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29.11.08 / Alte Weltordnung gerät aus den Fugen / Die Vereinigten Staaten werden erheblich an Einfluß verlieren, warnt eine regierungsnahe US-Studie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Alte Weltordnung gerät aus den Fugen
Die Vereinigten Staaten werden erheblich an Einfluß verlieren, warnt eine regierungsnahe US-Studie

Das „National Intelligence Council“ (NIC), das die Informationen der 16 verschiedenen US-Geheimdienste zusammenträgt, erstellt alle paar Jahre eine Prognose darüber, wie die Welt in knapp 20 Jahren aussieht. Nach der neuesten Vorhersage verlieren die USA ihre Großmachtstellung. Aber auch Europa wird international an Bedeutung verlieren.

Angesichts der Rezession im Gefolge der US-Bankenkrise fragen nicht nur US-Bürger, wann es mit ihrem Land wieder aufwärts geht. Eine bittere Antwort kommt aus den USA selbst: Nie!

Das „National Intelligence Council“ hat in den letzten Tagen seine neueste Prognose veröffentlicht und diese ist äußerst pessimistisch. Die „Global Trends 2025“ sehen die USA in der Zukunft als „Erster unter Gleichen“. „Die Vereinigten Staaten werden in den nächsten 15 bis 20 Jahren mehr Einfluß auf die Entwicklung des internationalen Systems haben als irgendein anderer internationaler Akteur, aber sie werden in einer multipolaren Welt weniger Gewicht haben, als sie es viele Jahrzehnte lang gewöhnt waren.“ Das internationale Machtgefüge, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert hatte, soll 2025 nicht mehr zu erkennen sein, so die Ergebnisse der Geheimdienstler, die weltweit Experten befragt haben.

Nachdem Länder wie China, Rußland, Indien und Brasilien in den letzten Jahren wirtschaftlich eine Aufholjagd gestartet haben, überrascht die neue Studie nicht völlig. Daß der wirtschaftliche Aufstieg dieser vier „BRIC“-Länder irgendwann auch mehr politischen Einfluß in der Welt mit sich bringt, ist eigentlich nur schlüssig. Aber deutlicher als bisher erkennen nun auch die USA selbst, daß ihr Stern im Sinken begriffen ist. Und das vermutlich sogar noch weit stärker, als es die Studie „Global Trends 2025“ angibt, denn die Untersuchung basiert weitgehend noch auf Informationen des Jahres 2007. Die US-Bankenkrise, die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise sind erst ansatzweise berücksichtigt. Das heißt, alles könnte für die USA noch viel schlimmer werden. Die neuesten Prognosen fallen dementsprechend schwärzer aus.

„Es wird sehr düster sein. Sehr traurig. Und es wird so viele Obdachlose geben, wie wir es noch nie gesehen haben“, orakelt beispielsweise Gerald Celente. Der Geschäftsführer des 1980 gegründeten „Trends Research Institutes“ nimmt für sich in Anspruch, den Fall der Sowjetunion 1989 und die asiatische Währungskrise von 1997 vorausgeahnt zu haben. Er warnt, daß es in den USA bald wichtiger wird, Essen auf den Tisch zu bringen als Weihnachtsgeschenke unter den Weihnachtsbaum zu legen, wie derzeit geklagt wird. „Es wird eine Revolution in diesem Land geben“, kündigt Celente an, dessen Vorhersagen durch die Internet-Blogs dieser Welt geistern. Untergangsszenarien liegen offenbar derzeit im Trend, auch wenn etablierte Medien über extreme Unkenrufer wie Celente noch kaum berichten. Doch die große Aufmerksamkeit für derartige Prognosen im Internet zeigt, daß es viele gibt, die diesen auch Glauben schenken.

Die „Global Trends 2025“ sahen übrigens schon vor Beginn der Weltwirtschaftskrise nicht nur die USA straucheln. Auch Europa kommt in diesem Bericht nicht gut weg. Dem aus US-Sicht „alten“ Kontinent drohe sogar ein noch größerer Bedeutungsverlust als den Vereinigten Staaten. „Schmerzvolle Reformen könnten Europa zu einem humpelnden Riesen machen, abgelenkt von internem Gezänk und konkurrierenden nationalen Zielen“, so die Geheimdienstler. Sie bezweifeln, daß die EU ihre institutionellen Reformen rasch durchführen wird. Außerdem sei Europa zu sehr von Energielieferungen aus Rußland abhängig, das übrigens auch nicht die besten Prognosen bekommt. Im Gegensatz zu China und Indien, die zielstrebig mehr politische Macht in der Welt einfordern, würde Rußland durch zögerliche Investitionen in den Energiesektor, eine hohe Kriminalität und die Korruption in Behörden sich selbst blockieren. Allerdings würde Rußland als einziges Land neben Kanada vom Klimawandel profitieren, da durch die Erwärmung ganze Landesteile landwirtschaftlich nutzbar werden und der Zugang zu Rohstoffvorkommen im hohen Norden erleichtert werde. Gerade die Ölvorkommen würden verstärkt ins internationale Interesse rücken, so daß bei knapper werdenden Ressourcen bei gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung jedes Barrel an Wert gewinnt. Interessant hierbei ist, daß im letzten Bericht der NIC vor vier Jahren noch die Rede davon war, daß die Energiereserven bis auf weiteres ausreichen würden, um den weltweiten Bedarf zu decken. Dies wird jetzt nicht mehr angenommen, und es wird ausdrücklich von Verteilungskämpfen um Ressourcen gesprochen – die Studie ist vor dem rapiden Verfall der Rohstoffpreise seit Herbst 2008 entstanden. Allerdings ist keineswegs nur von Energie die Rede, sondern auch von Nahrung und Wasser. Im Rahmen dieser konkurrierenden Interessen würden ganze Länder in Afrika und Südasien bis 2025 in Auflösung übergehen und unregierbar werden.

Außerdem, so die Geheimdienstler, werde die Angst vor Angriffen mit Atomwaffen die Menschen wieder mehr beherrschen. Schon jetzt zeichnet sich eine Verbreitung der Nukleartechnik und des entsprechenden Wissens ab. Länder wie der Iran, Pakistan, Indien und möglicherweise auch Nordkorea besitzen bereits Atomwaffen oder sind kurz davor.

Eine erfreuliche Vorhersage bieten die „Global Trends 2025“ jedoch an: So soll das islamistische Terrornetzwerk Al-Kaida schneller zerfallen als erwartet. Dies läge daran, daß Al-Kaida auch in muslimischen Ländern weniger Zuspruch finde. Da das international operierende Terrornetzwerk in seinen arabischen Einsatzländern bei Attentaten keinerlei Rücksicht auf einheimische Zivilisten nimmt, sinkt die Zustimmung. Weder im Irak, Afghanistan oder Pakistan ist die Bevölkerung bereit, derartige Opfer in Kauf zu nehmen.           Rebecca Bellano

Foto: Einzelschicksale in Massen: Bisher strauchelt nur die US-Wirtschaft, politisch ist das Land noch Großmacht.


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