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29.11.08 / Nach der Haft / Wegen Mordes Verurteilter sucht Neuanfang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-08 vom 29. November 2008

Nach der Haft
Wegen Mordes Verurteilter sucht Neuanfang

Eine kleine Hafenstadt in Cornwall, ein im Sturm auf dem Meer ertrunkenes Kind, und ein Mann, der aufgrund der Annahme der Stadtbewohner, daß er seinen Sohn ermordet habe, ins Gefängnis muß.

In dem Roman „Einen Augenblick allein“ setzt der französische Autor Philippe Besson mit seiner Erzählung in dem Moment ein, als Tom Sheppard, frisch aus der Haft entlassen, seine Heimatstadt wieder aufsucht.

In einer seltsam zeitlos anmutenden Atmosphäre betritt Tom Sheppard sein mittlerweile verwaistes Haus. Alles hat seine Ex-Frau damals mit in ihr neues Leben genommen, nichts hat sie ihm gelassen. Und so bleiben Tom beim Betreten seines Zuhauses für einen Neuanfang zunächst nur der Staub und seine Erinnerungen.

„Was als erstes ins Auge springt, ist natürlich die Leere. Auch wenn man darauf gefaßt ist, auch wenn man weiß, daß man sie vorfinden wird, ist es fast unmöglich, daß es einem nicht den Atem verschlägt. Diese Leere trifft einen wie der Faustschlag eines geübten Boxers in den Magen. Der Strom funktioniert nicht. Ich gehe im Dunkeln … Durch die Fenster dringt das blaue Mondlicht herein. Es ist der Augenblick der allergrößten Enteignung. Der unerreichbaren Einsamkeit.“

Doch steckt der Ex-Häftling den Kopf nicht in den Sand. Er beginnt sein Leben wieder aufzunehmen, in aller Ruhe und ohne Drängen.

Da Tom in den normalen Läden nicht gern gesehen ist, kauft er alles bei dem Pakistani Rajiv ein. Gelegentlich trinken die beiden zusammen Tee im Hinterzimmer von Rajivs Laden. Und gegenüber dem wortkargen, aber stets seinen Worten lauschendem Pakistani, der auf seine Weise genauso ein von der Gesellschaft Ausgestoßener ist wie Tom, gelingt es Tom, sein Herz zu öffnen und die Wahrheit zu enthüllen. Die Wahrheit über den Tod seines Sohnes.

Wie der Titel des Romans „Einen Augenblick allein“ den Leser schon erahnen läßt, ist die Stimmung eher melancholisch nachdenklich und wenig fröhlich. Wie ein Buchumschlag das Buch so umhüllt stets ein Gefühl der Traurigkeit die Handlung.

Und bis zuletzt wartet der Leser auf die Beantwortung der Frage, was Tom dazu antreibt, alle Rück-schläge in Kauf zu nehmen und ohne zu verzweifeln stets weiterzumachen.

Die alles erhellende Antwort auf diese Frage, hat der Autor Philippe Besson sich jedoch für die letzten drei Seiten des Romans aufgespart, auf denen sich ein leise Ahnung zu Erkenntnis verdichtet. A. Ney

Philippe Besson: „Einen Augenblick allein“, dtv premium, München 2008, broschiert, 176 Seiten, 12,90 Euro


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