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29.11.08 / Die Krise zieht Kreise / Merkel zögert, Sarkozy drängt – Drastische Maßnahmen in den USA

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Die Krise zieht Kreise
Merkel zögert, Sarkozy drängt – Drastische Maßnahmen in den USA

Deutschland und Europa ringen um die richtige Antwort auf die Wirtschaftskrise. Die USA greifen dagegen zu Mitteln, die tiefen Pessimismus der Verantwortlichen erkennen lassen.

In Deutschland streiten Politiker darüber, ob die Steuern schon Anfang 2009 oder erst ein Jahr später gesenkt werden sollen, um die Nachfrage zu beleben. Die Frontverläufe in dieser Debatte sind ungewöhnlich: Nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos liegen im Clinch. Prominente SPD-Politiker verteidigen plötzlich gegen Teile der Union die hohe Mehrwertsteuer, also genau die Abgabe, die von der SPD jahrzehntelang als besonders unsozial abgelehnt wurde.

Doch obwohl es in diesem Streit um Milliarden geht und das Ziel des Haushaltsausgleichs in weite Ferne gerückt ist, sind die Beträge geradezu putzig gegenüber den Summen, die in Großbritannien und – schon wieder – in den USA bewegt werden.

Die hektische Mehrwertsteuersenkung in Großbritannien, mit der die Verbraucher noch vor Weihnachten um umgerechnet 15 Milliarden Euro entlastet werden sollen, läßt die Neuverschuldung des Landes im Jahre 2009 auf gigantische 140 Milliarden Euro steigen. Skeptiker fragen sich, ob derartig dimensionierte Hilfen, auch wenn sie die Menschen zunächst entlasten, nicht zum Bumerang werden könnten. Wenn die Regierung Panik erkennen läßt, könnten die Bürger auch mit noch größerer Kaufzurückhaltung reagieren. Außerdem ist mit solchen Schritten bald das Pulver staatlicher Eingriffsmöglichkeiten verschossen. Falls die Krise noch schwerer ausfallen sollte, wären die Regierungen früher oder später handlungsunfähig.

Solche Überlegungen könnten es sein, die Bundeskanzlerin Merkel – gegen die überwiegende Stimmungslage auch unter den Politikern – noch zögern läßt. Nach Gesprächen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der ebenfalls zur Eile drängt, erklärte sie, zunächst die Wirkung der bereits ergriffenen Maßnahmen abwarten und erst Anfang Januar weitere Entscheidungen treffen zu wollen. Daraus spricht Kaltblütigkeit, denn außer dem großen Bankenrettungspaket hat Berlin bisher erst zwölf Milliarden Euro zur Konjunkturstützung in die Hand genommen. Das sind nicht einmal 150 Euro pro Einwohner, womit wenig zu bewegen ist.

In den USA denkt man in anderen Dimensionen: 326 Milliarden Dollar zur Rettung allein der Citigroup, ein 700-Milliarden-Konjunkturprogramm der Regierung Obama und dazu noch 800 Milliarden von der US-Notenbank. Letztere muß im Unterschied zur Regierung noch nicht einmal Schulden machen, sie kann direkt „Geld schöpfen“. Das ist kühn, denn nach der elementaren Logik der Ökonomie kann mit einer solchen Politik die momentane Situation von Kaufzurückhaltung und Deflation bald in ihr unkontrollierbares Gegenteil umschlagen (vgl. Seite 7).  Konrad Badenheuer


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