatisierungsorgien zuletzt sogar um ihren warmen Sessel im Vorstand der Stadtwerke fürchten mußten. Und Steuersenkungen? Hinterhältige Neoliberale preschen vor und fordern, die Mehrwertsteuer zu senken. Das würde die Massenkaufkraft stärken, insbesondere der kleinen Leute, die unter der Steuer zu leiden hätten.

Ja, das stimmt natürlich. Aber wo bliebe bei solchen Senkungsprogrammen denn die Verteilungshoheit des Staates? Um das Geld sozial gerecht an die Menschen zu verteilen, muß es die Politik ihnen erst einmal wegnehmen, so einfach ist das. Mehrwertsteuer-Senkungen zugunsten von Rentnern und Kleinverdienern sind demnach neoliberaler Unflat, basta.

Glücklicherweise hat angesichts der Krise keiner mehr Angst vorm Sozialismus. Das animiert die Hüter des roten Grals dazu, gleich einen Schritt weiterzudenken. Die Dunkelroten haben sich mit Peter Sodann einen richtig sympathischen Fernsehonkel auf den Schild gehoben, der gemächlich vor sich bramarbasierend so einiges über das rote Denken enthüllt. Deutschland sei gar keine Demokratie, sagt er, weil es keine perfekte Demokratie sei. In der perfekten Demokratie gäbe es schließlich keine so armen und so reichen Leute wie im heutigen Deutschland.

Ein Fuchs ist er. „Perfekte Demokratie“ als Mindestforderung! Damit hat er sie alle am Kragen, die Demokraten. Denn perfekt kann eine Demokratie nie sein, solange der Demos, das Volk, aus Menschen besteht. Die machen bei allem, was sie machen, nämlich immer irgendetwas falsch. Ergo: Wer die „perfekte Demokratie“ und nichts darunter fordert, fordert entweder die Abschaffung der Menschen oder die Abschaffung der Demokratie.

Als die Bolschewisten einsehen mußten, daß man für eine Revolution auf Menschen leider nicht ganz verzichten kann, fiel ihnen die Wahl leicht, was entbehrlich war.


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