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29.11.08 / Mit Künstlern in ferne Welten / Ausstellung zeigt das Phänomen erstmals aus einer länder- und epochenübergreifenden Perspektive

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Mit Künstlern in ferne Welten
Ausstellung zeigt das Phänomen erstmals aus einer länder- und epochenübergreifenden Perspektive

Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte – Westfälisches Landesmuseum (LWL) beschäftigt sich im 100. Jahr seines Bestehens mit dem Phänomen Künstlerreise. Zu sehen sind Kunstwerke aus sechs Jahrhunderten.

Ob Albrecht Dürer in Venedig, Peter Paul Rubens in Mantua und Rom, August Macke und Paul Klee in Tunesien, Paul Gauguin auf Tahiti oder Vincent van Gogh in Paris – die Reisererlebnisse dieser Künstler gelten als wesentliche Erfahrungen. Oft genug haben solche Reisen einen Wendepunkt im Schaffen der einzelnen Künstler bewirkt. Mit der Ausstellung „Orte der Sehnsucht – Mit Künstlern auf Reisen“ geht man im LWL dem Phänomen der Künstlerreise erstmals aus einer länder- und epochenübergreifenden Perspektive nach.

Die Ausstellung ist thematisch in zehn Sehnsuchtsorte unterteilt: Italien, Griechenland, Orient, Südamerika, Norden, Südsee, Alpen, Asien, Nordamerika sowie die beiden Städte Paris und New York. Angeregt durch die Darstellungen bekannter Künstler können sich die Ausstellungsbesucher auf eine imaginäre Reise in ferne Welten begeben. Die erste Etappe führt nach Italien, dem Sehnsuchtsland der Deutschen schlechthin, und das nicht erst seit Johann Wolfgang Goethes Aufenthalt dort Ende des 18. Jahrhunderts. Gut 300 Jahre zuvor war schon Albrecht Dürer (1471–1528) in den Süden gereist, um dort neue Eindrücke zu sammeln, neue Kollegen kennenzulernen und neue Techniken auszuprobieren. Die beiden Reisen, die Dürer um 1495 und von 1505 bis 1507 nach Venedig unternahm, gelten in der Kunstgeschichte als das Urbild der Künstlerreise. Nicht nur das Bildnis der schönen jungen Venezianerin, das Dürer 1505 schuf, zeigt den Einfluß, den die Italienreisen auf den Künstler ausübten, die Spuren sind in seinem gesamten Schaffen bis zu seinem Tod zu bemerken. In der Ausstellung wird natürlich auch Goethes Italienreise ausführlich vorgestellt. Neben seinen eigenen künstlerischen Arbeiten werden Werke seiner römischen Künstler-Freunde wie Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) und Angelika Kauffmann (1741–1807) präsentiert. Während die einen die Alpen nur als lästiges Hindernis auf einer beschwerlichen Reise sahen, nahmen die anderen die gewaltige Bergwelt als hinreißendes Motiv für ihre Bildwerke wahr. Der Engländer William Turner (1775–1851) oder der Leipziger Carl Gustav Carus (1789–1869) hielten die Erhabenheit der Bergwelt fest. Unberührte Natur fanden die Künstler auch im hohen Norden. Norwegen war ein Sehnsuchtsland im 19. Jahrhundert, bekannt geworden durch die Bilder des Johan Christian Dahl (1777–1857). Nicht zuletzt durch die Urlaubsreisen des Deutschen Kaisers Wilhelm II. wurde Norwegen als Reiseziel in Deutschland populär. Ein Gemälde von Karl Paul Themistokles von Eckenbrecher (1842–1921) zeigt den Luxusliner „Auguste Victoria“, benannt nach der Ehefrau des deutschen Kaisers, im Naerö-fjord bei Gudvangen. In zu Wasser gelassenen Beibooten schwärmen die Reisenden (nur Erste-Klasse-Passagiere waren an Bord) aus, um den Fjord zu erkunden. Der Beginn des Massentourismus?

Während es die einen in die unberührte Natur zog, waren andere Künstler fasziniert vom regen Treiben in den wachsenden Städten. Der Berliner Eduard Gaertner (1801–1877) und der Breslauer  Adolph Menzel (1815–

1905) zog es nach Paris, um wichtige künstlerische Anregungen zu sammeln. Die imaginäre Weltreise, die in Münster zu erleben ist, mag so manchen veranlassen, die Koffer zu packen und den eigenen Ort der Sehnsucht aufzusuchen. Andere werden zu dem anregend gestalteten Katalog greifen. Silke Osman

Die Ausstellung im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Domplatz 10, Münster, ist bis 11. Januar 2009 werktags außer montags von 9 bis 19 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr sowie am Wochenende von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 9 /4,50 Euro. Der Katalog erschien im Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2008, 496 Seiten mit über 570 Abb., 34,90 Euro.

Foto: Adolph Menzel: Pariser Wochentag (Öl, 1869, im Besitz des Düsseldorfer Museums Kunst Palast)


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