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29.11.08 / Wieviel braucht ein Kind? / Hessisches Landessozialgericht läßt Hartz-IV-Regelsätze prüfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Wieviel braucht ein Kind?
Hessisches Landessozialgericht läßt Hartz-IV-Regelsätze prüfen

Eine frohe Botschaft sollte es sein, was die Bundesregierung Ende Oktober verkündete und vergangene Woche bestätigte: Statt von 5808 auf 6000 Euro will sie den Kinderfreibetrag, also das steuerfrei zu stellende Kinder-existenzminimum, ab 2009 sogar auf 6024 Euro pro Jahr anheben. Das Kindergeld für die ersten beiden Kinder soll von 154 Euro monatlich um 10 Euro, ab dem dritten Kind um 16 Euro auf 170 beziehungsweise 195 Euro (ab 4. Kind) steigen. Diese erste Erhöhung seit 2001 hatte der kürzlich vorgelegte Bericht zum Kinderexistenzminimum empfohlen.

Der Jubel bei den Familien(verbänden) hält sich in Grenzen. Bundesgeschäftsführer Siegfried Stresing vom Deutschen Familienverband (DFV) in Berlin: „Die Erhöhung um gerade mal 216 Euro macht ein Plus von nicht einmal vier Prozent aus – und das nach sieben Jahren Teuerung, in denen allein die Energiekosten um 50 Prozent stiegen.“

Schon jetzt sei klar, so Stresing weiter, daß auf diesen Zahlen dick das Verfallsdatum 1. Januar 2010 steht, weil spätestens dann auch die Vorsorgebeiträge für Kinder steuerfrei gestellt werden müssen.

Die Hoffnung auf realitätsnahe Zahlen für das Kinderexistenzminimum kommt von anderer Seite: Das Hessische Landessozialgerichts in Darmstadt kam zu der Überzeugung, daß das Existenzminimum von Familien durch die Hartz-IV-Regelsätze nicht gedeckt sei. Die Regelsätze verstoßen daher nach Ansicht der Richter gegen das Grundgesetz. Zur Überprüfung legten sie die Entscheidung dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

Geklagt hatte eine dreiköpfige Familie, die Arbeitslosengeld II („Hartz IV“), bezieht. Für die Eltern wurden jeweils 311 Euro, für die 14jährige Tochter 207 Euro bewilligt. Den Antrag auf höhere Leistungen wiesen sowohl die Arbeitslosen-Behörde als auch das Sozialgericht in Kassel zurück. Die Leistungen seien rechtmäßig.

Das sahen die Darmstädter Richter anders. Mehrere eingeholte Gutachten zur Bedarfsbemessung legten nahe, daß insbesondere die Regelleistung für die Tochter (60 Prozent der Leistung für Erwachsene) nicht ausreiche und nicht hinreichend begründet sei. Das Bundesverfassungsgericht, so die Richter, habe bereits 1998 den damals geltenden Regelsatz für Kinder beanstandet, weil dieser den außerschulischen Bildungsbedarf von Kindern nicht berücksichtigte.

Diese Karlsruher Kritik am nicht ausreichenden Kinderexistenzminimum ignorierte die rot-grüne Bundesregierung bei ihrer Hartz-IV-Gesetzgebung allerdings.

Die Regelsätze des Arbeitslosengeldes II verstoßen daher nach Ansicht des Landessozialgerichtes gegen mehrere verfassungsrechtliche Gebote.

DFV-Geschäftsführer Siegfried Stresing begrüßte die Entscheidung aus Darmstadt: „Es ist wichtig, daß die Verfassungsrichter in Karlsruhe nun zum Kinderexistenzminimum Stellung beziehen müssen.“ Obwohl es zunächst nur um die Frage der Hartz-IV-Regelsätze geht, habe die Entscheidung der Verfassungsrichter auch Auswirkungen auf den steuerlichen Kinderfreibetrag. „Vielleicht wird dann das Wahlversprechen von 2005, für jeden Bürger, ob Erwachsener oder Kind, ein Existenzminimum von 8000 Euro steuerfrei zu belassen, Wirklichkeit.“ Ob es dann auch zu einer entsprechend deutlichen Erhöhung des Kindergeldes kommen wird, bleibt für Stresing aber fraglich.       Siegfried Schmidtke


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